Walt(h)er Rath (1886 - 1935)

Foto Walther Rath

1886     Walther Rath erblickt am 4. Juni 1886 als eines

             von zwei Kindern des Ehepaares Carl und

             Amanda Rath in Hamm das Licht der Welt. Der

             Vater ist von Beruf (Bau-)Ingenieur, die Mutter

             stammt aus der alteingesessenen Hammer

             Bauunternehmerfamilie Boenninghaus. Sie

             bringt eine beachtliche Mitgift in die Ehe ein.

             Carl - Walthers Vater - erweitert sein eigenes

             Baugeschäft damit. Die Familie gilt als wohl-

             habend. Margarethe Rath - Walthers Schwester

             - geht wie ihr Bruder, in Hamm zur Schule.

             Als der Vater ernsthaft erkrankt und pflege-

             bedürftig wird, zieht das Ehepaar nach Burg-

             steinfurth. Die Kinder werden in die Obhut

             der Tanten Catharina, Eleonore und Hortense

             Boenninghaus gegeben.        

1900     Die (unverheirateten) Tanten ziehen nach Bonn um und eröffnen in der

             Baumschulallee 78 - schräg gegenüber dem Beethovenplatz - ein Mädchen-

             pensionat, in dem sie höheren Töchtern Unterricht in standesgemäßer Haus-

             wirtschaftslehre erteilen (Das Haus existiert nicht mehr. Heute befindet sich

             an dieser Stelle das Hotel Esplanade). Walther und Margarethe, die Zieh-

             kinder der drei Tanten, werden von Hamm nach Bonn mitgenommen.

             Walther Rath besucht bis zum "Einjährigen" (mittlere Reife) das Beethoven-.

             gymnasium in Bonn. Er ist musisch begabt und kann für sein Alter bereits

             sehr gut zeichnen und malen.        

1902     Die Tanten setzen ihren Zögling als jungen "Zeichenlehrer" in ihrem Mäd-

             chenpensionat ein. Im Rahmen der Ausbildung im Fach Hauswirtschaftslehre

             ist Walther für die künstlerisch-handwerkliche Anleitung der jungen Damen

             zuständig. Er ist einerseits "der Hahn im Korb". Der einzige junge Mann

             zwischen lauter Frauen!  Groß, schlank, blond und attraktiv. Andererseits

             aber muss Walther strikte "Contenance" bewahren. Darauf achten seine

             Tanten und verfolgen akribisch sein Benehmen; jederzeit bereit, ihn

             zu maßregeln, falls er (oder die jungen Damen) sich - ihrer Meinung nach -

             nicht im Griff haben. Dass der gerade mal 16-jährige Jüngling unter diesen

             Umständen ein recht zwiespältiges Verhältnis zur holden Weiblichkeit ent-

             wickelt, ist verständlich.

1904     Walther Rath bewirbt sich mit dem "Einjährigen" in der Tasche zu einem

             Zeichenstudium an der Düsseldofer Kunstgewerbeschule. Die Kunstge-

             werbeschule bildet unter anderem in einem mehrsemestrigen Kurssystem

            "Zeichen- und Werklehrer" aus. Lehrer-Tätigkeiten zählen damals - im

             Unterschied zur freien Kunst (von Künstlern) -  zu den gewerblichen Tätig-

             keiten. Erst später erfolgte ihre Integration in akademische, respektive

             universitäre Ausbildungsgänge. Die zeichnerische Basisausbildung ist

             bei den künstlerischen und den anwendungsorientiert-pädagogischen

             Studiengängen ähnlich. Schließlich gilt es, zunächst einmal das "Zeichnen"

             als Fertigkeit zu lernen. Und das ist in aller Regel mit viel, viel Übung ver-

             bunden. Übung darin, wie man den Zeichenstift führt, Übung darin, wie

             man Licht- und Schattenwirkung erzeugt und Übung darin, wie unter-

             schiedliche Objekte, Materialien und Oberflächen darzustellen sind.

             Zudem gilt es, nach und nach die Gesetzmäßigkeiten des perspektivischen

             Zeichnens zu beherrschen, Material-Transparenzen, Spiegelungen und

             gegenseitige Luminiszenzen um und auf Objekten (wie z.B. Streiflichter auf

             Wasser etc.) sicher zu erfassen und zeichnerisch umzusetzen. Die "hohe"

             Kunst des Zeichnens schließlich ist der Faltenwurf, der solide anatomische

             Kenntnisse der menschlichen Statur und der Bewegungsmöglichkeit

             menschlicher Glieder voraussetzt. Diese zeichnerische Basisausbildung

             braucht einfach ihre Zeit und wird von vielen Studenten als überaus

             ermüdend und langweilig empfunden. So auch von Walther Rath. Die

            "Vorkurse" des Grundstudiums möchte er sich schenken. Und als er eine

             vage Möglichkeit dazu sieht, nimmt er sie wahr.

1905     Walther Rath wechselt von der Kunstgewerbeschule Düsseldorf zur neu

             eingerichteten Hochschule für bildende Künste nach Weimar. Kurz zuvor

             hatte der bekannte Maler Hans Olde (Kunstschule Weimar) zusammen mit

             dem Bildhauer Adolf Brutt (Bildhauerschule Weimar) und dem Architekten

             Henry van der Velde (Kunstgewerbeschule Weimar) diese Hochschule aus

             den verschiedenen Institutionen zusammengefügt. Aber ohne nachgewie-

             sene Grundausbildung will Prof. Hans Olde den jungen Mann nicht als

             Studenten annehmen. Es blieb Walther Rath nichts anderes übrig, als sich

             in das Grundstudium (Klasse des Malers Prof. Max Thedy) in Weimar einzu-

             schreiben. Nach einem Semester hat er genug.

             Er wechselt zurück zur Kunstgewerbeschule nach Düsseldorf. Möglicher-

             weise ist sein Entschluß, nach Düsseldorf zurückzugehen, maßgeblich davon

             beeinflusst, dass die Firma seines Vaters 1905 vor dem Konkurs steht und

             er die finanzielle Unterstützung durch die Familie damit verliert. 

1906      Walther Rath besucht das Zeichenlehrerseminar für das Lehramt für höhere

              Schulen an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf. Sein Lehrer wird Professor

              Heinrich Reifferscheid. Neben dem Zeichenlehrerseminar besucht Walther

              Rath Kurse in "freier Kunst" an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf und

              kommt mit den Malern August Deusser, Max Clarenbach und Wilhelm

              Schmurr in Kontakt. Diese gründen gemeinsam den "Sonderbund" in

              Düsseldorf. Er selbst wird aktives Mitglied im "Künstlerbund Düsseldorf",

              der als Teil des übergreifenden "Deutschen Künstlerbundes" zum Anfang

              des 20. Jahrhunderts die erste, überlokale Vertretung der allerorts gebil-

              deten Künstlersezessionen darstellt.

1907       Walther Rath wechselt von Düsseldorf erneut nach Weimar, um bei Prof.

               Hans Olde - nun ohne Nachweis erfolgreich abgeschlossener zeichneri-

               scher Vorkurse - sein Studium wieder aufzunehmen. Er vervollständig bei

               ihm seine Kenntnisse in der Landschafts- und Portraitmalerei.

1909       Walther Raths Geldmittel versiegen mehr und mehr. Er muss schnellst-

               möglich seinen Abschluss an der Hochschule für bildende Kunst in Weimar

               machen. Immerhin ermöglichen ihm die Zuwendungen seiner Verwandt-

               schaft aus Hamm, zum Abschluss seines Studiums noch eine ausgedehnte

               Italienreise zu unternehmen. Nach der Rückkehr von seiner Studienreise

               zieht er bei seiner Mutter und seiner Schwester Margarethe in deren

               Wohnung in der Burgstraße 67 in Godesberg ein. Margarethe Rath hat

               1908 eine Vollzeitstelle als Grundschullehrerin an der Burgschule in

               Godesberg angenommen, die sie bis zu ihrer Pensionierung Mitte der

               50-er Jahre beibehält. Sie ist es, die mit ihrem Gehalt in der Folgezeit

               sowohl ihre Mutter als auch ihren Bruder unterhält.

               Walther Rath - inzwischen 23 Jahre alt - tritt eine (schlecht bezahlte)

               Teilzeitstelle als Zeichenlehrer an der gewerblichen Fortbildungsschule

               (heutige Berufsfachschule) in Godesberg an. Er unterrichtet während der

               Schulzeit 8 Stunden/Woche und versucht parallel dazu als Portraitmaler

               in Godesberg Fuß zu fassen. An der Universität Bonn hört er bei Professor

               Albert Küppers - dem Vater von Otto Küppers, als Gasthörer dessen

               "Vorlesungen über Portraitierungen".

               In dieser Zeit fertigt er in Ölfarbe unter anderem einige Portraits von

               Godesberger "Originalen", wie dem Schmied Matthias Nuntius, der

               Lindenwirtin Aennchen Schumacher und vom "Gröppners Nies", der

               Küsterin der Michaelskapelle - Agnes Gröppner - an.

Walther Rath: "Kraft und Leben" Bildnis des Mathias Nuntius (1909)
Walther Rath:"Frau mit Sonntagshut", Bildnis des "Gröppers Nies" (um 1915)

1911       Zu Weihnachten 1911 beziehen die Raths (Agnes, Margarethe und

               Walther) eine Wohnung im Haus Auguste-Victoria-Straße 12 (heutige

               Brunnenallee) in Bad Godesberg.

 

1912       Walther Rath stellt erstmals seine Werke im Städtischen Museum Bonn

               "Villa Obernier" aus. Er freundet sich mit Heinrich Donath, einem Kunst-

               lehrer am "Päda" an, der ebenfalls in der Auguste Victoria-Straße -

               schräg gegenüber in der Straße - mit seiner Familie wohnt. Die Familien

               finden zusammen und so bezieht man 1915 gemeinsam ein Haus in der

               Dürenstraße 14.

1915        Nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges wird Walther Rath am 8. Februar

                1915 als Ersatzreservist zum 3. Rheinischen Infantrieregiment Nr. 29 ein-

                gezogen. Er ist 29 Jahre alt. Das Regiment nimmt in der Folgezeit an

                Kämpfen sowohl an der Westfront (Schlacht in der Champagne, Loretto-

                schlacht, Schlacht an der Somme) als auch an der Ostfront (Schlacht um

                Kowel in der Nordwest-Ukraine) teil.

Walther Rath: "Wer zählt die Soldaten?" (um 1917)

1917        Anfang des Jahres 1917 wird Walther Rath wegen "Dienstuntauglichkeit"

                vorzeitig aus der Armee ausgemustert (Der genaue Grund ist unbekannt).

                Nach seiner Rückkehr "räumt" der Malerkollege Louis Ziercke, der ihn in

                der Zeit seiner Freistellung an der Fortbildungsschule Godesberg vertre-

                ten hatte, seinen Platz und Walther Rath wird wieder als Zeichenlehrer

                an der Schule tätig. Zudem erhält er drei zusätzliche Vertretungsstellen

                in Godesberg, Mehlem und Oberkassel angeboten, die er auch wahr-

                nimmt. Doch irgendwie "schmeckt" ihm die Tätiglkeit als angestellter

                Zeichen- und Werklehrer nicht mehr.  Er möchte viel lieber als

               "freischaffender" Künstler tätig sein, doch zwingen ihn die angespannten

                wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie dazu, weiterzumachen. 

                Er engagiert sich in der "Bonner Künstlervereinigung von 1914", nimmt

                an Ausstellungen der "Gesellschaft für Literatur und Kunst" im Städti-

                schen Museum Bonn "Villa Obernier" an der Koblenzer Straße teil (Aus-

                stellungstitel: "Modere Grafik" und "Bonner Portraits") und bemüht

                sich um auswärtige Ausstellungsmöglichkeiten. Dazu reist er vermehrt

                in's Ruhrgebiet und wird bei Kunstvereinen und Museen vorstellig.

Walther Rath: Selbstportrait mit roter Krawatte 1920

1921         Die Wohngemeinschaft mit der Familie Donath in der Dürenstraße wird

                 aufgelöst. Die Weltwirtschaft rutscht in eine Krise, die Geldentwertung

                 geht in eine gallopierende Inflation über. Die Raths beziehen übergangs-

                 weise eine Wohnung in der Königstraße 10, ehe sie ein günstiges Ange-

                 bot  zum Erwerb eines Hauses in der Brunnenallee 31 annehmen.

                 Der Umzug erfolgt 1922. Das Haus in der Brunnenallee 31 bleibt in der

                 Folgezeit das ständige Refugium der Familie Rath. Walther richtet                  dort ein geräumiges Maleratelier ein und stellt seine Werke - wie auch die

                 seiner Künstlerkollegen - in den Erdgeschoss-Räumen aus. Wann immer

                 möglich, sucht er den Kontakt zu auswärtigen Künstlerorganisationen und

                 besucht sie vor Ort. Inzwischen ist er Vollmitglied in der "Bonner Künst-

                 lervereinigung von 1914 e.V." und im "Ring Godesberger Künstler".

                 Er beteiligt sich an Ausstellungen "externer" Kunstvereine in Kiel, Berlin

                 und Düsseldorf. Seine Tätigkeit als Zeichenlehrer leidet darunter. Er ist

                 viel unterwegs und daher in der gewerblichen Fortbildungsschule nur

                 noch selten anzutreffen.

1923         Sein ständiges Fehlen wird schließlich "aktenkundig" und Walther Rath

                 entgeht einem Entlassungsverfahren, in dem er auf einen "unerledigten"

                 Freistellungsantrag, den er angeblich bereits 1917 eingereicht hatte,

                 verweist. Diesem wird nun entsprochen. Er wird vom Unterricht freige-

                 stellt.

                 Es folgt eine längere freiberuflich-kreative Phase für Walther Rath. Sein

                 Künstlerkollege, der Bildhauer Prof. Karl Menser, erreicht als Vorsitzen-

                 der "Künstlervereinigung Bonn von 1914", dass die Künstler, die in der

                 "Künstlervereinigung Bonn" organisiert sind, zunächst einmal, später

                 sogar zweimal pro Jahr unmittelbaren, eigenverantwortlichen Zugriff auf

                 das Ausstellungsprogramm im Städtischen Museum Bonn "Villa Obernier"

                 erhalten. Sie können nun selbst entscheiden, welche Ausstellungsthemen

                 ausgeschrieben werden, welche Künstler ausstellen dürfen und welche

                 Werke dem Bonner Publikum in den Ausstellungen präsentiert werden.

                 Da seitens der Stadt Bonn parallel auch (weiterhin) der Bonner "Gesell-

                 schaft für Literatur und Kunst" freie Ausstellungszeiten in der Villa

                 Obernier zugestanden werden, intensiviert sich in den 20-er Jahren das

                 Kunstangebot für das Bonner Publikum. Walther Rath stellt regelmäßig

                 jährlich aus. Schon bald ist er sowohl als Mitorganisator der Bonner

                 Kunstszene als auch als ersthafter, eigenständiger Künstler bekannt.

                 Sein Name gewinnt zudem durch seine Besuche bei Kunstvereinen und

                 Museen auch überregional an Bedeutung.  Er wird zwischenzeitlich zum

                 stellvertretenden Vorsitzenden der "Bonner Künstlervereinigung" gewählt

                 und er nutzt dies, um seine externen Kontakte weiter zu intensivieren.         

1929          Der rapide Absturz des amerikanischen Aktienindexes Dow Jones am

                  25. Oktober 1929 markiert den Beginn der Weltwirtschaftskrise. Im

                  weiteren Verlauf stehen nicht nur Banken, Konzerne und Firmen, son-

                  dern auch mittelständische Geschäfte und Privatpersonen, die im Ver-

                  trauen auf weiter steigende Aktienkurse mit ihrem gesamten Geld - zum

                  Teil sogar auf Kreditbasis - an der Börse spekuliert haben, vor dem

                  Bankrott und dem persönlichen Ruin. Walther Rath ist insofern betroffen,

                  als ihm schlagartig seine zahlende Kundschaft wegbricht. Bis dahin

                  konnte er als freier Künstler relativ gut von seiner Portraitmalerei und

                  gelegentlichen grafischen Aufträgen leben. Nun aber ist er wieder auf die

                  finanzielle Unterstützung seiner Schwester angewiesen, die als Grund-

                  schullehrerin in Godesberg über ein festes Gehalt verfügt. Walther Rath

                  bemüht sich darum, wieder als Zeichenlehrer im öffenlichen Dienst an-

                  gestellt zu werden. Er argumentiert, er sei 1923 "nur" freigestellt, nicht 

                  aber entlassen worden. Seine Bemühungen fruchten jedoch nicht.

                  Karl Menser, der damalige Vorsitzende der "Bonner Künstlervereinigung"

                  verstirbt plötzlich und völlig unerwartet im November 1929 während

                  eines Aufenthaltes in der Schweiz. Walther Rath wird darafhin zum

                  neuen Vorsitzenden der "Bonner Künstlervereinigung von 1914" ge-

                  wählt. Zusammen mit seinem Malerkollegen Louis Ziercke beteiligt er

                  sich an der Plakatausschreibung der Stadt Bonn zur "Jahrtausendfeier".

                  Ihr Entwurf wird mit dem 2. Preis ausgezeichnet (Der Kollege Leo Breuer

                  gewinnt den 1. Preis).

                  Im Weiteren bemüht sich Wather Rath darum, öffentliche Aufträge zu

                  erhalten. Er wird in eigener Sache bei der Stadt Bonn vorstellig und

                  akquiriert verstärkt auch in Godesberg. Daraufhin erhält er den Auf-

                  trag, kurzfristig Entwürfe für diverse "Godesberger Notgeldscheine"

                  zu gestalten. Zudem wird er mit der Organisation der "Godesberger

                  Weihnachts-Werbewochen 1929" betraut. Sein inhaltliches Konzept

                  für diese Werbewochen sieht eine Verkaufsausstellung kunsthand-

                  werklicher Objekte sowie Plastiken und Gemälde in der Villa Stollwerk

                  vor. Walther Rath beteiligt sich selbst an der Verkaufsausstellung mit

                  einigen Kohlezeichnungen.

                  Doch seine Hoffnungen, auf diesem Weg etwas zu verkaufen, erfüllen

                  sich nicht. Immerhin scheinen aber einige Besucher auf ihn aufmerk-

                  sam geworden zu sein. Denn nur wenig später erhält er Aufträge für

                  Familienportraits aus der "betuchten" Fabrikantenfamilie Grönefeld und

                  von der Familie Schmitz, die Nachbarn der Raths in der Brunnenalle in

                  Godesberg sind.       

Walther Rath: Kinderportrait Elfriede (Elfie) Schmitz

                  Die "Schmitzens" sind eine besonders musik-affine Familie. Mehrere

                  ihrer Familienmitglieder sind professionelle Musiker, spielen in Orches-

                  tern und als Solomusiker in Konzerten. Über die "Schmitzens" lernt

                  Walther Rath die damals bereits sehr bekannte Beethoven-Interpretin

                  Elly Nay aus Bonn kennen, die regelmäßig bei der Familie Schmitz in

                  der Brunnenallee zu Besuch ist. Walther Rath freundet sich mit Elly Nay

                  an. Sie besucht ihn häufiger in seinem Atelier und sie "vertrauen sich

                  einander an".

Walther Rath: "Ludwig van Beethoven"     Walther Rath: "Portrait Elly Nay"

1932          Elly Nay sitzt Walther Rath in der Folgezeit mehrfach in seinem Atelier

                  Portrait. Sie benötigt künstlerisch gestaltete Bildnisse für die Programm-

                  hefte zu ihren Konzerten. Es entstehen eine Reihe von Kohlezeichnun-

                  gen sowie (wahrscheinlich) auch ein oder mehrere Ölgemälde. (Die

                  Ölgemälde sind leider verschollen, von den Zeichnungen liegen Druck-

                  vorlagen und Andruckexemplare vor).

                  Walther Rath vermittelt Elly Nay verschiedene Konzertauftritte. So

                  arrangiert er ein Klavierkonzert mit Elly Nay in seiner Geburtsstadt

                  Hamm. Auf seine Anregungen hin "bespielt" sie auch einige Ausstel-

                  lungseröffnungen, die von verschiedenen Kunstvereinen im Ruhrgebiet

                  kuratiert werden und  "in vorbeugendem Gehorsam" die Strömungen

                  in der neuen deutsch-nationalen Kunst darstellen.  

1933          Bereits kurz nach Hitlers Machtergreifung beginnt die "Gleichschaltung

                  der Deutschen Kunst" (Siehe Kap. "Künstler in der NS-Zeit"). Nach dem

                  Dekret von Dr. Göbbels sind alle freien Künstlervereinigungen, berufs-

                  ständische Vertretungen und Künstlergruppierungen aufzulösen. Deren

                  Funktionen werden in Zukunft alleinig durch die Reichskulturkammer

                  und hier im Besonderen durch die zuständige "Reichskammer der

                  Bildenden Künste" vertreten. Die Mitgliedschaft ist für alle professionell

                  arbeitenden Künstler obligatorisch, da ansonsten quasi ein "Berufs-

                  verbot" durch Ausschluß von jeglicher öffentlicher Förderung, vor allem

                  aber durch Teilnahmeausschluß an Ausstellungen und öffentlichen Aus-

                  schreibungen droht. 

                  Es kann davon ausgegangen werden, dass Walther Rath als (ehemali-

                  ger) Vorsitzender der "Bonner Künstlervereinigung" im besonderen

                  Focus der "Reichskulturkammer" steht. Sicherlich hat man sowohl seine

                  arische Herkunft als auch seinen künstlerischen Stil in Hinblick auf

                 "undeutsch-entartete" Kunst überprüft. Möglicherweise setzt sich auch

                  Elly Nay, deren Nähe zur nationalsozialistischen Bewegung unstrittig ist,

                  als Bürge für ihren Portraitisten Walther Rath ein.

                  Leider sind, wenn überhaupt, so nur sehr wenige Arbeiten Walther Raths

                  aus der Zeit zwischen 1933 und 1935 bekannt, die rückwirkend Auf-

                  schluß über seine damalige politische Auffassung, seine künstlerische

                  Themenstellungen und seinen Darstellungsstil geben. Ob er - wie es

                  viele seiner damaligen Künstlerkollegen für sich reklamieren - den Weg

                  in die "innere Emigration" gefunden hat, ob er ein Opportunist, ein Mit-

                  läufer oder gar ein überzeugter Verfechter der "Neuen Deutschen Kunst"

                 (wie beispielsweise Elly Nay) war, kann nach dem heutigen Kenntnisstand

                  nicht eindeutig belegt werden.

1935          Auf dem Wege zu der Beisetzung eines Künstlerkollegen in Bad

                  Kreuznach verunglückt Walther Rath am 29. Juni 1935 tödlich. Der

                  Autounfall ereignet sich kurz vor Koblenz. Der genaue Hergang ist nicht

                  dokumentiert.

                  Walther Rath wird nach Bonn überführt und "unter reger Anteilnahme

                  seiner Künstlerkollegen aus Bonn und Godesberg" auf dem Burgfried-

                  hof in Godesberg begraben.

                  Da er weder Frau noch Kinder noch sonst eine andere näherstehende

                  Person/Partner, (außer seiner ledigen Schwester) hinterläßt, zudem

                  auch keine testamentarische Verfügung über seine Hinterlassenschaft

                  nach seinem Unfalltod aufzufinden ist, gestalten sich die Erbauseinan-

                  dersetzungen schwierig und verlaufen schließlich - auch bedingt durch

                  die Kriegseinwirkungen - im Sande. Seine Spuren "diffundieren" mit der

                  Zeit. Lange Zeit gibt es keine Person, die sein Andenken wach hält.

                  Erst durch eine Magisterarbeit von Daniel Schütz wird der weitgehend

                 "vergessene" Bonner Künstler Walther Rath wieder präsent und lebendig.

Walther Rath: "Beschützende Männerarme"; Selbstbildnis (?) von 1932

                 belegte

                 Ausstellungsbeteiligungen von Walther Rath in Bonn und Godesberg:

 

1912          Bonner Künstlerschaft                    1. Jahresausstellung Villa Obernier

1918          Gesellschaft für Literatur und Kunst "Moderne Grafik"     Villa Obernier

1919          Gesellschaft für Literatur und Kunst "Bonner Portraits"    Villa Obernier

1920          Bonner Künstlervereinigung 1914    "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1920          Godesberger Künstlerbund              "Jahresausstellung"  Redoute

1920          Kunstausstellung Godesberg           "Atelierausstellung"  van den Driesch

1921          Bonner Künstlervereinigung 1914    "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1921          Godesberger Künstlerbund              "Jahresausstellung"  Redoute

1921          Bonner Künstlerschaft                     "Romantiker"           Villa Obernier

1922          Beginn (private) Atelierausstellungen in der Brunnenalle 21, Godesberg

1922          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1923          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1924          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1925          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Eröffnung Max Franz Haus", Gb. 

1925          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1926          Bonner Künstlerschaft                     "Weihnachtsausstellung" Villa Ober.

1927          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1928          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1929          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1929          Bonner Künstlerschaft et al.             "Godesberger Werbewochen" Villa

                                                                                        Stollwerk, Godesberg

1930          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1930          Bonner Künstlerschaft                     "Weihnachtsausstellung  Villa Ober.

1931          Bonner Künstlervereinigung 1914     "Jahresausstellung"  Villa Obernier

1933          Bonner Künstlerschaft                      "Gemeinschaftssausstellung"

                                                                                                    Villa Obernier

                (nach Auflösung der Bonner Künstlervereinigung 1914 und

                 anderer Bonner Künstlergruppen)

         

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