Wilhelm (Willy) Stucke (1880 -1952)

Willy Stucke: "Selbstportrait"

Wilhelm Stucke wurde 1880 im niederrheini-

schen Kleve als Sohn eines Zigarettenfabrikan-

ten geboren. Das Elternhaus war großbürgerlich,

katholisch-konservativ geprägt.

Schon während der Gymnasialzeit fiel das zeich-

nerische und malerische Talent des kleinen

"Willy" - wie ihn seine Eltern riefen - auf. Auf

Vermittlung eines in München wohnhaften

Onkels schrieb sich Wilhelm Stucke unter der

Matrikelnummer 2255 an der Kunstakademie

München für ein Studium der Malerei bei Pro-

fessor Martin von Feuerstein (1856-1931) ein.

Feuerstein hatte an der Akademie den Lehr-

stuhl für "Religiöse Malerei" inne und lehrte im

Grundstudium das Malen und Zeichnen nach der

Natur (Naturklasse Feuerstein). Er war ein be-

kannter Kirchenmaler, zählte sich selbst zu den

"Späten Nazarenern" und verband diesen Malstil

mit Elementen des Impessionismus und des Jugendstils. Willy Stucke wurde stark von der Motivauffassung und der Bildwelt seines Lehrers geprägt. Nach Abschluß seines Studiums unternahm Willy Stucke mehrere Studienreisen, unter anderem nach Holland und Italien, um sich "frischen Wind um die Ohren" wehen zu lassen.

Frühe Aufträge als Kirchen- und Devotionalienmaler

 

Wilhelm (Willy) Stucke war lernbegierig, kontaktfreudig und initiativ und so gelang es ihm in kurzer Zeit, verschiedene kleinere Malaufträge zur Finanzierung seiner Reisen zu erhalten. Sein Talent sprach sich im katholischen Klerus schnell herum und führte in den Folgejahren zu immer größeren Aufträgen für ihn als Kirchenmaler.

1907 heiratet er und wird dauerhaft in Bonn ansässig. 1908 wird sein Sohn geboren, den er auf den Namen Willy Maria taufen lässt. Im Jahr 1913 malt Willy Stucke (sen.) einige großformatige Wandbilder für die Dominikanerkirche in Düsseldorf. Ein Jahr später erhielt er den ehrenvollen Auftrag zur Ausmalung der Kirche der "Heiligen Familie" in Kassel. Er begann die Arbeiten noch vor dem ersten Weltkrieg und beendete sie 1920. Ob - und wenn - wo er in welcher Funktion am ersten Weltkrieg teilnahm, ist nicht dezidiert überliefert.

Kirche in Horchheim

1921 fertigt Willy Stucke (sen.) die Deckengemälde in der Nikolaikirche in Braunschweig an; 1922 folgt die Ausmalung der Kirche von Horchheim bei Koblenz.

Sein Sohn verbringt viel Zeit im Atelier seines Vater, lernt unter seiner Anleitung das Zeichnen und Malen und hat reichlich Gelegenheit, in dieser Zeit erste eigene Erfahrungen mit Pinsel und Farbpalette zu machen.

"Das Leben im Zisterzienserorden" ist eine 8-teilige Serie von Ölbildern benannt, mit der Willy Stucke (sen.) die damals in der Öffentlichkeit teils doch irrigen Vorstellungen über das Leben der Zisterziensermönche im Kloster zurecht rückt. Diese Arbeit wird durch die lobenden Besprechungen in der regionalen und überregionalen Presse so bekannt, dass einschlägige Postkartenverlage sich Ende der 20-er/Anfang der 30er Jahre veranlaßt sehen, nacheinander alle acht Motive in größeren Auflagen abzudrucken. Neben den Postkarten werden bald auch "Heiligenbilder" und Gebetsbuch-Beilagen nach Entwürfen und Vorlagen von Willy Stucke (sen.) gedruckt.

Postkartendruck nach Vorlage der 8-teiligen Ölbildserie: "Das Leben im Zisterzienserorden" von Willy Stucke (hier Bild: 1; 4; 5; 8)

 

Willy Stucke: "Der Mönch von Heisterbach"

Als seriöser Devotionalienmaler ist Stucke bald gut im Geschäft. 1930 malt Stucke (sen.) einen neuen 14-teiligen "Kreuzweg" für die Kirche in Bornheim bei Bonn. Und auch die Augustinerinnen-Kapelle in Bornheim und die Kirche in der Nachbargemein-

de Alfter stattet er mit neuen Gemälden aus.

1933 beauftragt ihn der Kirchenvorstand der Pfarrkirche St. Michael in Waldorf mit der malerischen Neuausstattung der Kirche, die er zusammen mit dem ortsansässigen Malermeister Josef Hagen ausführt. Willy Stucke malt einen neuen Kreuzweg, dessen traditionell 14 Einzelstationen er aus Platzgründen zunächst in jeweils Dreier- und Vierergruppen nebeneinander angeordneter Einzelgemälde zusammenfasst. Später wurden die Ölgemälde - nach Recherchen von Franz Josef Greuer, dem Archivverwalter der Pfarrei - separiert und an die heutigen Stellen in der Kirche platziert. Alle 14 Gemälde sind im gleichen Format gehalten, alle sind motivmäßig gleichartig konzipiert - geben quasi nur den wichtigsten Teilausschnitt einer eigentlich weit größeren Szenerie wieder - und alle sind unverkennbar in Willy Stuckes eindringlich-klaren Malstil gehalten, der maßgeblich von dem "Späten Nazarenerstil" seines akademischen Mal- und Zeichenlehrers Martin von Feuerstein beeinflußt, aber von Willy Stucke eigenständig weiterentwickelt ist.

Auszüge aus dem Kreuzweg in der Pfarrkirche Sankt Michael in Waldorf.

12. Station des Kreuzweges

Sicherlich stellt die 12. Station des Kreuzweges

sowohl in ihrer gesamtbildnerischen Konzeption

als auch in der Motivauffassung ein sehr unge-

wöhnliches Bild dar.

Der sterbende Jesus Christus ist am Kreuz nicht

- wie sonst vielfach üblich - als zentrale Figur

mittig und bildbeherrschend dargestellt, sondern

von Willy Stucke mit fast in die Waagrechte ge-

senktem Kopf in's rechte obere Eck des Bildes

"verrückt" worden.

Das Ausschnitthafte der Szenerie - und damit

der eigentliche Kern des Geschehens - wird ge-

rade durch diese ungewöhnliche Positionierung

besonders betont. Ebenso ungewöhnlich: Die

beiden überdimensional großen Personen, die

die komplette linke Bildhälfte füllen. Ihre im

Profil dargestellten Gesichter befinden sich "auf gleicher Höhe" mit dem Gesicht Jesu. Hierduch "verdichtet" sich das Bildmotiv. Von oben herab scheinen alle auf das zu Füßen des Kreuzes vornüber zusammengekauerte Klageweib zu schauen, das in diesem Bild (wohl) als allegorische Versinnbildlichung einer ob des Todes Jesu verzweifelt betender Christenheit zu betrachten ist.

Verbandstätigkeiten (Bonner Künstlerbund und Bonner Künstlergruppe)

 

In dem Maße, in dem Willy Stucke (sen.) sich als anerkannter Kirchenmaler in Bonn etabliert, lernt er auch seine Künstlerkollegen in Bonn kennen und schätzen. Seit 1908 gehört Willy Stucke (sen.) als ständiges Mitglied einer - wie er es ausdrückte - "gemütlichen" Künstlerrunde an, die sich einmal pro Woche im Hotel "Goldener Stern" am Bonner Marktplatz trifft. Die Runde unter Leitung von Hofrat Beck - damals Leiter des Bonner Stadttheaters - hat es sich zur Aufgabe gemacht, in Bonn neu ankommenden Künstlern auf privater Ebene Orientierung, kollegiale Betreuung und ein gewisses Heimatgefühl zu bieten. Hofrat Beck stellt der Runde unter anderem "seine" jungen Schauspieler - darunter Emil Jannings und Eugen Klöpfer - vor, die kurz zuvor als Mimen am Bonner Stadttheater ihre Engagements erhalten haben. Professor Sauter - damals Bonner Generalmusikdirektor - führt "seine" jungen Solisten in die Runde ein und Albert Küppers - Kunstprofessor an der Universität Bonn - "kümmert" sich um die Bonner Neuankömmlinge aus den Bereichen Malerei und Bildhauerei. Die Runde ist zwar bunt gemischt und von den Persönlichkeiten und deren Charaktern her alles andere als homogen, aber alle scheinen doch ihre helle Freude am kreativen (und weinseeligen) Gedankenaustausch und an der "rheinischer Fröhlichkeit und Leichtigkeit" zu finden. Nach und nach gewinnt die "informelle" Künstlerrunde auch kulturpolitischen Einfluß in Bonn. Im Bereich der bildenden Künste werden beispielsweise die Aufgaben des städtischen Museums Villa Obernier diskutiert, hinterfragt und konzeptionell-inhaltliche, bautechnische und organisa- torischen Veränderungen vorgeschlagen und initiiert. Auch der alles andere als gesicherte soziale und finanzielle Status der Bonner Künstlerschaft wird ständig thematisiert.

Willy Stucke (sen.) engagiert sich. Nach dem ersten Weltkrieg wird er Vorsitzender des "Bonner Künstlerbundes", einer auf freiberuflicher Basis organisierten Berufsorganisation der bildenden Künstler. Er behält diese Funktion bei, bis im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 die "Gleichschaltung Deutscher Kultur" für alle freiberuflich bildenden Künstler zur Zwangsmitgliedschaft in der Reichskulturkammer führt. Der "Bonner Künstlerbund" - wie auch die anderen Bonner Künstlervereinigungen - werden aufgelöst.

Willy Stucke lotst seine Künstlerkollegen "durch die Wirrnisse der NS-Zeit". Es ist

sicherlich seinem Ruf als exzellentem Kirchenmaler zu verdanken, dass er zum Kreisbeauftragten der Reichskammer der bildenden Künste für Bonn bestimmt wird und in dieser Funktion als "Kirchenmann" eine gewisse Neutralität für sich in Anspruch nehmen kann. Er schafft es, dass parteiideologische Forderungen und Aspekte weitgehend aus dem künstlerischen Tagesgeschäft herausgehalten werden können. Willy Stucke formt aus den (Zwangs-) Mitgliedern der Reichskammer der Bildenden Künste die "Bonner Künstlergruppe", der u.a. die Malerkollegen Willy Faßbender, Ernst Meurer, Carl Nonn, Matthias Profitlich, Gottfried Trimborn, Otto Küppers, Eduard Kintrup, Georg Günther, Willi Diesenberg, sein Sohn Willy Maria Stucke und die Bildhauerkollegen Jakobus Linden, Alfred Bucherer, Ingeborg v. Rath und Eduard Rösler angehören.

Willy Stucke kümmert sich - ohne seine Person dabei in den Vordergrund zu schieben - recht effizient um die Belange seiner Künstlerkollegen. Unter anderem setzt er bei der Stadt Bonn die Ausrichtung und Finanzierung von zwei regelmäßigen Jahresausstellungen für die Mitglieder der Bonner Künstlergruppe im städtischen Museum Villa Obernier durch. Zudem die Berücksichtigung Bonner Künstler bei landesweiten Themenausstellungen, eine für Kunstschaffende günstigere Einkaufspolitik der öffentlichen Hand, eine offene Ausschreibung von künstlerischen Leistungen u.v.a.m.). 

Als die Bombadierungen Bonns im Verlauf des zweiten Weltkrieges zunahmen (die ersten Bomben fielen im Mai 1940 auf den Ellerbahnhof), wurden weitreichende "Pläne zur Sicherung des deutschen Kulturgutes in der Stadt Bonn" ausgearbeitet. 

Hiervon waren in erster Linie die Kunstbestände in den Museen der Stadt und der 

Universität betroffen. So wurden unter anderem die Gemäldebestände in der Villa Obernier sowie die Gemäldehängungen in den Repräsentanzräumen des Rathauses in Kisten verpackt und diese in zwei (von 14 inwischen neuerrichtenten) städtischen Bunkerbauten eingelagert. Willy Stucke hat große Verdienste daran, dass die wichtigsten Werke die beiden Bombenangriffe im Jahr 1943, vor allem aber den verheerenden Luftangriff vom 18. Oktober 1944 ohne größere Schäden überdauert haben. Im vierteljährlichen Turnus hatte er seit Herbst 1940 bis zum Kriegsende alle eingelagerten Werke zu inspizieren, ihren Zustand und die Umgebungsbedingungen zu prüfen und bei Abweichungen Alam zu schlagen. Die Vorsorge war berechtigt. Das städtische Museum Villa Obernier wurde mitsamt dem Erweiterungsanbau bei dem Flächenbombardement am 18. Oktober 1944 durch eine Luftmine getroffen und "dem Erdboden gleichgemacht".

Für drei Jahre ruht nahezu das gesamte künstlerische Leben in der Stadt. Ende 1947 ergriff Willy Stucke dann wieder die Inititiative und "reaktiviert" den 1933 aufgelösten "Bonner Künstlerbund", dessen Vorsitz in der Folgezeit durch seinen Sohn Willy Maria Stucke (jun.) wahrgenommen wird.

Der Portraitmaler

 

Frühe Bleistift- und Kohleskizzen, die Willy Stucke bereits als Gymnasiast von seinen Lehrern, - später auch von den Arbeitern und Angestellten seines Vaters in der Zigrarettenfabrik angefertigt hatte -, bezeugen den ganz besonderen Blick des Jungen für Charakterköpfe. "Zeichne Gesichter wie Landschaften!" hat er später seinem Sohn einmal erklärt, als er diesem die Kunst des Portraitierens beibringen wollte. "Da gibt es weite, flache Ebenen, sanfte Hügel, Gebirge, Täler und Höhlen. Sieh genau hin, woher das Licht kommt, wo die Landschaft direkt und wo sie nur indirekt beleuchtet wird. Und danach setze die Schatten. Der Schatten modelliert die Landschaft. Beim Portrait ist das nicht anders!"

links oben:  Bildnis von Eduard                  rechts oben:  Bildnis von Eduard

                  Spoelgen I                                                 Spoelgen II

links unten: Bildnis von Johannes               rechts unten: Bildnis von Anton

                  Henry                                                        Bruckner

Willy Stucke malte Zeit seines Lebens Portraits. Ob es in früheren Zeiten die Bildnisse von Ludendorff, Freiherrr von Stein, Freiherr von Trippelskirch, General Bünau oder andere Berühmtheiten ihrer Zeit waren, ob er seine Kollegen aus der "gemütlichen Künstlerrunde" im Goldenen Stern portraitierte (Hofrat Beck, Generalmusikdirektor Sauter, Professor Küppers und deren Gefolge) oder ob er - wie in späteren Zeiten - Auftragsportraits von Bonner Ratsherren und "verdienstvollen" Bürgern anfertigte, stets war hinter den Physiognomien ein "lebendiger Charakter" zu erkennen, - vergleichbar einem Landschaftsgemälde, das trotz wechselnder Lichtverhältnissen und tages- oder jahreszeitlichen Schwankungen auch immer das Abbild einer ganz spezifischen Örtlichkeit wiedergibt.

Wilhelm (Willy) Stucke verstarb im Alter von 72 Jahren am 25. Januar 1952 in Bonn.

Er wurde auf dem Bonner Südfriedhof beigesetzt.

Werkübersicht

Im Fundus der Stadt Bonn (Stadtmuseum Bonn) befinden sich fünf Werke des Künstlers:

 

Bild   Titel:                               Datum:  Ausführung:   Abmaße:     Reg-Nr:

345   Bildnis Dr. RA Henry          1951      Öl auf Lw      65 x 55       SMB 1991/G490

346   Bildnis Heinrich Sauter       1924      Öl auf Lw      70 x 55       SMB 1992/ 93

347   Bildnis Richard Wagner       ?           Öl auf Lw      39 x 45 (o)  SMB 1992/ 94

348   Bildnis Anton Bruckner       1940      Öl auf Lw      65 x 54       SMB 1992/ 95

349   Bildnis Eduard Spoelgen     1950      Öl auf Lw      83 x 66       SMB 1994/ 94a

Künstler:      Wilhelm (Willy) Stucke (sen.)

Titel:            Waldstück

Signatur:      unten rechts: W. Stucke

                   datiert: (19)37

Ausführung:  Öl auf Leinwand

Abmaße:      70 x 100 cm (h x b)

Herkunft:      Internet-Angebot 07/2012

                   auf wangebote.de

Weitere Werke von Willy Stucke, die im Auktionskunsthandel angeboten wurden.

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