Emil Zuppke I (1895 bis 1980)
1895 Emil Zuppke erblickte am 3.8.1895 als
ältester Sohn von Emil Zuppke (Vater)
und dessen Gemahlin Amalie Zuppke -
geborene Leiber - in Stockach am
Bodensee das "Licht der Welt". Die
Familie des Vaters hatte bäuerliche
Wurzeln und kam ursprünglich aus
Stolp, einer rund 15.000 Einwohner
zählenden Stadt in Pommern. Die
Mutter stammte aus einer angesehenen,
über Jahrhunderte in Stockach ansäs-
sigen Familie. Nach seiner Geburt wurde
der Junge in der örtlichen Pfarrkirche
von Stockach auf den Namen Emil
August Erwin Zuppke getauft. Er
wuchs im katholischen Glauben auf.
Seine frühkindlich-familiäre Grund-
prägung erhielt er von seiner Mutter.
Sie vermittelte ihm auch die Liebe zu
seinem landschaftlich idyllisch gelegenen Geburtsort. Zeitlebends betrachtete
Emil Zuppke den Bodensee und dessen Umgebung als seine eigentliche
Heimat.
vor Emil Zuppke zieht mit seinen Eltern aus
1900 dem baden-württembergischen
Stockach am Bodensee in's Rheinland.
Seine Eltern lassen sich in Siegburg
nieder.
1901 Emil Zuppke wird 1901 in Siegburg ein-
geschult. Dort besucht er ab 1906 das
örtliche, damals von den Benediktinern
der St. Michael-Abtei geführte (altspra-
chige) "Gymnasium an der Zeithstraße",
das 1980 in "Städtisches Anno- Gymna-
sium Siegburg" umbenannt wurde. Über Emil Zuppkes schulische Leistungen
und den weiteren Bildungsweg ist nur wenig bekannt. Immerhin muß durch
die Schule eine tief religiöse Vorprägung des Jungen erfolgt sein. Schon früh
zeigt sich auch sein gestalterisches Talent. Die bildende Kunst begeistert ihn
besonders. Emil Zuppke zeichnet und malt schon als Schüler und Gymnasiast
sehr gerne.
Offensichtlich spürt der Junge die anstehenden Umbrüche im künstlerischen
Stilempfinden, in den neuen Darstellungstechniken sowie im allmählichen
Wandel der ästhetischen Sichtweisen seiner Zeit. Die "wilhelminische Ära"
geht ihrem Ende entgegen. Die sogenannte "Moderne" bricht an. Und da tut
sich insbesondere im "quicklebendigen" künstlerischen Umfeld von Düssel-
dorf, Köln und Bonn besonders viel.
Mit ziemlicher Sicherheit hat Emil Zuppke schon damals die Kreativ-Szene
in den beiden Nachbarstädten Siegburgs - Köln und Bonn - beobachtet und
die beiden wichtigsten "Orientierungsausstellungen" ihrer Zeit auch persön-
lich besucht, um sich im wahrsten Sinne des Wortes "ein Bild" von der
damaligen künstlerischen Avangarde zu machen.
1912 In Köln findet vom 25. Mai bis 30. September 1912 die Kölner Sonder-
bund-Ausstellung statt. August Macke setzt als Ausstellungsberater bei
Alfred Flechtheim mit Unterstützung anderer namhafter Kuratoren und
Künstler der "Cölner" Sezession durch, dass die Maler der "Brücke" (Berlin)
und des "Blauen Reiters" (München) in dieser Ausstellung - der vierten des
Deutschen Sonderbundes (nach den drei Ausstellungen in Düsseldorf) -
Berücksichtigung finden.
Tatsächlich sollte es eine wahrhaft epo-
chemachende Ausstellung avantgardis-
tischer Positionen und Kunstströmun-
gen werden, die schließlich am
Aachener Tor in Köln geballt dem
Publikum präsentiert und vorgestellt
werden. Die Ausstellung schockiert und
wird - wohl aus allgemeinem Unver-
ständnis vor allem Ungewohnten und
Neuen - in weiten Kreisen der
Bevölkerung abgelehnt. Letztendlich
aber vereinigt die Kölner Sonderbund-
Ausstellung von 1912 in Deutschland
alles, was später Rang und Namen in der europäischen Kunstwelt hat: van
Gogh, Degas, Gauguin, Cesanne, Picasso, Matisse, Munch, Liebermann und
Dix, Kirchner, Heckel, Kokoschka, Kandinsky, Nolde, Marc, Macke, Mense,
Pechstein und viele andere mehr.
1913 In Bonn findet die legendäre Ausstel-
lung Rheinischer Expressionisten
vom 10. 07. bis 10. 08. 1913 im Ober-
geschoss der Verlagsbuchhandlung
Cohen (später Bouvier, Am Hof 20 -
gegenüber dem Haupteingang der
Bonner Universität) statt. August Macke
mit seinen weitgefächerten Verbindun-
gen initiiert und kuratiert diese
Ausstellung. Er möchte einen
"Gegenpol" zu der Münchner und
Berliner Expressionistenszene setzen,
ohne aber eine Festlegung auf eine
spezifisch rheinische Auffassung des
expressionistischen Kunststils zu
treffen. Insofern spiegelt die Bonner
Ausstellung ein breites Spektrum
individueller künstlerischer Einzel-
positionen wieder, deren "Klammer"
der gemeinsam von den beteiligten
Künstlern gewählte Oberbegriff
"Expressionismus" ist.
Die Werke von insgesamt 16
rheinischen Künstlern sind in der
Ausstellung zu sehen:
o Heinrich Campendonk
o Ernst Moritz Engert
o Max Ernst
o Otto Feldmann
o Franz S. Henseler
o Joseph Kölschbach
o August Macke
o Helmuth Macke
o Marie von Malachowski-Nauen
o Carlo Mense
o Heinrich Nauen
o Olga Oppenheimer
o Paul Adolf Seehaus
o William Straube
Und der 18-jährige Gymnasiast Emil Zuppke ist mitten drin, umgeben von
den "Impulsträgern der Moderne"! Wahrscheinlich wird er den Umbruch und
den absoluten Kontrast zur "Scheinmonumentalität" der auf Repräsentation
bedachten Kunst des Deutschen Kaiserreiches deutlich verspürt und in sich
aufgenommen haben.
In ihm keimt der Wunsch auf, sich aus den damals noch sehr strengen
Denk- und Verhaltensmustern des wilhelminischen Zeitalters zu lösen und
ein ähnlich ungebundener und ein ähnlich "freidenkender" Künstler zu
werden.
Auf Drängen seiner Eltern muss der diesen Wunsch allerdings zurückstellen.
Ihr Junge soll einen "ordentlichen Beruf" ergreifen und Lehrer werden!
Aber wenn schon Lehrer - so denkt sich der junge Mann - dann eben ein
Lehrer, der Kunst vermitteln kann, also ein Kunstlehrer oder ein Kunster-
zieher. Er beginnt ein entsprechendes Studium am Lehrerseminar der Uni-
versität Bonn (später Pädagogische Akademie bzw. Pädagogische Hoch-
schule PH Bonn).
Der 1. Weltkrieg macht ihm einen Strich durch die Rechnung.
1914 Emil Zuppke ist noch keine 19-Jahre alt, als der 1. Weltkrieg ausbricht. Er
sieht sich gezwungen, seine pädagogische Ausbildung alsbald zu unter-
brechen, sammelt aber bereits erste praktische Erfahrungen, indem er als
angehender Kunsterzieher an einer Volksschule hospitiert und sich seine
ersten Meriten im Lehrberuf verdient.
Die Oberste Deutsche Heeresleitung unter den Generälen Falkenhayn,
Hindenburg und Ludendorf steuert - ganz der Strategie des "Schlieffen-
Plan" folgend - auf einen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und gegen
das zaristische Russland zu. Dafür braucht man weitere Soldaten.
1915 Emil Zuppke wird in Siegburg gemustert. Seine anfängliche Rückstellung als
angehender Lehrer wird aufgehoben. Noch im selben Jahr erfolgt bereits
seine Rekrutierung zum "vaterländischen Dienst an der Waffe". Nach einer
kurzen Grundausbildung wird er als Kanonier an die Front nach Russland
geschickt.
1916 Nach ersten Erfolgen (Schlacht von Tannenberg etc.) erstarrt der Krieg im
Osten mehr und mehr zum Stellungskampf. Wie so viele andere seiner
Kameraden auch, ist Emil Zuppke von den andauernden Stellungskämpfen,
die entgegen aller vorherigen enthusiastischen Erwartungen kaum noch
Geländegewinn bringen, schnell desillusioniert.
Der Krieg im Osten dauert aber noch bis zum 15. Dezember 1917 an, ehe
ein separater Waffenstillstand zwischen Deutschland und Russland abge-
schlossen wird. Ihm folgen die Friedensverhandlungen von Brest-Listowsk.
Damit werden die im Osten gebundenen deutschen Heereskräfte für den
Einsatz an der Westfront frei.
1918 Emil Zuppke wird nach Frankreich verlegt. Er überlebt - anders als August
Macke, der nur sechs Wochen nach seiner Einberufung 1914 in Frankreich
fällt - den zunehmend aussichtloser werdenden Stellungskampf gegen die
alliierte Übermacht im Westen. Kurz vor Ende des Krieges im November
1918 wird Emil Zuppke noch schwer verwundet und in ein Kriegslazarett
"verfrachtet".
Wo und wie der 1. Weltkrieg für Emil Zuppke persönlich endet, ist nicht
überliefert. Nach seiner Entlassung aus dem Kriegslazarett kehrt der 23-
Jährige zur Rekonvaleszenz in sein Elternhaus zurück. Eine "wirre" Zeit,
geprägt von Hungersnöten und einschneidenden Entbehrungen für die
deutsche Zivilbevölkerung folgt. Kunst und Kultur stehen für alle vom
Krieg betroffenen Menschen zunächst weit hinten an. Man kämpft vielfach
ums nackte Überleben.
Die wirtschaftliche Rezession führt zu einer immer schärferen Geldent-
wertung ("gallopierende Inflation"). Papiergeld wird innerhalb weniger
Monate faktisch substanzlos. Nahezu alle Bürger sind von der Hyper-
inflation betroffen und verlieren ihr gesamtes angespartes Vermögen.
Am 9.11.1918 dankt der Deutsche Kaiser zusammen mit dem Kronprinzen
ab. Die Monarchie hat abgewirtschaftet und mit ihr sind die "Gesellschafts-
und Kulturstrukturen der Wilhelminischen Epoche "zur geschichtlichen
Makulatur geworden".
Politische Versammlungen, Demos, Unruhen und Lagerkämpfe begleiteten
den mühsamen Neustart Deutschlands in die "Weimarer Republik".
Ein Neustart ist auch für die ehemals arrivierten "Kulturtreibenden" schwer.
Das Gute, das Schöne, das Ästhetische, das Edle (und Adelige) ist "den
brutalen Realitäten des Krieges zum Opfer gefallen". Die klassischen Werte
"Ruhm, Ehre, Anstand, Glaube" zählen nur noch wenig. Ernüchterung,
Realismus, Pragmatismus und eine neue proletarische Sachlichkeit treten
an ihre Stelle. Dies wirkt sich auch auf die vor dem 1. Weltkrieg noch
oportunen Stilrichtungen in den bildenden Künsten - und hier insbesondere
auf den Rheinischen Expressionismus aus.
August Macke: Rheinischer Expressionismus - Szenen aus dem bürgerlichen Leben
zwischen 1910 und 1914
Zeigten die Expressionisten vor 1914 noch fröhliche, zumindest aber
heitere, bunte Szenen aus dem bürgerlichen Alltagsleben (Flanieren im Park,
Fensterbummel, Zirkus- und Zoobesuche etc.), so werden die dargestellten
Motive nach dem Krieg ungleich gesellschaftskritischer. In den Nachwirkun-
gen des verlorenen 1. Weltkrieges wird nun auch Hunger, Elend und
Verzweifelung ein Thema der künstlerischen Auseinandersetzung und
Stellungnahme.
Die Tonalität in den Bildern der Künstler ändern sich. Mit wenigen Ausnah-
men (und Ausnahmen bestätigen die Regel!) werden die Bilder dunkler und
monotoner. Auch die künstlerischen Ausdrucksmittel wandeln sich. Kohle-
und Tintenzeichnungen, Holz- und Linolschnitte stehen im Rheinischen
Expressionismus der Nachkriegsära nun gleichrangig neben Aquarellen,
Ölgemälden und anderen eher kunsthandwerklichen Gewerken (Schnitze-
reien, Steinmetzarbeiten, Mosaike, Tuch- und Wandteppichproduktionen
etc.).
Rheinischer Expressionismus mit gesellschaftskritischen Motiven (ab 1920)
obere Reihe: Heinrich Campendonk - Die Betttler; Hans Thuar - Im Zugriff
untere Reihe: Franz M. Jansen - Aufruhr; rechts: - Menschen von Gestern
1919 Emil Zuppke bemüht sich um eine Wiederaufnahme seiner pädagogischen
Ausbildung, muß aber feststellen, dass die entsprechenden Lehrerseminare
in Bonn unmittelbar nach Kriegsende noch nicht wiedereröffnet sind.
Andererseits werden aber Lehrer mit praktischer Erfahrung überall dringend
gesucht. Und so erhält Emil Zuppke aufgrund staatlicher Ausnahme- und
Übergangsregelungen zunächst zeitlich limitierte Lehraufträge für den Ein-
satz in den Volksschulen von Beuel und Schwarzrheindorf. Offensichtlich
bewährt er sich in seiner praktischen Lehrtätigkeit vor Ort.
Um (nachträglich) sein Staatsexamen abzulegen und damit die Voraus-
setzungen für eine dauerhaft beamtete Lehrer-Laufbahn zu schaffen,
schreibt sich Emil Zuppke an der Universität Bonn ein und besucht parallel
zu seiner Lehrtätigkeit einschlägige Pädagogik-, Psychologie- und Geo-
logievorlesungen. Seine fachpraktischen Fähigkeiten als Kunstlehrer
vertieft er durch entsprechende Kurse bei dem Bonner "akademischen
Zeichenlehrer" Prof. Albert Küppers (1842-1929). Dieser hat sich zunächst
als veritabler Bildhauer in Bonn einen Namen gemacht und bietet an der
Universität Bonn neben seinen Vorlesungen zur "medizinisch-wissen-
schaftlichen (Zeichnungs-)Dokumentation" auch Seminare im Fach
"künstlerische Anatomie" sowie Aktzeichnungs- und Malkurse für seine
Studenten an. (Letztere sollen übrigens sehr beliebt und ein Geheimtipp
unter den Studenten gewesen sein).
Emil Zuppke: Studien in künstlerischer Anatomie, Kompositionslehre und Zeichentechnik
(Zur Vergrößerung bitte auf die Abbildungen klicken.)
In diese Zeit fallen auch Emil Zuppkes Bemühungen, sich als selbständiger
Künstler zu profilieren. Erste - stilistisch noch sondierende - Aquarelle
(Wasserfarben), Gouache (Temperafarben) und Ölbilder entstehen.
Emil Zuppke: Aquarelle, Gouache und Ölgemälde aus den frühen 20-er Jahren. Thematisch beschäftigt sich der junge Künstler bevorzugt mit Natur- und Körper-studien. Ein expressionistischer Einfluß ist unverkennbar (Zur Vergrößerung bitte
auf die Abbildungen klicken).
1919 In der Folgezeit wird Emil Zuppke als festangestellter Grundschullehrer in
Lannesdorf, einem durch die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrie-
ben stetig anwachsenden Ortsteil der damals noch selbständigen Kommune
Godesberg tätig.
Zu dieser Zeit war jeder Klasse in der Grundschule jeweils ein Klassenlehrer
zugeteilt, der übergreifend alle Fächer einer Jahrgangsstufe lehrte. Emil
Zuppkes besonderes Augenmerk galt von Anfang an der Kunsterziehung. Er
bemüht sich darum, statt als Klassenlehrer als Fachlehrer mit dem Haupt-
fach Kunsterziehung anerkannt und übergreifend in allen Klassen eingesetzt
zu werden. Der "Kunstlehrer Zuppke" ist - wie sich schon bald zeigt - bei
seinen Lannesdorfer Schülern überaus beliebt. Zum einen sicherlich, weil
"Kunst" offiziell kein Prüfungsfach ist, zum anderen, weil Emil Zuppke frei
nach dem Motto:"Kunst soll spannend sein und einfach Spaß machen" jeden
seiner Schüler in dessen Kreativität individuell fördert und - je nach
Begabung - systematisch an eine intensivere künstlerische Betätigung
heranführt.
1923 Emil Zuppke lernt die Godesberger Lehrerin Anna Maria Weber kennen. Sie
heiraten, gründen eine Familie und ziehen in ein Haus im Zentrum von Bad
Godesberg - unmitttelbar gegenüber dem Godesberger Bahnhof gelegen -
um. Die Töchter Dietlind und Uta werden geboren.
Bad Godesberg (um 1925): Burgruine, Stadt, Wohnhaus Zuppke, Familienidyll im Garten mit der erstgeborenen Tochter Dietlind (Zur Vergrößerung bitte die jeweiligen Fotos anklicken).
künstlerische Entwicklung
Finanziell abgesichert durch seine Arbeit als Lehrer, macht sich Emil Zuppke
zunehmend auch als bildender Künstler einen Namern. Er zeichnet, malt
und vervollkommnet vor allem seine technische Ausdrucksfähigkeiten in der
Anfertigung von Linolschnitten.
Linolschnitte zwingen einen Künstler durch ihre Konzentration auf einfache
"harte" Kontraste dazu, das darzustellende Motiv im Moment der Entstehung
"festzufrieren". Eine geschnittene Linie, eine im wahrsten Sinne des Wortes
aus dem Vollen "herausgearbeitete" Kontur oder eine erst einmal "freige-
stellte" Fläche lässt sich so gut wie nicht mehr korrigieren. Anders als in der
Malerei, wo man durch Übermalung Veränderungen in der Wirkung eines
Motivs relativ leicht umsetzen kann, muß beim Linolschnitt von Anfang an
"alles sitzen". Das zwingt den Künstler neben einer sicheren Beherrschung
der "Schnittechnik" dazu, die Linien- und Flächenkontrast-Wirkung jedes
Motivteils schon vor dem eigentlichen Darstellungsprozess im Detail "vor
Augen zu haben". Zudem führen die darstellungstechnischen Beschrän-
kungen im Holz- bzw. Linolschnitt zwangsläufig dazu, den Motiven eine
gewisse Dramatik und "überspitzte" Kontrastdynamik zu geben.
Emil Zuppke: frühe Arbeiten - Linolschnitte; Handabdrucke in kleiner Einzelauflage
(1 - 5 Stk; signiert). Zur Vergrößerung bitte auf die jeweiligen Abbildungen clicken.
1921 Im städtischen Museum Haus Obernier Bonn findet am 10 Juli 1921 eine
Ausstellung mit dem Titel "Kunst und Wissen" statt. Es ist nicht gesichert
belegt, ob Emil Zuppke bereits an dieser Ausstellung - wie später an der
gleichnamigen Ausstellung im Jahre 1925 - mit eigenen Werken vertreten
war. Hier machte er die Bekanntschaft mit einen jungen Berliner Künstler,
Melchior Grossek, der schon damals als ein "Meister des Scherenschnittes"
bekannt war. Emil Zuppke freundete sich mit dem fast gleichaltigen Kaplan
aus Berlin an und erwirbt später auch einige seiner Arbeiten. Grosseks
Scherenschnitt-Bilder faszinieren Emil Zuppke wegen der teilweise aus-
gesprochen brutal dargestellten Schreckensbilder eines anonymisierten
Krieges, und der damit verbundenen Entmenschlichung und Entwürdigung.
In der Folgezeit erhalten auch seine eigenen Linolschnitte häufiger einen
hintergründig religiös-sozialkritischen Bezug.
1924 Im Zuge der Profilierung des Kurortes Bad Godesberg versuchen die da-
maligen Gemeindeoberhäupter Dr. Falk und Bürgermeister Josef Zander,
die in Godesberg ansässigen Bildenden Künstler in einem Förderkreis zu-
sammenzufassen, um ihnen entsprechende Ausstellungs- und Profilierungs-
möglichkeiten in der stadteigenen Villa Stollwerk in der Kaiserstraße in Bad
Godesberg anbieten zu können. Man verspricht sich von dieser Maßnahme
eine "kulturelle Bereicherung "der Godesberger Bürger, vor allem aber eine
"anspruchsvolle Unterhaltung der vermögenden Kurgäste in der Stadt."
Und so initiiert man städtischerseits die Bildung einer Künstlergruppe, die als
"Ring Godesberger Künstler" bis Mittte der 30-er Jahe und später - nach dem
Ende des 2. Weltkrieges (ab dem 16.10.1947 als erneute Neugründung)
nachweisbar ist.
Ring Godesberger Künstler
Emil Zuppke schließt sich schon in der frühen Gründungsphase dieser Künst-
lergruppe an. Mitglieder des "Rings Godesberger Künstler" sind (vor dem 2.
Weltkrieg) neben Emil Zuppke der Theatermaler Alfred Karl Müller (beauf-
tragt mit der Leitung der Gruppe), Toni Wolter, Louis Ziercke, Alexander
Fischel, Magda Felicitas Auer, Walter Rath, Carl Bettin und Heinrich Pützhofen
- Esthers. Hans -oder eigentlich richtiger - Johan Adrian von Voorhuysen
sowie Carl van Ackeren sind zunächst als locker assoziierte Mitglieder und
später als ständige Ehrengäste mit dabei. Mit Sicherheit stand Emil Zuppke
im engen Kontakt zu seinen Godesberger Künstlerkollegen und war ihnen
teilweise sogar in persönlicher Freundschaft verbunden. Man besuchte sich
gegenseitig und setzte sich in Vorbereitung der gemeinsamen Ausstellungen
des "Rings Godesberger Künstler" intensiv mit den jeweils gewählten
Ausstellungsthematiken, den Kunstauffassungen und den eingereichten
Werken der Kollegen auseinander.
Ausstellung: "Die schaffene Heimat" 1924
Die erste "offizielle" Ausstellung des Rings Godesberer Künstler fand unter
dem Titel: "Die schaffende Heimat" im Rahmen der sogenannten "Weih-
nachts-Werbe-Wochen (WWW)" im Godesberger Stollwerkhaus statt. Bewußt
hatte man die Ausstellung städtischerseits als offene Verkaufsausstellung für
anspruchsvolle Bad Godesberger Kurgäste konzipiert. Neben dem künstle-
rischen Programm wurden daher auch hochwertige kunstgewerbliche,
garten- und innenarchitektonische Objekte - heute würde man diese als
"lifestyle-Produkte" bezeichnen - angeboten. Der kommerzielle Hintergrund
der Ausstellung tat der versammelten Godesberger Künstlerschaft gut, ergab
sich doch hier die seltene Gelegenheit, ohne Umweg über Kunsthändler und
Galeristen Direkteinnahmen aus dem eigenen Kustschaffen zu erzielen.
Die Ausstellung "Die schaffende Heimat" wurde ein voller Erfolg und in den
Folgejahren zum wesentlichen Element der WWW Weihnachts-Werbe-Wochen
in Godesberg.
Emil Zuppke präsentierte zu seiner ersten Ausstellung 1924 eine Auswahl
von grafischen Druckblättern, die ihn - wie reportiert wurde - "als vielver-
sprechenden jungen Künstler und autonomen Wegbegleiter der
Rheinischen Expressionisten" auswiesen.
Emil Zuppke: Auswahl von Linoldrucken 1923/1924
links oben: Schädelstätte; rechts oben: Die Stadt;
unten: Die Schlafenden; unten: Portrait Ludwig Wagner
Vorbilder und "Wegweiser"
Zweifellos sind Emil Zuppkes frühe Arbeiten in starkem Maße von den
Werken der Rheinischen Expressionisten beeinflusst worden. Wahrschein-
lich dienten ihm - neben August Macke selbst - (dieser war 10 Jahre zuvor
bereits gefallen) vor allem Ernst Moritz Engert, Franz M. Jansen und Adolf
Seehaus als kreative "Wegweiser", um eine ganz eigene Ausdrucksform in
und mit den Mitteln des Linolschnittes zu entwickeln. Als eine der ersten
Reflexionen auf den rheinischen Expressionismus kann Emil Zuppkes früher
Scherenschnitt: "Der Gartenbaum" gelten, den er zu Übungszwecken in
identischer Form parallel auch als Linolschnitt ausführte:
Alle drei Künstler (Engert. Jansen und Seehaus) bearbeiteten zwar unter-
schiedliche Medien, doch hatten diese eins gemeinsam. Sie erhielten ihre
expressionistische Wirkung durch starke Hell-Dunkel-Kontraste. Ob die
Scherenschnitte von Ernst Moritz Engert - Emil Zuppke hatte drei in seinem
Atelier stets vor Augen - , ob die grob typisierenden Holzschnitte von Franz
M. Jansen aus dessen zeitkritisch-reflektierender Mappe: "Menschen von
Gestern" oder die fast beängstigend ausdrucksstarken Kohlezeichnungen
von Adolf Seehaus. Sie alle "lebten" aufgrund ihrer extrem kontrastierenden
Flächenkonturen.
"Wegweiser" Ernst Moritz Engert
Drei Unikat-Scherenschnitte von Ernst Moritz Engert aus dem Besitz der Familie Zuppke
"Wegweiser" Franz M. Jansen
Franz M. Jansen: Holzschnitte (obere Reihe): Wahrheit; Familie; Stühlerücken
untere Reihe: Physiognomien aus der Mappe: Menschen von Gestern (ab 1918)
"Wegweiser" Paul Adolf Seehaus
Paul Adolf Seehaus: Kohlezeichnung Emil Zuppke: Linolschnitt
"Frauen am Kreuz" "Ehe"
Die fast beängstigend ausdrucksstarke Kohlezeichnung von Adolf Seehaus beeindruckte Emil Zuppke zutiefst und inspirierte ihn offensichtlich zu seinem Linolschnitt "Ehe". Dabei verwendet er auch andere Bildelemente aus Seehaus-
Werken wie z.B. die dreieckig spitz aufragenden Untergrund-Schollen aus dem
Ölbild "Leuchtturm".
Expressionistische Linolschnitte
Tatsächlich entwickelt Emil Zuppke in der Folgezeit (20-er und 30-er Jahre)
eine ausgesprochene Meisterschaft in der Technik des Linolschnitts. Thema-
tisch verbindet er (vordergründig) traditionelle Elemente und Symbole aus
der christlich-sakralen Motivwelt mit zeitaktuellen gesellschaftlich-sozialen
Umfeldern. Hintergründig macht er damit - teilweise recht drastisch - auf
Missstände und Fehlentwicklungen aufmerksam.
Emil Zuppke: Linolschnitte (obere Reihe links: "Ehe", rechts "Passion II"; untere Reihe:
links "Christus und die Stadt", rechts: Ausschnitt aus "Im Zeichen des
Kreuzes" (beziehungsweise "Welttheater")
(alle im Privatbesitz der Familie Zuppke)
Motivinterpretationen:
- Ehe = Mann und Frau am Kreuz - Scherbenhaufen und flammende Hölle
- Passion II = Großstadt-Leiden durch Industrie, Verkehr und Vereinsamung
- Christus und die Stadt = umgeben von Armut, Gebrechen und Prostitution
- Im Zeichen des Kreuzes = Macht, Geldgier, Narzismus oder: Reiche und Arme
Emil Zuppke: kleine Auswahl von Linolschnitten mit christlicher Ikonografie und über-
wiegend sozialkritischen Interpretationsbezügen
untere Reihe: "Weihnachtsbilder" (mit Geburt und Sterben Jesu am
Kreuz)
Der Wolframbund
1925 Offiziell war der Wolframbund, benannt nach Wolfram von Eschenbach
(1170-1220), - neben Walther von der Vogelweide der wohl bedeutendste
Dichter des Mitttelalters im mittelhochdeutschen Sprachraum - keine
Künstlervereinigung, sondern verstand sich explizit "als katholische
Konkurrenzinstitution zu den Buchgemeinschaften, die als wirtschaftliche
Buchabsatzorganisationen nach dem 1. Weltkrieg aus dem Boden schossen.
Innerhalb kurzer Zeit hatten Buchgemeinschaften eine beträchtliche
Bedeutung für die politische Meinungsbildung und die kulturelle Bildung in
der proletarischen Arbeiterbewegung kurz nach dem 1. Weltkrieg gewonnen.
Hier wollte man - wohl aus Kirchenkreisen heraus - einen ausgeprägt
christlichen Gegenpol zu den überwiegend atheistischen, nihilis-
tischen und häufig teilnahmslos-fatalistischen Lebenseinstellungen großer
Teile der Bevölkerung durch die Betonung der Bedeutung eines gefestigten
katholischen Glaubens setzen.
Wie viele Künstler ihrer Zeit sympathisierte Emil Zuppke mit den ideellen
Zielen des Wolframbund, da er in ihm die ethischen Werte der römisch-
katholischen Kirche repräsentiert und als Katholizismus auch in breitere
Bevölkerungsschichten getragen sah. Im Kern verstand sich der Bonner
Wolframbund primär als Buchclub und damit als überwiegend literarisch-
pilosophische Denkvermittlungs-Institution. Möglicherweise wurde der
Bonner Wolframbund durch den Pfarrer Dr. Bernard Custodis in's Leben
gerufen, der ab 1910 über Jahrzehnte hinweg die Gemeinde der heiligen
Elisabeth von Thüringen in der Elisabethkirche in der Bonner Südstadt
betreute. Als kunstsinniger Pfarrer und Seelsorger war es ihm ein Anliegen,
seinen Schutzbefohlenen die christliche Kirchenkunst und deren lange
Tradition zu vermitteln. Und so organisierte man eigene Kunstausstellungen,
Führungen, Seminare und Diskussionsrunden zu Fragen der Auslegung
eines zeitgemäß christlichen Kunstverständnisses. Nach und nach wurde
der Wolframbund ein Sammelbecken für "Kirchenkünstler". Diese setzten
sich damit von den überwiegend profan arbeitenden Künstlerkollegen ab
und standen in gewisser Weise auch in einer besonderen Obhut und einer
besonderen (wirtschaftlichen) Fürsorgepflicht der Kirchenorganisationen.
Emil Zuppke sympathisierte als Kunstpädagoge mit dem Bonner Wolfram-
bund. Ob er im Wolframbund Bonn Mitte der 20-er Jahre bereits als
Kirchenkünstler registriert war, ist nicht belegt, aber doch sehr wahrschein-
lich. Immerhin wurde er zur Teilnahme und Mitwirkung an der Ausstellung
"Kunst und Wissen" des Bonner Wolframbundes - im Untertitel: "Eine
Ausstellung moderner religiöser Kunst" - explizit eingeladen. Man war zu
dieser Zeit bereits auf ihn und seine Werke aufmerksam geworden.
Zeitschriften-Illustrationen von Emil Zuppke (oben links): "Die heilige Familie in der Mietskaserne"; (oben rechts): "Der Schnittter (Tod)", (unten links): "Das Volkslied"
(unten rechts): "Der Fabrikarbeiter". (Zur Vergrößerung bitte auf die Abbildungen klicken).
Regelmäßig fordern die Halbmonatszeitschriften "Jungland" und "Werkjugend"
des Volksverein-Verlages, der als Pulikationsorgan der "katholischen Arbei-
ter-Internationale" mit dem Bonner Wolframbund kooperierte, Emil
Zuppkes Linolschnitte zur Illustration ihrer Zeitschriftenartikel an. In den
Redaktionen war man bezüglich der Bildtitel nicht wählerisch und passte
diese - sofern das Motiv der Intention des jeweiligen Artikels entsprach,
jeweils so an, dass beispielsweise aus einem "Weihnachtsbild" die Illustration
einer (Heiligen) "Familie in einer Mietskaserne" wurde.
Die mediale Veröffentlichung und Verbreitung seiner Linolschnitte bringt Emil
Zuppke nach und nach den Ruf eines modernen Kirchenkünstlers ein.
Siehe auch: "Christus an Rhein und Ruhr - zur Wiederentdeckung des Sakra-
len in der Moderne 1910-1930" (Nr. 55 Schriftenreihe des August-Macke-
Hauses, Bonn)
Ausstellung: Kunst und Wissen 1925
Schon in der Einladung zu dieser Ausstellung, die vom 19.11. bis 4.12.1925
im Kapitelsaal der Elisabethkirche in Bonn statttfand, ist der hehre Anspruch
des Wolframbundes formuliert, man habe versucht, jene zeitgenössischen
Künstler zu finden, die "Wesentliches und Schöpferisches " zur modernen
religiösen Kunst zu sagen haben. Und so liest sich die Liste der eingeladenen
Künstler wie ein "Who is who" in der Riege der damals aktuellen modernen
Kirchenkünstler:
Jan (Johan) Thorn Prikker (1868-1932)
Kirchenmaler, Glasmaler, Gestalter von Mosaiken und monumentalen Wand-
bildern. Gilt als Überwinder des kirchlichen Historismus. Professuren an der
Kunstgewerbeschule Krefeld (1904-1910), an der Kunstakademie München
(1920-23), an der Kunstakademie Düsseldorf (1923-1926) und an den
Kölner Werkschulen (1926-1932). Zu seinen Schülern in Krefeld gehörten die
Rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk und Helmuth Macke.
Anton Wendling (1891-1965)
Meisterschüler von Jan Thorn Prikker an der Kunstakademie München. Assis-
tent von Heinrich Nauen an der Kunstakademie Düsseldorf. Professur für
Mosaike und Glasmalerei an der Kunstgewerbeschule Aachen, ab 1936
ordentlicher Professor für Zeichnen und technische Illustration an der TH
Aachen. Auch Anton Wendling zählt zu den Überwindern des kirchlichen
Historismus.
Heinrich Nauen (1880-1940)
Maler, Zeichner, Mosaik- und Kirchenkünstler (Monumentale Fresken,
Kirchenfenster). Zählt zusammen mit seiner Frau - Marie von Melachowski-
Nauen - zu den führenden Vertretern des Rheinischen Expressionismus.
Professur für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Mitbegründer der
(progressiven) Künstlergruppe: "Das Junge Rheinland". Gastgeber auf Burg
Dilborn für viele befreundete Künstler, Kunsthistoriker, Galeristen und
Sammler: u.a.
Campendonk, Dix, Heckel, Hölzel, Klee, August Macke, Helmut Macke,
Franz Marc sowie Alfred Flechtheim, Walter Kaesbach, Karl Ernst Osthaus
und Edwin Suermondt. Sicher einer der bedeutendsten "Kunst-Netzwerker"
seiner Zeit.
Heinrich Maria Dieckmann (1890-1963)
Maler, Designer, Kirchenkünstler. Gilt als Mitbegründer der modernen, sakra-
len Glasmalerei. Schüler von Jan Thorn Prikker . Später Professur und
Direktor an der Kunstgewerbeschule in Trier. Ausgestaltung von über 60
Kirchen und Klostergebäuden (u.a. Fenster im Dom zu Trier, Sankt Aposteln
in Köln, Chorfenster im Kloster Marienthal (bei Wesel) u.v.a.m.
Peter Hecker (1884-1971)
Monumentalmaler, vor allem als Kirchenmaler im rheinischen Raum tätig.
Einer der maßgebenden Vertreter der "Liturgischen Bewegung", die das
Altargeschehen und die "Christo-Zentriertheit" in den Mittelpunkt allen
künstlerischen Ausdrucks stellt. Sein "Heiland des 20.Jahrhunderts" ist durch
Kriegseinwirkungen zerstört, zählt aber wegen seiner drastisch dargestellten
menschlichen Dekadenz immer noch zu den Referenzwerken der modernen
sakalen Kunst.
Josef Strater (1899 - ?)
Zunächst einer der "jungen Wilden" unter den Kirchenkünstlern. Schüler von
Heinrich Dieckmann. "Querdenker". Erschloss neue Materialien und "avangar-
distische Materialkombinationen" für die Kirchenkunst (Flaschenböden, Gra-
natenhülsen, Kochtöpfe, Soldatenhelme, Schrottplatz- und Müllhaldenfunde).
Später verliert sich leider sein künstlerischer Lebensweg.
Willy von Beckerath (1868-1938)
Maler, Designer, Architekt. Zunächst Anhänger einer mythologischen - stark
von Max Klinger beeinflussten - Malerei. Später Möbel-, Haushaltsgeräte-,
vor allem aber "Kirchenausstattungsdesigner". (Gebetsbänke, Beichtstühle,
Weihwasserbecken, Taufbecken, Kleinplastiken und Musterdekore). Arbeitete
mit am Konzept und der Realisierung einer katholisch-sozialen Reform-
Wohnsiedlung (Gartenstadt Hellerau). Einflussreicher Mitbegründer der
Münchner und Dresdener "Werkstätten für Handwerkskunst".
Ähnlich wie die legendäre "Ausstellung Rheinischer Expressionisten" 1913
ist in Bonn 12 Jahre später wieder eine Ausstellung zu sehen, die das
Potential zur Weiterentwicklung und Ausprägung eines ähnlich "epochalen
Kunststils" - jetzt im Bereich der modernen Sakralkunst als künstlerische
Überwindung und Nachfolge des kirchlichen Historismus - beinhaltet.
Und wieder ist Emil Zuppke von "Impulsträgern" - diesmal von ausgesuchten
Vertretern einer modernen Sakralkunst umgeben. Emil Zuppkes Zugehörig-
keit zu diesem Kreis ist leicht erklärt. Seine Linolschnitt-Technik hat viele
Gemeinsamkeiten mit den tradierten Gestaltungsprinzipien der Glasmalerei -
insbesondere mit der Gestaltung von Buntglasfenstern für Kirchen, Kapellen,
Andachts- und Gebetsräumen. Beide Disziplinen beruhen auf der Kontrast-
wirkung von "harten" Flächen- und Steg-Abgrenzungen. Insofern ist es kaum
verwunderllich, dass sich die beiden Darstellungsarten auch stilistisch
gegenseitig beeinflussen.
Und da kann Emil Zuppke mit seinen Werken durchaus Neues in Hinblick auf
Motivwahl, zeitgemäßer Darstellung und neuen stilistischen Umsetzungen
bieten. Wohl um die Beziehungen seiner Ausstellungsexponate zu den
Werken seiner Künstlerkollegen transparent zu machen,
schickt Emil Zuppke seinem Ausstellungspart den Entwurf eines Kirchen-
fensters voran, das in vielerlei Hinsicht Elemente seiner Linolschnitt-Technik
mit Elementen seines eigenen Malstils verbindet. Bemerkenswert ist auch
die Gesamtaufteilung seines Entwurfes: rechts und links jeweils zwei "kubis-
tisch" ineinander verschränkte biblische Figurenmotive - verbunden durch
ein "figürlich neutrales" Mittelfenster, dessen drei übereinander plazierte
ikonografische Elemente Erläuterungshilfen für die Figurenfenster rechts
und links geben.
Die Kentnisse christlich ikonografischer Symbole und Bildelemente - wie
beispielsweise das "Stundenglas" als Symbol für Vergänglichkeit im linken
Bildteil oder der gereichte "Kelch" im rechten Bildteil als Symbol für
selbstlose Hilfe (bei der Speisung des Lazarus) spielen auch in Emil Zuppkes
späteren Wirken eine große Rolle, helfen sie doch entscheiend bei seinen
heimatkundlichen Forschungen zur Interpretation der Herkunft,
Identifikation und Bedeutung von alten Weg- und Grabkreuzen im direkten
Umfeld von Bonn und Bad Godesberg.
Ausstellungsexponate von Emil Zuppke 1925
Emil Zuppke: Linolschnitt Emil Zuppke: Linolschnitt Emil Zuppke: Linolschnitt
"Heilige Familie" "Sonnengesang" "Sonnenkind"
Emil Zuppke: Kohlezeichng Emil Zuppke Aquarell Emil Zuppke Aquarell
"Golgatha" "Berggehöft" "Pappelreihe"
(Zur Vergrößerung bitte auf die jeweilige Abbildung clicken)
1927 Nebenberuflich bewirbt sich Emil Zuppke um eine Kunsterzieherstelle am
damaligen "Deutschen Kolleg", einer 1920 von Edmund Schopen gegründe-
ten höheren Privatschule mit Internatsbetrieb im Villenviertel von Bad
Godsberg (Rheinallee 26). Er wird angenommenm und erteilt in der Folgezeit
Kunsterziehung sowohl an der Volksschule in Lannesdorf als auch am
"Deutschen Kolleg". Unter Emil Zuppkes Leitung werden am Deutschen Kolleg
verschiedene Arbeitsgemeinschaften, unter anderem für Fotografie und
Bühnenbau eingerichtet. Man kooperiert eng mit den "Rheinischen Werk-
stätten für Bühnenkunst" in Godesberg, einem überregional tätigen Unter-
nehmen für den Entwurf und den Verleih von Theaterdekorationen, an dem
Emil Zuppkes Kollegen vom Ring Godesberger Künstler - Alfred K. Müller
sowie Heinrich Pützhofen-Esters (1879-1957) - beteiligt sind. Auch der
Malerkollege Louis Ziercke - seines Zeichens freiberufliher Grafiker und
(Aushilfs-) Lehrer für Freihandzeichnen an der Volksbildungsstätte in
Godesberg, verdient dort als Kulissenmaler sein Geld.
Zur eigenen Weiterbildung schreibt sich Emil Zuppke 1927 erneut an der
Universität Bonn ein. Im kunsthistorischen Institut der Uni besucht er die
Vorlesungen von Professor Wilhelm Worringer (1881-1965), der sich zu die-
ser Zeit aktuell mit "Theorie und Praxis des Deutschen Expressionismus"
beschäftigt und über seine Frau - Marta Worringer - selbst eine bedeutende
expressionistische Künstlerin - direkten Kontakt in die "Rheinische Expres-
sionistenszene" und den einschlägigen Künstlergruppen (Cölner Sezession,
Gereonsclub, Das junge Rheinland etc.) pflegt.
Zudem hört sich Emil Zuppke die Vorlesungen des jungen "philosophischen
Literaturwissenschaftlers" Heinrich Lützeler (1902-1988) an. Lützeler
dozierte damals schwerpunktsmäßig über "Phänomene christlicher Kunst"
und galt als maßgeblicher Vertreter der Bewegung "Renouveau catholique" in
Deutschland. Seine Erkenntnisse und sozialkritischen Anmerkungen
veröffentlichte Lützeler unter anderem in der katholischen Zeitschrift
"Hochland", für die auch Emil Zuppke bereits gearbeitet und vereinzelte
Illustrationsbeiträge (Linolschnitte) erstellt hatte.
Worringer und Lützeler lieferten Emil Zuppke - jeder auf seine Weise - den
theoretischen Unterbau für dessen eigene künstlerische Arbeiten, mit denen
der Kunstpädagoge schon zuvor erste Ausrufungszeichen als "autonomer
Expressionist" (Ausstellung 1924: Die schaffende Heimat") sowie als "christ-
licher Kirchenkünstler" (Ausstellung des Wolframbundes 1925: "Kunst und
Wissen") gesetzt hatte.
Schulische Aktivitäten (als Kunstpädagoge)
Mit seinen jüngeren Schülern aus der Grundschule in Lannesdorf besprach
Emil Zuppke im Rahmen ihrer Kunsterziehung unter anderem regelmäßig
die Figuren und Charaktere des rheinischen Kasperle-Theaters. Er selbst
liebte das "Kasperle-Spiel" und so wurde er von seinen Schülern - schon
wegen seiner spannenden Kasperle-Theatergeschichten - geliebt und verehrt.
Sie hingen an ihrem Lehrer. Emil Zuppke hatte zeitlebens ständig einen
selbstgeschnitzten Satz der Figuren zu Unterrichtszwecken "parat" - zumal
er festgestellt hatte, dass Kinder im Spiel oft sehr viel aufnahmebereiter und
lernfähiger sind als im bloßen Frontalunterricht. "Und manche Einsicht kann"
- so seine Überzeugung - "ein Kasperle einfach dreimal besser
herüberbringen als jeder Lehrer." (Siehe dazu auch Werkverzeichnis Emil
Zuppke (10): Kasperle- und Schattenspielfiguren)
Neben den lehrplanüblichen Zeichen- und Malübungen bemühte sich Emil
Zuppke unablässig darum, seinen Schülern die Freude am eigenen kreativen
Gestalten zu vermiteln. So gestaltete er beispielsweise zum Weihnachtsfest
1927 zusammen mit seinen Schülern einige Krippen, die -wie in den Annalen
des Deutschen Kollegs zu lesen ist - die Weihnachtsbotschaft in einer
"überaus freien, schülergerechten Form" behandelten. Die Krippen sollen -
den Schülerphantasien entsprechend - teilweise mit recht drastisch gestalte-
ten und durchaus gewöhnungsbedürftigen Gips- und Pappfiguren bestückt
gewesen sein. Leider sind diese unter Anleitung von Emil Zuppke entstande-
nen plastischen Arbeiten nicht erhalten geblieben. Auch die seinerzeit im
Unterricht szenarisch entworfenen und anschließend bunt bemalten Glas-
flächen in den Fenstern des hinteren Schulaula-Anbaus sind später undoku-
mentiert "verschütt" gegangen.
Ein weiteres Beispiel für den pädagogisch geschickten Einsatz künstlerischer
Ausdrucksmittel im Schulunterricht mag mit Emil Zuppkes Leidenschaft für's
Theaterspielen zusammenhängen. Neben dem Kasperle-Spiel für seine
jüngeren Schüler in Lannesdorf übte und pflegte Emil Zuppke auch die Kunst
des "Schattenspiels". Eine alte, tradierte Form der phantasievollen Unter-
haltung, in die er seine etwas älteren Schüler am Deutschen Kolleg gerne
mit einbezog. Im Rahmen des Kunstunterrichtes ließ er geeignete Kulissen
zu jedem seiner Stücke in Form von Tuschezeichnungen von seinen Schülern
entwerfen, die dann im Rahmen der nachmittäglich angebotenen Arbeits-
gemeinschaft Bühnenbild in Scherenschnitt- und Laubsägeform konkret um-
gesetzt wurden. So mancher seiner Schüler - darunter unter anderem auch
der Godesberger Künstler Arno Reins ist - wie von diesem dankbar reportiert
wird - "auf diese Art und ohne jeden Zwang mit bis zu vier klassischen
Theaterstücken pro Schuljahr intensivst" vertraut gemacht worden.
1928 Ausstellung im städtischen Museum Obernier, Bonn
Auf Initiative von Heirich Pützhofen-Esters, der als offizielles Mitglied der
"Bonner Künstlervereinigung (von 1914)" seine Bildwerke wie auch seine
Aktivitäten als Mitinhaber und künstlerischer Leiter der inzwischen landesweit
bedeutsamen "Rheinischen Werkstätten für Bühnenkunst (Godesberg)" de-
tailliert dem theater- und kulturaffinen Bonner Publikum vorstellen und er-
läutern wollte, erhielt der Künstler städtischerseits die Zusage, eine ent-
sprechende Themenausstellung im städtischen Kunstmuseum von Bonn (=
Haus Obernier an der Koblenzer Straße) organisieren zu dürfen.
Zu dieser Aussellung läd Heinrich Pützhofen-Esters exklusiv seine Godes-
berger Kollegen Emil Zuppke (offiziell als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft
Bühnenbild am Deutschen Kolleg in Godesberg) sowie den Kollegen Louis
Ziercke (als verantwortlichen Kulissenmaler der "Rheinischen Werkstätten")
ein. Im Rahmen der Ausstellung wird üblicherweise den beteiligten Künstlern
gestattet, einen aktuellen Überblick über das eigene Schaffen zu geben.
Emil Zuppke stellt ausgewählte Linolschnitte sowie zwei seiner zwischen-
zeitlich neu entstandenen Gouachen aus.
Die christlichen Thematiken seiner Linolschnitte, die Emil Zuppke zuvor dazu
nutzte, auf seine Art sozialkritische Stellungnahme zu beziehen und auf
gesellschaftliche Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen, nehmen in den
weiterhin betont expressionistischen Linolschnittten des Künstlers gegen
Ende der 20-er Jahre allmählich ab. Er setzt sich nun - wohl beeinflusst durch
die Werke und die diesbezüglichen Diskussionen mit seinen Künstlerkollegen
im "Ring Godesberger Künstler" verstärkt mit Landschaftsmotiven
auseinander.
Unter anderem taucht nun der Rhein , die charakteristische Kontur der
Drachenfels-Ruine, die Godesburg und andere regionale Sehenswürdigkeiten
in seinen Werken auf. Meisterhaft versteht Emil Zuppke es, in dem ihm ange-
stammten Linolschnitt-Medium "dramatische Akzente" zu setzen. Er erprobt
damit neue Ausdrucksmöglichkeiten in der Landschaftsdarstellung. Ein Linol-
schnitt, den er in der Ausstellung im städtischen Museum Haus Obernier in
Bonn zeigt, ist "Rheindampfer" betitelt (siehe oben). Hier arbeitet Emil Zuppke
mustergültig die expressionistisch-dramatischen Möglichkeiten des Mediums
in der Landschaftsdarstellung auf. Der dunkle Qualm des rheinaufwärts
dampfenden Rheinschiffes kontrastiert mit den wild bewegten Wolken über
dem Rheintal. Die Rauchfahne des Schiffes teilt das Bild in zwei Hälften.
Sie "lastet" wie ein riesiger Keil auf dem Fluß und verschiebt so den eigent-
lichen inhaltlich-thematischen Schwerpunkt des Bildes vom Rheindampfer
auf die Landschaft und das dynamische Wolkenbild.
1928 Ausstellung: Die schaffende Heimat (2)
Zum Ende des Jahres beteiligt sich Emil Zuppke erneut an der Godesberger
Werbe-Weihnachts-Woche (WWW), die wieder unter dem Titel: "Die schaffende
Heimat" steht und eine Musteraustellung der Werke von lokalen Künstlern,
Kunsthandwerkern, Architekten, Innenausstatter und Gartengestalter umfasst.
Für den Präsentationsbereich "Kunst" in der Ausstellung ist der "Ring Godes-
berger Künstler" verantwortlich und so steuern - neben Emil Zuppke -
Heinrich Pützhofen-Esthers, Toni Wolter, Louis Ziercke, Walter Rath, Heinrich
Pützhofen-Hambüchen, Georg Günther, Hermann Winkler und der Bildhauer
Carl Bettin einige ihrer Werke zu dieser Ausstellung bei.
Emil Zuppke stellt eine Auswahl seiner Gouachen mit Landschaftsmotiven, ver-
mutlich Rheinmotive, aus. Wie die Presse anschließend berichtet, soll "Die
schaffende Heimat" erneut ein voller Erfolg gewesen sein. Viele Kurgäste
hätten die Gelegenheit genutzt, sich mit werthaltigen Weihnachtsgeschenken
und Erinnerungsstücken an ihren Aufenthalt in Bad Godesberg für ihre häus-
liche Ausstattung einzudecken.
Eine kurze Zeit lang erwägt der inzwischen 33-jährige Kunstpädagoge Emil
Zuppke, sich ganz der Kunst zu widmen und als "freier" Künstler weiterzu-
machen. Letztendlich entscheidet er sich dagegen.
Emil Zuppke ist eher der zurückhaltende, bescheidene Typ von Künstler, der
den öffentlichen Auftritt scheut und sich nur mit innerem Widerwillen in den
Vordergrund schieben lassen will. Er ist weder ein "Kunstmanager", noch ein
ausgesprochener "Kunstproduzent".
Seine künstlerischen Werke spiegeln in dieser Zeit erkennbar einen gewissen
"Eigenkosmos" wieder, der ihm wichtig ist, weil er dadurch seine künstlerische
Unabhängigkeit gegenüber den Kollegen wahren kann. Unabhängig zu sein -
auch im Finanziellen - ist ihm sehr wichtig. Zudem ist er ein wirklich guter
Lehrer, der Beruf und (künstlerische) Berufung ideal miteinander verbinden
kann. Und so entscheidet er sich gegen ein Leben als "freier" Künstler.
1929 Ob als Ausgleich oder als Belohnung für diesen Beschluss unternimmt Erich
Zuppke im darauffolgenden Jahr eine Studienreise nach Paris.
Das dort entstandene Selbstbildnis zeigt einen durchaus selbstbewussten,
gereiften jungen Mann neben einem offenen Fenster, in dem die Front der
römisch-katholischen Kathedrale des Erzbistums Paris - "Notre Dame" - zu
erkennen ist.
Kein weltfremder Bohemien, kein "durchgeknallter" Künstler, sondern ein
gesetzter Mann in Anzug und Krawatte!
Um ihn herum die Insignien seiner Persönlichkeit. Hinweise geben die Kirche
(als Symbol für die unverrückbar tiefe christliche Glaubensüberzeugung), der
angeschnittene runde Tisch mit der daraufstehenden Blumenvase (häufiges
Motiv von Stillleben und Symbol für "natürliche" Ästhetik) sowie ein franzö-
sisches Journal (Symbol für kulturelle Belesenheit und Intellektualität). Die
Blumenvase ist - auch dies ein zusätzlicher Hinweis - randständig rechts mit
dem Künstlermonogramm (E über Z für Emil Zuppke) versehen.
1931 Die "völkische Bewegung" gewinnt auch in Bad Godesberg zunehmend an
Boden. Der Stadtrat beschließt, ein neues Heimatmuseum - verbunden mit
einer "Volksbibliothek" einzurichten. Das Ereignis soll mit einer repräsenta-
tiven Kunstausstellung im Kurfürstenhof in Bad Godesberg gefeiert werden.
Für die Ausstellung wählt man den programmatischen Titel "Regionale 1931".
Die "Regionale 1931" soll - so die ur-
sprüngliche Planung - in einer Art Be-
standsaufnahme das lokale Kunstge-
schen in Godesberg dokumentieren. Die
gesamte Godesberer Künstlerschaft, da-
runter natürlich auch der "Ring Godes-
berger Künstler" ist aufgerufen, geeig-
nete (möglichst der völkischen Idee ent-
sprechende) Zeichnungen, Gemälde und
Skulpturen für die Eröffungsfeier einzu-
reichen. Emil Zuppke reicht zu der Aus-
stellung ein für ihn ungewöhnliches
"Damenbildnis" ein, das er ein Jahr zuvor
von seiner Ehefrau Anna Maria gemalt
hat.
1929 war Emil Zuppkes Malerkollege
Toni Wolter, knapp 54-jährig, infolge
einer Nierenbeckenentzündung verstor-
ben. Auf Drängen der Stadtverwaltung
gibt dessen Frau - entgegen dem ur-
sprünglichen Reglement - gleich mehrere
Werke ihres Mannes zur "Regionale 1931" frei. In der Presse wird die Aus-
stellung daraufhin zu einer posthumen Gedächtnisausstellung für Toni Wolter
umfunktioniert und entsprechend besprochen. Eigentlich sollte die "Regionale"
dazu dienen, "das Schaffen aller regionalen Künstler in regelmäßigem (= jähr-
lichem) Abstand in breiten Schichten des Volkes zu verankern". Die
"Regionale 1931" erfüllte diese programmatische Zielsetzung aber nur be-
grenzt. Letztendlich wurde das neue Ausstellungskonzept weder von der
Bevölkerung noch von der Presse wirklich angenommen und so sah man sich
gezwungen, die "Regionale" wegen Besuchermangels schon im Folgejahr
wieder abzusetzten.
Die Kunstvereine in Düsseldorf, Köln und Bonn nahmen das Godesberger
Regionale-Konzept später wieder auf. Es wurde nach dem 2. Weltkrieg - ein
durchaus erfolgreiches Ausstellungsformat.
1931 Einzelausstellung im städtischen Museum - Haus Obernier - Bonn
Im März 1931 erhält Emil Zuppke eine Einzelausstellung im Obergeschoss
des städtischen Museums - Haus Obernier - Bonn zugesprochen. Hier zeigt
der Künstler eine Auswahl seiner neu geschaffenen Werke - vor allem Land-
schaftsaquarelle und Gouachen. Besonderen Reiz erhält diese Ausstellung,
weil im Erdgeschoss sowie im Museumsanbau eine Auswahl der Werke von
Else Krüger sowie anderer namhafter auswärtiger Künstler zu sehen sind,
die der damals aktuellen Düsseldorfer (Mal-)Schule zugerechnet werden
können (Pudlich, Pankok, Steib, Gobiet, Krutzwicki, Schöllgen, Hergarten
etc.)
Es ist auffällig, dass Emil Zuppke in seiner Einzelausstellung 1931 keinen
Abdruck seiner expressionistischen Linolschnitte mehr zeigt. Das mag zum
großen Teil daran liegen, dass der auch im Alltagsleben immer stärker auf-
keimende Nationalsozialismus (und das damit verbundene Gedankengut)
immer stärker an Einfluss gewinnt.
Den kritisch-sensiblen Künstler, den "malenden" Schullehrer und engagieren
Kunstpädagogen Emil Zuppke mag dies schon relativ früh dazu bewogen
haben, seine Motive - politisch unverfänglicher - in der Landschaftsmalerei
zu suchen. Nur in der Darstellung der "spirrig" wirkenden Bäume und ihres
Geästes lässt sich noch eine gewisse "Reminiszenz" an Emil Zuppkes frühere
expressionistische Linolschnitt-Meisterschaft ablesen.
1933 Unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers am 30.01.1933 beginnt die
"Gleichschaltung der Deutschen Kunst", deren staatsorganisatoriche Basis
von Joseph Göbbels durch das Reichskulturkammergesetz am 22.09.1933
geschaffen wurde. Siehe Kapitel: "Künstler in der NS-Zeit".
Zuständig für das Deutsche Kulturgut ist zukünftig alleine die Reichskultur-
kammer in Berlin mit ihren verschiedenen Reichskammern.
Für alle professionellen, deutschen Maler und Bildhauer ist die "Reichskam-
mer der Bildenden Künste" zuständig, die auch die Standes- und Berufs-
vertretung aller ihr zugehörigen Künstler übernimmt. Die Mitgliedschaft in
der Reichskulturkammer ist für alle professionellen "Deutschen Künstler"
verbindlich und zwingend vorgeschieben.
Alle bisherigen Standesorganisationen (inklusive aller freien Künstlergruppen
und -vereinigungen) werden aufgelöst bzw. zwangsweise in die Reichs-
kulturkammer überführt. Personen ohne Arierausweis werden nach und nach
ausgeschlossen.
Zudem werden Künstler und Künstlerinnen ausgeschlossen, deren Werke
systemkritische Inhalte und/oder "entartete" Kunst darstellen. Die
entsprechenden Feststellungen werden durch einschlägige Gaukammer-
Ausschüsse - für Bonn und Bad Godesberg ist die Gaukammer
Köln-Aachen zuständig - getroffen. Die Ausschüsse entscheiden in der Regel
nach eigenen "Feldbeobachtungen", die von parteilich gebundenen
"(NS-)Kunstbeauftragten" durchgeführt werden. Zulässig sind auch private
Beobachtungen und private Anzeigen, sofern sie von "arischen" Bürger
stammen.
Anonyme Denunziationen sind an der Tagesordnung und werden von
allen Künstlern gefürchtet, deren Werke nicht dem "Volksgeschmack"
entsprechen. Neuaufnahmen in die Reichskulturkammer erfolgen
ausschließlich auf Antrag.
1936 Einzelausstellung im städtischen Museum - Haus Obernier - Bonn
In der Oktober-Ausstellung des städtischen Museums stellen Wilhelm Heise,
Ernst Meurer und Emil Zuppke - jeder exklusiv in einer Folge aneinander-
grenzender Räume im Erdgeschoss, Obergeschoss und Anbau ihre jeweils
aktuellen Werke aus. Die mit dem Namen der jeweiligen Künstler überschrie-
benen Einzelausstellungen sollen einen charakteristischen Querschnitt ihrer
Werke und ihrer Darstellungsstile aufzeigen.
Um seinen Linolschnitten aus den 20-er Jahren "Genüge zu tun", fertigt Emil
Zuppke speziell für diese Ausstellung den Linolschnitt: "Kartenspieler" an.
In diesem zeigt er exemplarisch sein ganzes über Jahrzehnte erworbenes
Können. Zudem stellt der Künstler jeweils einige Beispiele seiner
Zeichnungen und Aquarelle und Gouachen aus den Bereichen Landschafts-
malerei, Portraits und Stillleben aus.
Emil Zuppke: "Die Kartenspieler", Linolschnitt, 1936. Möglicherweise hat Emil
Zuppke in diesem Bild drei seiner Künstlerkollegen portraitiert. Der Spieler
vorne rechts ist Franz M. Jansen, der den Rheinischen Expressionisten zuge-
rechnet wird, "wie aus dem Gesicht geschnitten". Jansens expressionistische
Holzdrucke, vor allem seine Serie "Menschen von Gestern" aus dem Jahr 1918
haben deutlichen Einfluss auf Emil Zuppkes Linolschnittwerke gehabt.
Wahrscheinlich war Emil Zuppke auch einige Male bei seinem Kollegen Franz
M. Jansen und dessen Frau "Fifi" Kreutzer in deren Atelierhaus in Büchel zu
Gast. Der große Kartenspieler in der Mitte wird wohl der Bad Godesberger Künstler-
kollege Hans van Voorthuysen sein.
1937 Die organisatorische Gleichschaltung der Deutschen Kunst im Sinne einer
"nationalsozialistisch geprägten Volkskultur" ist weitgehend abgeschlossen.
Nur diejenigen, die als Mitglieder der Reichskammer der Bildenden Künste
registriert sind, erhalten fortan staatliche Förderungen, öffentliche Aufträge
und Ausstellungsmöglichkeiten in staatlichen Museen sowie im offiziellen
deutschen Kunsthandel. Letztendlich bedeutet der systematische Entzug der
wirtschaftlichen Grundlage ein Berufsverbot für alle "unorganisierten" Künst-
ler in Großdeutschland.
Inwieweit Emil Zuppke als Gründungsmitglied des "Rings Godesberger
Künstler" von dieser Entwicklung direkt betroffen ist und demnach offizielles
Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste wurde, ist unbekannt.
Wahrscheinlich wurde er hauptberuflich als Lehrer eingestuft und seine
künstlerischen Ambitionen daher nicht im Sinne eines "professionellen, auf
Erwerbstätigkeit ausgerichteten Künstlertums" gewertet. Nur dann wäre er
(alleinig) von der Reichskammer der Bildenden Künste als für ihn
zuständigen Berufsverband vertreten worden. Anders als seine Künstler-
kollegen im "Ring Godesberger Künstler" war er damit aber auch bezüglich
der ideologiebedingten Ansprüche der Nationalsozialisten, die diese an eine
"Deutsche Kunst" stellten, außen vor.
Dennoch war es auch für ihn als malenden Kunstpädagogen opportun, sys-
temkritische Thematiken und Motive in seinen Werken tunlichst zu vermei-
den, zumal er weiterhin Kontakt zu den Künstlerkollegen in der inzwischen
offiziell zur "Arbeitsgemeinschaft Godesberer Künstler in der Reichskammer
der Bildenden Künste (AGGK)" umbenannten Künstlergruppe beibehalten und
damit zumindest im Gästestatus zu ihren Ausstellungen eingeladen werden
wollte.
1938 Die Nationalsozialisten erheben Anspruch auf den Namen "Deutsches Kolleg"
Emil Zuppke ist als Kunstpädagoge an diesem privat geführten Gymnasium in
Godesberg tätig. Kurzerhand "liquidieren" die Nazis das Gymnasium. Die
Schüler gehen daraufhin größtenteils auf eine andere, privat geführte Ersatz-
schule, das "Pädagogium Godesberg Otto-Kühne-Schule, kurz PÄDA" ge-
nannt - über. Auch Emil Zuppke wechselt seinen Arbeitgeber.
Obwohl sich nachweislich einige der im "Ring Godesberger Künstler " or-
ganisierten Künstler gegen die formale Auflösung ihrer "freien" Interessens-
gemeinschaft wehren, ist deren Liquidation nicht aufzuhalten.
Man versucht, den Zusammenhalt auf persönlicher Ebene aufrecht zu erhalten
und "akquiriert" - soweit es noch geht - unabhängige Ausstellungsmöglich-
keiten für die Gruppe. Am 22. November 1938 findet die letzte gemeinsame
öffentliche Ausstellung der Gruppe noch unter dem Signet des Ring Godes-
berger Künstler im großen Saal des Rathauses von Bad Godesberg statt.
Laut den Aufzeichnungen von Louis Ziercke stellt auch Emil Zuppke seine
Werke auf dieser Weihnachtsausstellung, die den beziehungsreichen Titel:
"Bilder der Stille" erhält, aus. Emil Zuppke zeigt seine Serie: " Bäume und
Landschaften".
Kriegszeit
1939 Am 1. September 1939 begann mit dem "Blitzkrieg" gegen Polen der 2. Welt-
krieg. Die ursprünglich im Rathaus von Godesberg geplante Weihnachtsaus-
stellung 1939 - zu der eigentlich nur noch "Reichskammermitglieder" zuge-
lassen werden sollten - muss entfallen. Daraufhin organisieren die Künstler
für sich eine eigene, private Weihnachtsausstellung in den Geschäftsstellen
und Reaktionsräumen der lokalen Zeitungspresse. (General-Anzeiger, West-
deutscher Beobachter, Rundschau und Rheinzeitung).
Weihnachtsausstellung 1939 (privat organisiert)
Carl Bettin, Georg Günther, Josef Heinen, Hans von Voorthuysen, Louis
Ziercke und Emil Zuppke präsentieren in den Redaktionsräumen der Zeitun-
gen - jeweils im Zweiergespann und erneut unter dem Ausstellungsmotto:
"Bilder der Stille" - ihre aktuellen Werke. Wahrscheinlich haben auch andere
Künstler aus der Arbeitsgemeinschaft Godesberger Künstle (AGGK) ihre
Werke zu dieser dezentralen Ausstellung eingereicht, konnten aber zum
Eröffungstag wohl nicht mehr persönlich anwesend sein, weil sie - wie auch
Emil Zuppke - zum "Dienst an der Waffe" eingezogen waren.
Emil Zuppke ist als deutscher Staatsbürger mit 45 Jahren noch knapp im
"wehrfähigen" Alter (18 - 45 Jahre). Er wird rekrutiert und als kampferfahre-
ner Artillerist des 1. Weltkriegs zu einer Artillerie-Ausbildungskompanie nach
Thorn/Polen beordert. Emil Zuppke wird zum Leutnant befördert und erhält
eine spezialisierte Ausbildung zum Artillerie-Ausbildungsoffizier. Nach deren
Abschluß wechselt er als Oberleutnant zu einer Artillerie-Ausbildungseinheit
nach Düsseldorf und später nach Hamm. Es folgen relativ kurze Kampfein-
sätze in Russland und am Atlantikwall in Frankreich. Nach seiner Beförderung
zum Hauptmann wird der inzwischen 50-jährige Zuppke gegen Kriegsende
als Kommandeur einer schweren Geschützeinheit zur Verstärkung des stra-
tegischen Küstenschutzes in Oberitalien nahe der französischen Grenze ein-
gesetzt.
Die einschlägige Versorgungslogistik sowohl im deutschen Heer als auch
beim italienischen Achsenmacht-Bündnispartner ist ab 1942/1943 allerdings
bereits ziemlich desolat. Es fehlt vor allem an Ersatzteilen und geeigneter
Munition für die schweren Geschütze. Auch die Einsätze italienischer
Partisanenverbände machen dem Kommandeur zu schaffen.
Nach ihrer Landung auf Sizilien rücken die Alliierten - trotz heftigen Wider-
stands vornehmlich deutscher Truppen - schnell auf dem italienischen Fest-
land vor. Nach Mussolinis Sturz schert Italien durch einen Separatfrieden mit
den Alliierten als ehemaliger Bündnispartner aus der Achsen-Allianz mit den
Deutschen aus. Die deutsche Wehrmacht kämpft auf italienischem Boden
weiter, um ihre Südflanke zu schützen.
1945 Hauptmann Zuppkes schwere Artillerie-Kompanie gerät - wegen Muni-
tionsmangels ohne ernsthafte Gegenwehr - in Oberitalien in amerikanische
Kriegsgefangenschaft. Emil Zuppke wird in Livorno interniert, verhört und
1945 an die für das Rheinland zuständige englische Militärverwaltung
übergeben. Der 2. Weltkrieg ist damit für ihn zu Ende.
Die Kriegszeit im Überblick (Stationierungen von Emil Zuppke)
09/1939 - 11/1939 Bonn, Rekrutierung als Reserve-Offizier
11/1939 - 08/1940 Thorn, Ausbildung zum Artillerie-Ausbilder (Leutn.)
09/1940 - 10/1941 Düsseldorf, Artillerie-Ausbilder (Oberleutnant)
10/1941 - 12/1941 Kampfeinsatz in Russland (Smolensk/Sytschewka) 01/1942 - ? /1942 Hamm, Offiziersschulung schwere Artillerie
1943 - 1944 Küstenschutz Atlantikwall (Frankr.)
1944 - 1945 Küstenschutz Oberitalien (Hauptmann)
Künstlerische Aktivitäten während des Krieges
Emil Zuppkes künstlerisch-kreative Tätigkeit ist natürlich während seiner
Dienstzeit in der deutschen Wehrmacht stark eingeschränkt, aber nicht gänz-
lich unterbrochen.
Anfänglich - während seiner Zeit in Thorn, Düsseldorf und Hamm - zeichnete
er mit einem Tuschestift auf 20 x 30 cm großen Papierbögen Karikaturen, die
das Soldatenleben seiner Artillerie-Kameraden in der Kaserne auf humoris-
tische Weise auf's Korn nehmen. Natürlich geht es um Verpflegung, um die
"Marotten" und "Lebensweisheiten" der Vorgesetzen, um Einzugs-, Ver-
setzungs- Urlaubs-, Flirt- und Unterhaltungsszenarien der Soldaten.
Emil Zuppke: Auszug von Karikaturzeichnungen zum Soldatenleben 1939 - 1942
(Zur Vergrößerung bitte auf die Abbildungen klicken)
Wie viele andere Künstler auch, hatte Emil Zuppke in seinem Gepäck stets
ein Reise-Skizzenbuch dabei, in das er Eindrücke und interessante Motive,
die er an seinen sehr unterschiedlichen Einsatzorten beim Kampfeinsatz in
Russland, am Atlantikwall in Frankreich sowie als Kommandeur einer
schweren Küstenbatterie in Oberitalien vorfand, per Bleistiftzeichnung
fixierte.
(Siehe Werkverzeichnis: Skizzenbücher sowie Russland- und Italienmappe)
In aller Regel beschränkten sich seine Motive auf Landschaften. Nur sehr
selten sind Personen "eingestreut". Das konkrete Kriegsgeschehen, Waffen
und Zerstörungen, blendete Emil Zuppke in seinen Skizzen komplett aus.
Einzig die realistischen Portraitskizzen einiger seiner Artillerie-Kameraden
(in Uniform) sowie die beeindruckenden Konterfeis von russischen Kriegs-
gefangenen und russischen Bäuerinnen, die während seines Einsatzes
in Russland entstanden, weisen auf Kriegszeiten hin.
Emil Zuppke: Portraitskizzen von Kameraden (2), russischen Kriegsgefangenen (4)
russische Bäuerin (1), Russische Dame (1) (alle 11/1941)
In Vorbereitung möglicher späterer Ausarbeitung hat Emil Zuppke einige
seiner Landschaftsskizzen als Erinnerungsstütze mit handschriftlichen Farb-
angaben zur Tonalität des jeweiligen Motives versehen. Gelegentlich fertigt
er in seinen Skizzenbüchern auch kleine, flüchtige Aquarelle (maximal in
Postkartengröße) an, um die spezifischen Stimmungen vor Ort "einzufangen".
Vielfach entstehen nach diesen Aufzeichnungen später großformatigere Arbei-
ten (in aller Regel Gouachen mit Temperafarben).
Emil Zuppke: Beispiele für nachträgliche Ausarbeitung der Skizzen aus seinen Skizzen-
büchern (siehe oben) als großformatige Tempera-Gouachen
Die Gesetzmäßigkeiten der Freilichtmalerei hatte Emil Zuppke - parallel zu
seiner Verpflichtung als Artillerie-Ausbildungsoffizier - während seiner Zeit in
Düsseldorf im Detail kennengelernt. Dort machte er die Bekanntschaft von
Professor Junghanns, der an der Kunstakademie Düsseldorf lehrte.
Prof. Julius Paul Junghanns (1875 -1958) war eine einflussreiche Persönlich-
keit in Düsseldorf. 1904 - mit gerade mal 28 Jahren wird er bereits als
Professor an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen und in der Folge zum
Leiter der Meisterklasse für Tier- und Freilichtmalerei ernannt. Als führender
Vertreter der von Adolf Hitler als deutsche "Blut- und Boden-Kunst"
bezeichneten Kunstrichtung genießt der die besondere Wertschätzung der
NS-Machthaber und wird entsprechend hofiert.
Übergangsweise zum stellvertretenden Akademieleiter und Dekan ernannt,
wirkt Junghanns in der Folgezeit maßgeblich an der Durchsetzung einer
betont "Deutschen Kunst" an der Kunstakademie Düsseldorf mit.
So müssen rund die Hälfte aller Professoren auf Druck der Nationalsozialisten
wegen ihrer "volksfeindlich-zersetzenden" Kunstauffassungen - darunter
Paul Klee, Ewald Matare und Heinrich Campendonk - die Akademie verlassen.
In dieser Zeit sammelt Professor Junghanns einen Kreis vielversprechender
junger deutscher Meisterschüler um sich. Dieser (Förder-)Kreis reduziert sich
allerdings zu Kriegsbeginn deutlich, da viele seiner Schüler ab 1939 einge-
zogen werden und als Wehrmachtsangehörige nicht mehr für weitere
Studien- und Förderprojekte in der Akademie zur Verfügung stehen können.
Die meisten dieser talentierten jungen Maler werden weitab von Düsseldorf
stationiert und fallen im Laufe des Krieges.
Als Kunstpädagoge und Wehrmachtsoffizier bemüht sich Emil Zuppke darum,
diejenigen Künstlerkollegen, die - wie er - am Einsatzort Düsseldorf kaser-
niert sind, zu einem "lockeren" Kreis kunstinteressierter Wehrmachtsange-
höriger zusammenzuführen. Man trifft sich in Emil Zuppkes Quartier in
der Kaserne, diskutiert regelmäßig über aktuelle und historische Kunstströ-
mungen, besucht gemeinsam Museen und Ausstellungen und organisiert -
soweit dies die Dienstpläne zulassen - auch gemeiname Malausflüge, meist
an den Niederrhein. Prof. Junghanns läßt es sich auf diesen Exkursionen nicht
nehmen, dem relativ heterogen zusammengesetzten Malerkreis die Beson-
derheiten der Freilichtmalerei näherzubringen und auf Tricks und Tipps zur
Bildkomposition und zur Farbanlage der Bilder hinzuweisen.
Aus seiner Zeit in Düsseldorf resultiert auch Emil Zuppkes persönliche Freund-
schaft zu dem talentierten jungen Maler Max Müller, der aus Hagen stammt
und sich "Müller von Hagen" (Künstlername) nennt. Sie malen gemeinsam.
Emil Zuppke vornehmlich Aquarelle und Gouachen, Müller von Hagen
vorwiegend Ölgemälde.
Unter anderem malt Müller von Hagen 1941 ein Portrait seines Freundes.
Es zeigt Emil Zuppke als einen eher kantig-hageren Mann, der mit
"wachen" Augen und einer gewissen Gelassenheit seine Pfeife raucht und
damit sowohl die nachdenkliche Distanz eines sensiblen Künstlers, als auch
die Bestimmtheit eines kommandierenden Offiziers vermittelt. Leider ist über
den Maler Müller von Hagen nur wenig bekannt. Auch er ist gegen Ende des
zweiten Weltkrieges gefallen. Emil Zuppke sandte alle Unterlagen und die bei
ihm eingelagerten Ölbilder aus dieser Zeit an dessen Familie und behielt nur
einige Skizzen sowie das ihm von seinem Freund zugedachte eigene
Portraitbildnis.
Nachkriegszeit - Die Stunde Null
1946 Emil Zuppke kehrt Anfang 1946 aus der Internierung, die die amerikanische
und englische Militärverwaltung für gefangen genommene Offiziere der
deutschen Wehrmacht in Livorno eingerichtet hatte, nach Bad Godesberg
zurück. Er wird der englischen Militärverwaltung im Rheinland überstellt. Bei
der englischen Militärverwaltung lag bereits ein Antrag vor, alle ehemaligen
Lehrer des Deutschen Kollegs - sofern sie den Krieg überlebt hatten - sofort
wieder in den Schuldienst zu übernehmen. Dem Antrag wird stattgegeben
und so nimmt Emil Zuppke im Rang eines Studenrates seine Arbeit als
Kunstlehrer am Pädagogium Otto-Kühne-Schule (PÄDA) wieder auf.
Zusätzlich unterrichtet er dort in der Folgezeit die Fächer Erdkunde, Biologie
und Mathematik. Wie schon zuvor, gilt allerdings sein besonderes Interesse
der Kunsterziehung.
Der inzwischen 51-jährige Studienrat Emil Zuppke ist ein anerkannt guter
Kunstlehrer, der es schafft, die besonderen Talente seiner künstlerisch
begabten Schüler zu erkennen und soweit zu bündeln, dass ihnen der Weg
zu einem weiterführenden Hochschulstudium im Kunstbereich offen steht.
Tatsächlich berufen sich nicht wenige seiner Schüler aus der ersten Nach-
kriegsgeneration in ihren Biografien explizit auf ihren damaligen Kunstlehrer
Emil Zuppke, der ihren weiteren künstlerischen Lebensweg vorgeprägt habe
und ihr maßgeblicher künstlerischer "Impulsgeber" in dieser Zeit gewesen sei.
1947 Nach und nach "normalisieren" sich die Lebensverhältnisse für die Zivilbevöl-
kerung wieder. Man hat den Krieg überlebt und ist mit Aufräum-, Reparatur-
und Neubauarbeiten beschäftigt. Und weil die Versorgungslage in der Bevöl-
kerung noch schwierig ist, blüht allenthalben der Schwarzmarkthandel. Man
geht "organisieren", versorgt sich - soweit es geht - durch Realtauschge-
schäfte oder durch "Maggeln" und "Fringsen" (Kohlenklau) mit dem Lebens-
notwendigsten.
Ein regelrechter Hunger nach Unterhaltung, nach leichterer wie auch
nach anspruchsvollerer Kunst entsteht. Nahezu alle vor dem Krieg für Kunst-
ausstellungen verfügbaren Räumlichkeien sind zerstört oder anderweitig von
den Besatzungsmächten requiriert worden. Auch das Städtische Museum -
Haus Obernier - in Bonn fiel den Bomben beim schweren Luftangriff vom
18.10.1944 zum Opfer. Die Ruine brannte vollständig aus und wurde später
abgerissen. Und so ist es den Privatinitiativen des Godesberger Schulamts-
leiters Thünker, des designierten Bonner Museumsdirektors Dr. Walter
Holzhausen sowie den Künstlervertreter Martin Frey (Godesberg) und
Willy M. Stucke (Bonn) zu verdanken, dass die Ersatzräumlichkeiten der ehe-
maligen Michaelschule an der Friesdorfer Straße - ein hölzener Baracken-
trakt - vor ihrem Um- und Neubau für eine erste Übersichts- und Verkaufs-
ausstellung Bonner und Godesberger Künstler freigeräumt werden konnte.
1. Große Nachkriegs-Weihnachtsausstellung der Stadt Bonn 1947
Alles was in der Region Rang und Namen in Sachen Kunst hat - auch "frisch
zureiste" Künstler wie Paul Magar und andere - nehmen an dieser Ausstellung
teil. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse wird jedem der beteiligten
33 (!) Künstler die Präsentation von jeweils zwei neugeschaffenen Werken
zugestanden.
Damit soll einerseits den Künstlern geholfen werden, sich beim regionalem
Kunstpublikum nach dem Krieg wieder zurückzumelden und andererseits dem
kunstsinnigen Publikum Gelegenheit geboten werden, zu sehen, in welche
Richtung sich die neue deutsche Nachkriegskunst entwickeln wird. Nach
Hitlers und Göbbels Kunstdiktat von 1933 war künstlerisch ein gewisses
Vakuum um die "Deutsche Kunst" herum entstanden. Ein Vakuum, das nicht
so ohne weiteres wieder aufgefüllt werden konnte. Man braucht einfach Zeit,
um den Anschluß an die wichtigsten internationalen Kunstströmungen wieder
aufzunehmen.
Emil Zuppke nimmt mit zwei Werken an dieser "Bestandsaufnahme" teil.
Emil Zuppke: Zwei Versionen seiner "Zeitungsleser unter der Laterne" (Linolschnitt
und Gouache von 1947). Emil Zuppke thematisiert damit den
"Informationshunger" der Bevolkerung kurz nach dem Krieg. Vielfach
war die Stromversorgung in den zerstörten Häusern noch unzureichend,
so dass man abends das Licht der (Godesberger) Parklampen zum
Zeitungslesen nutzte. Sammlung: Lars Gagner, Stockholm
Weitere ausstellende "Künstler der 1.Stunde" waren:
aus Godesberg: Carl von Ackeren. Herman Berges, Clemens Pasch, Erika
Lenzner, Annemarie Suckow, Magda Auer, Alexander Fischel, Martin Frey,
Rudolf Gosekuhl, Paul Hanert, Paul Magar, Yngve Nilsson, Hermann Schmitz-
Mayen, Ruth Underberg, Hans von Voorthuysen und Emil Zuppke
aus Bonn: Hans Bauer, Otto Baumann, Hans (Juan) Dotterweich, Jupp Heinz,
Ernst Meurer, Gustav Peers, Illa Simmet, Willy M. Stucke, Julius Bretz, Helmut
Mense, Carlo Mense, Hans Engel, Maria Haerle, Grete Schlegel sowie die Ver-
treter der Alfterer Donnerstaggesellschaft - Hubert Berke und Hann Trier.
Leider sind die einzelnen Exponate dieser "Bestandsaufnahme" nicht durch-
gängig fotografisch dokumentiert worden. Die Ausstellung wird aber - wie in
den Rezessionen der regionalen Zeitungen zu lesen ist - vom Publikum sehr
gut angenommen. Sie verfehlt allerdings wegen des immensen individuellen
Stil-Angebotes ihren Zweck, Orientierung über eine bevorzugte Nachkriegs-
stilrichtung zu geben.
Das Publikum ist angesichts der Vielfalt des Angebotes eher verwirrt, zumal
- wie festgestellt wird - alle Künstler selbst noch experimentieren und nach
einer eigenen Positionierung und Standort-Bestimmung im internationalen
Stilvergleich zwischen Kubismus, Abstraktion, Konstruktivismus, Futurismus,
Informel etc. suchen.
Auf der Suche nach einem neuen Nachkriegsstil
Auch Emil Zuppke experimentiert. Er adaptiert verschiedene dieser neuen
malerischen Stilarten, nimmt Motive und malerische Anleihen von Malern wie
Henri Matisse, Georges Braque, Juan Gris und Amedeon Modigliani auf, um sie
- ohne sie zu kopieren - in seine eigenen Werke einfließen zu lassen.
Emil Zuppke: Künstlerischer Neuanfang - Versuche und Experimente zur "Stunde Null"
1948 Mit der Währungsreform vom 20.06.1948 beginnt für die "Eingeborenen von
Trizonesien" die deutsche Wirtschaftswunderzeit. ("Wir sind die Eingeborenen
von Trizonesien" = Liedtitel der 1. Kölner Karnevalssession nach dem Krieg -
gemeint sind die Bewohner der amerikanischen, englischen, und franzö-
sischen Besatzungszone). Die Wirtschaft kommt als "soziale Marktwirtschaft"
unter dem deutschen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard allmählich wieder in
Schwung.
1949 Nach der Verkündung des Grundgesetzes am 23.05.1949 erhält Bonn einen
Sonderstatus als provisorische Bundeshauptstadt. Dies hat für die Stadt und
ihre Künstler nachhaltige Konsequenzen nicht nur im politischen, sondern
auch im städtebaulichen und kulturellen Bereich. Die Initiative "Kunst am
Bau", nach deren parlamentarischer Verabschiedung die öffentliche Hand
angewiesen ist, bis zu 3 Prozent der jeweils geplanten Bausumme in
baubegleitender Kunst anzulegen, zieht nicht wenige Künstler an, sich im
erweiterten Umfeld von Köln und Bonn niederzulassen.
Zudem erfährt Bonn im Zuge der Errichtung der Ministerien und Bundesämter
sowie durch die neu angesiedelten diplomatischen Vertretungen und
Botschaften eine intensive Förderung seiner kulturvermittelnden Infrastruk-
turen. Der Bau und Betrieb der Bonner Beethovenhalle sowie der Bonner
Oper wertet die Stadt auch international als "Musikstadt" auf.
Später folgt durch die Bauten der Museumsmeile (Bundeskunsthalle,
Kunstmuseum Bonn, Rheinisches Landesmuseum, Haus der Geschichte etc.)
auch eine Aufwertung im Bereich der Bildenden Kunst sowie - von Helmut
Kohl initiiert - der Geschichtsforschung und Geschichtsdokumentation.
Rheinische Denkmalpflege
Emil Zuppke ist auf seine Art schon früh an der Entwicklung einer regionalen
Geschichtsforschung und Geschichtsdokumentation in Bonn und Bad Godes-
berg beteiligt. Neben seiner erfolgreichen Tätigkeit als Lehrer und Kunstpäda-
goge am Pädagogium Otto-Kühne-Schule engagiert er sich bereits in den
50-er Jahren intensiv in der rheinischen Denkmalpflege. In Zusammenarbeit
mit dem Rheinischen Landesmuseum erstellt er einen Kataster historischer
Wegekreuze im gesamten Landkreis Bonn. Neben der Registrierung obliegt
ihm auch eine Bestimmung und Einordnung der jeweiligen Artefakten. Und hier
erweisen sich Emil Zuppkes durch jahrzehntelang geübte Kreativumsetzungen
erworbene Kenntnisse der Symbole und Zeichen im christlich-ikonografischen
Bereich als besonders wertvoll und hilfreich. Schon bald ist er ein gefragter
Spezialist in der Interpretation der Herkunft und Funktion rheinischer Weg-
kreuze.
Emil Zuppke tritt bereits kurz nach Ende des Krieges dem Arbeitskreis des
Godesberger Heimat- und Geschichtsverein bei. Man bemüht sich darum,
historische Unterlagen für die Rekonstruktion und den Wiederaufbau von
Godesberger Baudenkmälern in alten Archiven zu suchen und für private und
öffentliche Bauherren bereitzustellen. Inbesondere fühlt man sich verpflichtet,
die in öffntlicher Hand befindlichen, durch die Wirrnisse des Krieges stark in
Mitleidenschaft gezogenen und inzwischen durch Verwitterung und Grün-
bewuchs weitgehend verrotteten historische Wegmarkierungen auf Godes-
berger Gebiet aufzuarbeiten.
Emil Zuppke erweitert sein Arbeitsgebiet der historischen Wegkreuze zunächst
um das Thema Grenzsteine und andere Formen historischer Grenzziehungen
(Pfähle, Baum-Markierungen, Mauern, Wälle etc.).
Schließlich nimmt er auch das erheblich umfassendere Thema "Grabkreuze"
in sein Arbeitsgebiet mit auf. Historische Grabkreuze und ihre Interpretationen
stellen deutlich höhere Ansprüche an das entsprechende Hintergrundswissen,
da zusätzlich zur ikonografischen Bedeutung der abgebildeten Symbole und
Schriftzeichen stets auch Informationen über die jeweilige Person und ihre
Lebensumstände zu eruieren sind, an die das jeweilige Grabkreuz erinnern
soll. Seine Forschungsergebnisse veröffentlicht Emil Zuppke in den "Godes-
berger Heimatblättern".
1963 erscheint die erste, vom "Verein Heimatpflege und Heimatgeschichte
(VHH) Godesberg" herausgegebene Ausgabe der Godesberger Heimatblätter.
In den Folgejahren (bis 1977) steuert Emil Zuppke in nahezu jeder Ausgabe
einen Beitrag mit seinen kunstwissenschaftlichen Forschungsergebnisse bei.
Daneben hält er Vorträge und bietet sachkundige Führungen für Interessen-
ten und Laien zu den jeweiligen Artefakten im regionalen Umfeld an.
Emil Zuppke: Kataster-Dokumentation historischer Wegkreuze im Landkreis Bonn fü+r das
Rheinische Landesmuseum Bonn
Künstlerisches Schaffen in der Nachkriegszeit
Auch wenn sich Emil Zuppkes zeitliches Engagement im heimatkundlichen
Bereich vervielfacht, hält er doch an seiner künstlerischen Berufung fest. Er
malt und zeichnet unermüdlich weiter. Vor allem in den 50-er und 60-er Jahren
"arbeitet er seine Skizzenbücher aus dem Krieg auf", spürt den örtlichen
Gegebenheiten und den damals empfundenen Landschaftsstimmungen nach,
die er während seines Einsatzes in Oberitalien und Südfrankreich erlebt und
aufgezeichnet hatte.
Maltechnisch bevorzugt er inzwischen die Tempera-Malerei, die er in vielerlei
Hinsicht ausreizt. So setzt er beispielsweise eine Zeit lang Rauhfasertapeten
als Malgrund ein, wohl wissend, dass ein und dasselbe Bild - je nach aktuellen
Lichtverhältnissen bei seitlichem Streiflicht, "plattem Auflicht", bei partieller
Beleuchtung oder aus dem Schatten betrachtet - völlig unterschiedliche
Motivanmutungen und Stimmungen beim Betrachter auslösen kann.
In gewisser Weise kehrt er in seine Jugendzeit zurück. Seine Werke nehmen
die volltönige Farbgebung der rheinischen Expressionisten vor dem
1. Weltkrieg wieder auf. Sie sind bunt und erinnern in ihrem Farbspiel und
in ihrer Lichtsetzung entfernt - aber keineswegs unabsichtlich - an August
Mackes "Tunisreise".
Malerische Entwicklung (am Beispiel Boote)
Emil Zuppke: (obere Reihe) konstruktiver Stil; (untere Reihe) reduktiver Stil
(Zur Vergrößerung bitte auf die Abbildungen klicken)
Emil Zuppke: adaptierte (expressionistische) Stilformen
Zeichnerische Entwicklung
Emil Zuppkes Zeichenkunst weißt einige für ihn typische Besonderkeiten
aus. Wahrscheinlich ist es auf die jahrzehntelange Übung und Erfahrung des
Künstlers in der präzisen Bildgestaltung von Linol- und Holzschnitten
zurückzuführen, dass er auch in seinen ungeheuer dichten und diffizilen
künstlerischen Handzeichnungen den harten Schwarz-Weiß-Kontrast bevor-
zugt. Schattierungen legt er als mehr oder weniger enge Strichschraffuren
an, wodurch viele seiner Handzeichnungen den Charakter von Stahlstichen
annehmen. Wie am Beispiel seiner "Totentanz"-Serie eindrucksvoll belegt
werden kann, versteht Emil Zuppke es meisterhaft, selbst in schwierig-
sten Detaildarstellungen ein "Zulaufen" oder "Versuppen" der Flächen-
wirkung sowohl in den hellen, als auch in den dunklen Bildpartien zu ver-
meiden. Seine Zeichnungen bleiben in ihrer räumlichen Konfiguration stets
"transparent". Vorder- und Hintergrund, Höhen und Tiefen, Licht- und
Schattenwurf sind (selbst in Gewandfalten) eindeutig bestimmbar.
1960 Emil Zuppke erreicht das Pensionsalter
für Lehrer. Er kann aber nicht von der
Kunstvermittlung lassen und so lehrt er noch volle 10 Jahre freiwillig als
Kunstpädagoge an "seinem" PÄDA
(Pädagogium Otto-Kühne-Schule)
weiter. Sein Beruf ist ihm auch weiter-
hin Berufung.
Und so wird das Bild eines schlanken,
inzwischen weißhaarigen älteren
Herren, der hoch aufgerichtet auf
seinem Fahrrad auf dem Weg zur
Schule ist oder kreuz und quer zum
Besuch eines interessanten Baudenk-
mals durch Godesberg radelt, für viele
Godesberger ein alltäglicher und durch-
aus vertrauter Anblick. Viele kennen ihn
ja auch noch als Lehrer aus ihrer
eigenen Schulzeit.
1976 In Anerkennung seiner Verdienste um die Denkmalpflege wird Emil Zuppke
zum Ehrenmitglied des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte
ernannt.
1977 Im Folgejahr 1977 wird ihm auf Initiative seines
inzwischen zum Godesberger Bürgermeisters ge-
wählten Freundes und Kollegen Heinrich Hopmann
vom Landschaftsverband Rheinland im Rahmen
einer Feierstunde im Godesberger Rathaus der
neugestaltete Rheinlandtaler verliehen.
Im gleichen Jahr verstirbt Emil Zuppkes Ehefrau
Anna Maria, mit der er durch 53 Jahre verbunden
war. Ihr Tod geht ihn schwer an. Aber selbst im
hohem Alter - Emil Zuppke ist inzwischen über 80
Jahre alt - arbeitet der Künstler tagtäglich sehr diszipliniert in seinem Atelier
in der Godesberger Kronprinzenstraße 35. Hier bewohnt er - zusammen mit
seinen Töchtern Dietlind Zuppke und Uta Gagner eine großzügige Villa mit
einem sonnigen parkähnlich angelegten Garten.
Emil Zuppke: Wohn und Atelierhaus in der Kronprinzenstraße 35 in Bad Godesberg
Das Spätwerk Emil Zuppkes
In gewisser Weise stellt das Spätwerk Emil Zuppkes künstlerisch eine
Essenz seines Schaffens dar. Sieht man von einzelnen Linolschnittten ab,
die Emil Zuppke u.a. im Auftrag Godesberger Karnevalsvereine zur
Anzeigengestaltung sowie zur Ausgestaltung von Programmheften schuf,
konzentriert sich der Künstler in seinen letzten Lebensjahren konsequent auf
die Erkundung der gestalterischen Basiselemente Farbe und Form. Dabei
interessiert ihn weniger die Darstellung eines konkreten Motivs, als vielmehr
dessen Erkennbarkeit und die emotionalen Wirkungsmöglichkeiten, die durch
eine betont expressionistische Farbgestaltung entstehen. In aller Regel be-
stehen seine Spätwerke inhaltlich aus kunstvoll aneinandergereihten "Land-
schafts-Chiffren" für Berge, Wasser, Wolken und Einzelbäumen bzw. Baum-
gruppen. Hunderte von Farbstudien in Aquarell- oder Gouachetechnik
entstehen.
1980 Ein bewegtes, der bildenden
Kunst, der Kunsthistorie und
der Kunstpädagogik
gewidmetes Leben neigt sich
dem Ende zu.
Emil Zuppke verstirbt - still und
friedlich - im Alter von 85
Jahren am 26. September 1980
in seinem Haus in Bad
Godesberg.
Er überlebt den früh gefallenen
August Macke um tagesgenau
66 Jahre.
Emil Zuppke wird im Familien-
grab - begleitet von einer
Vielzahl ehemaliger Schüler,
Freunde und Bekannte - auf
dem Godesberger Hochkreuz-
Friedhof begraben.
Bild rechts:
Emil Zuppke: "Spiel der Hände"
(1929)
Todestag 26.09.1980
Emil August Erwin Zuppke war
mit seinen eigenen künstleri-
schen Arbeiten - vor allem mit
seinen meisterlichen Linol-
schnitten der 20er und 30er
Jahre - ein autonomer "Weg-
begleiter" der Rheinischen
Expressionisten und zugleich
ein namhafter Vertreter der
sakralen Kunst im Rheinland.
Als Mitglied des Rings Godes-
berger Künstler beeinflusste
er - zusammen mit seinen
Künstlerkollegen - maßgeblich
die Kunst der "Zwischenzeit"
(zwischen den beiden Welt-
kriegen). Als erfahrener Kunst-
pädagoge war er nach dem
zweiten Weltkrieg Bezugs-
person und Ziehvater junger
Bonner Künstler und als Kunst-
historiker ein veritabler, der
regionalen Denkmalpflege
verpflichteter Heimatforscher.
Nachtrag: Posthume Ausstellungen / Beteiligungen
1982 „Die Generation der Vergessenen“
Lichtbildvortrag von Dr. Irmgard Wolf von der Arbeitsgemeinschaft Bildung
und Kultur e.V. in der Stadthalle Bad Godesberg.
Frau Dr. Wolf erinnerte in ihrem Lichtbildvortrag an das Wirken derjenigen
Künstler, die als Mitglieder des "Rings Godesberger Künstler" die Zwischen-
zeit (zwischen den beiden Weltkriegen) künstlerisch maßgeblich mitge-
prägt haben, aber dann leider weitgehend in Vergessenheit“ gerieten. So
unter anderem: Carl v. Ackeren, Alexander Fischel, Rudolf Gosekuhl, Hans
v. Voorthuysen, Toni Wolter, Louis Ziercke und Emil Zuppke. Die große
Publikumsresonanz auf ihren Vortrag führte zu einer Sonderausstellung
im Folgejahr.
1983 „Die Generation der Vergessenen“
Kunstausstellung der Arbeitsgemeinschaft Bildung und Kultur e.V. in den
Räumlichkeiten der Volkshochschule Bad Godesberg. Entsprechend dem
gleichnamigen Lichtbildvortrag von Dr. Irmgard Wolf aus dem Vorjahr 1982
waren rund 60 aus den Beständen/Nachlässen der Künstler zusammen-
getragene Originalwerke zu sehen. Die erst nach dem 2. Weltkrieg dem
"Ring Godesberger Künstler" beigetretenen Maler Paul Magar, Martin Frey
und Arno Reins wurden nicht der „Generation der Vergessenen“
zugerechnet und blieben daher unberücksichtigt.
1994 „Emil Zuppke - Russland 1941 – 1943“
Privatausstellung von Ingrid von der Dollen in deren Anwesen in Honnef.
In Vorbereitung auf den 100. Geburtstag des Künstlers zeigte Frau von
Dollen Aquarelle und Zeichnungen aus Emil Zuppkes gleichnamigen
Mappenwerk.
1996 „Gedenkausstellung Emil Zuppke“
Der „Verein Heimatpflege und Heimatgeschichte (VHH) Godesberg“
organisierte anlässlich des 100.Geburtstages seines Ehrenmitglieds
eine große Retrospektiv-Ausstellung der Werke Emil Zuppkes im
„Haus an der Redoute“ in Bad Godesberg. Eine Auswahl von insgesamt
60 repräsentativen Arbeiten aus allen Phasen seines künstlerischen
Schaffens wurden vorgestellt.
1999 „Emil Zuppke – Italienische Landschaften und Bäume“
Privatausstellung der Töchter des Künstlers in dessen Wohn- und
Atelierhaus in der Kronprinzenstraße 35 in Bad Godesberg. Gezeigt wurde
ein thematischer Auszug aus dem Künstler-Oeuvre.
2000 „Christus an Rhein und Ruhr – Die Wiederentdeckung des
Sakralen in der Moderne“
Museumsausstellung im August-Macke-Haus, Bonn. Emil Zuppke war in
dieser Ausstellung mit vier Linolschnitten aus seiner frühen Schaffens-
phase beteiligt.
2010 „800 Jahre Godesburg“
Jubiläumsausstellung im Stadtarchiv Bonn. Zu dieser Ausstellung wurden
verschiedene Burgansichten von Godesberger Künstlern, darunter zwei
Aquarelle und ein Linolschnitt aus den 30-er Jahren von Emil Zuppke
gezeigt.