Künstlerprofil Heinrich Pützhofen-Esters

Heinrich Pützhofen-Esters

1879      Heinrich Pützhofen-Esters erblickt am 24. Sep-

              tember 1879 in einem begüterten, großbür-

              gerlichen Familienumfeld das Licht der Welt.

              Die Familie Pützhofen zählt -ebensdo wie die

              Familie Esters, in die Heinrichs Vater einhei-

              ratet, zur gehobenen Gesellschaftsschicht der

             "Seidenstadt" Krefeld. Man nimmt aktiv am

              gesellschaftlichen Leben teil, "hat Kultur" und

              zeigt sich durchaus kunstbeflissen.

              Eine von Heinrichs Tanten heiratet ihrerseits

              in die in Düsseldorf durchaus bekannte Künst-

              lerfamilie Hambüchen ein (u.a. Wilhelm Ham-

              büchen 1869-1939; Georg Hambüchen 1901-

              1971). Aus dieser Ehe stammt Paul Pützhofen-

              Hambüchen, ein Vetter von Heinrich, der

              später ebenfalls ein bekannter "Eifelmaler"

              werden wird .

              Heinrich Pützhofen-Esters verbringt eine behütete Kindheit in Krefeld,

1886      wird dort 1886 eingeschult und besucht ab 1990 das örtliche Gymnasium.

              Offensichtlich sind seine künstlerischen Talente und Neigungen schon als

              Heranwachsender sehr weit ausgeprägt. Er möchte unbedingt die

              Düsseldorfer Kunstakademie besuchen, um dort Landschafts- und

              Genremalerei zu studieren. Er bereitet eine entsprechende Bewerbungs-

              mappe mit  Natur- und Portraitzeichnungen in verschiedenen Techniken

              u.a. Bleistift, Tusche, Kreide, Buntstift- und Aquarell vor, legt diese

              bei der obligatorischen Aufnahmeprüfung vor und wird angenommen.

              Wahrscheinlich erfolgt zu dieser Zeit auch Heinrichs Musterung und

              möglicherweise die Ableistung seines militärischen Grundwehrdienstes

              (Näheres nicht bekannt).

1900      Um die Jahrhundertwende herum (eventuell auch kurz danach) beginnt

              Heinrich Pützhofen-Esters sein zeichnerisches Grundstudium in der

              "Vorklasse" der Düsseldorfer Kunstakademie. Die Beherrschung des

              zeichnerischen Handwerkzeuges ist das A und O der Grundausbildung

              und zugleich elementare Voraussetzung für jede weitere Art der

              malerischen Akademieausbildung (Historienmalerei, Kirchenmalerei,

              Landschaftsmalerei, Genremalerei, Portraitmalerei etc.).

Heinrich Pützhofen-Esters: Der "Krötschenturm" von Zons

              Zeichnen und Skizzieren

              Wie alle seine Studienkollegen muss

              auch Heinrich durch eine harte

              Schule, muss zwei Jahre lang Gips-

              abgüsse antiker Figuren penibelst

              (ab)zeichnen, verkleinern, ver-

              größern, die Objekte aus verschie-

              denen Perspektiven und Ansichten

              erfassen und das ständig wech-

              selnde Schattenspiel (zum Beispiel

              im Faltenfall der Bekleidung einer

              Person) zu Papier bringen. So lan-

              ge, bis das ganze buchstäblich "in

              Fleisch und Blut" übergeht, bis es

              gekonnt ist und man "mit sicherem

              Strich" eine Szene skizzieren und

              zugleich auch alle bildwichtigen Mo-

              tivdetails erfassen und aufnehmen kann. Das systematische Erlernen

              einer solchen Fertigkeit blieb im allgemeinen den Künstlern überlassen.

              Ein Grund, weshalb das Berufsfeld der bildenden Künstler zum dama-

              ligen Zeitpunkt noch relativ weit gesteckt war und von der aktuellen

              redaktionellen Dokumentation und Bildberichterstattung über die wissen-

              schaftliche Illustration bis zur Plakatmalerei und in den angewandten

              Dekorationsbereich (von der Theaterdekoration bis zum Entwurf kunst-

              handwerklicher und industrieller Dekors und Interieurs) reichte.

              Die Fotografie begann gerade erst ihren Siegeszug, war aber  - anders

              als heute - noch kein Massenmedium, sondern eine verhältnismäßig

              elitäre Form der visuellen Dokumentation und in aller Regel nur relativ

              wenigen professionellen Fotografen bei Zeitungen und Zeitschriften sowie

              in privaten Fotostudios vorbehalten. Schnelles, zeichnerisches Skizzieren

              war also in erster Linie eine preiswerte Methode, aktuelle Vorkomnisse

              zu dokumentieren und erst in zweiter Linie eine künstlerische Ausdrucks-

              form. 

              Nicht wenige der Düsseldorfer Kunststudenten gaben, nachdem sie in

              der überwiegend zeichnerisch ausgelegten "Vorklasse" das Skizzieren 

              erlernt hatten, ihr Studium auf, um in einem angewandten Beruf ihr Geld

              zu verdienen. Das erschien sicherer und lukrativer und bot zudem den

              Studenten mehr Perspektiven und Karrierechancen, als sich als akade-

              mischer Kunstmaler durch's Leben zu schlagen.

              Auch Heinrich Pützhofen-Esters trägt sich wohl mit dem Gedanken, sein

              Studium an der Kunstakademie Düsseldorf "sausen" zu lassen. Was ihn

              schließlich eines anderen belehrt, ist im Nachherein nicht mehr genau

              zu bestimmen. Möglicherweise ist es die Freundschaft mit einem Maler-

              kollegen, mit dem er zusammen zu Beginn seines Fachstudiums als

              Landschaftsmaler ein gemeinsames Maler-Atelier in Düsseldorf betreibt,

              vielleicht auch ein gewisses innerfamiliäres Konkurrenzdenken, mit dem

              er sich von seinem Vetter als Maler abgrenzen will, denkbar ist aber auch

              der Reiz der "künstlerischen Freiheit", die es ihm als Eleven der Kunst-

              akademie erlaubt, fast nach Belieben Studienreisen zu unternehmen.

              Studienreisen, die ihn nach eigenem Bekunden mehrfach quer durch

              Deutschland führen. Aber die "heimische Scholle" ist ihm immer noch

              die liebste.

Heinrich Pützhofen-Esters: Im Wald mit Wegkreuz; Sammlungsnr: 2013.029

              Als "Düsseldorfer" muss er natürlich

              am Niederrhein gewesen sein, als

             "Landschaftsmaler" in der Eifel, im

              Westerwald und an der Mosel und

              als "Rheinmaler" muss er die Burgen

              (und den Wein) entlang des Rheins

              kennen- u. schätzen gelernt haben.

              Wie auch immer, Heinrich Pützhofen-

              Esters studiert das Fach Landschafts-

              und Genremalerei zu Ende. Der ge-

              naue Abschlußtermin ist leider nicht

              überliefert.

um         Offensichtlich hat Heinrich Pützhofen-Esters ein Faible für Oper und

1910      Sprechtheater. Im Vorfeld einiger geplanter Produktionen der städtischen

              Bühnen in Köln und Bonn fertigt er (nach Fremdentwürfen) Bühnenbild-

              modelle an, die zum Teil auf gestalterischen Studienaufgaben fußen, die

              von den Düsseldorfer Malerstudenten üblicherweise zur Ausstattung der

              üppigen Künstlerfeste im Düsseldorfer Malkasten ausgeführt wurden. 

              Seine Kontakte benutzt Pützhofen-Esters, um kleinere Ausstattungs-

              aufträge, insbesondere für die Herstellung von Dekorationsteilen abzu-

              wickeln. Er beteiligt sich an einem (kleinen) Unternehmen für Theater-

              dekorationen in Bad Godesberg, das unter anderem auch die Aus-

              stattungen für die Festsitzungen rheinischer Karnevalsvereine und für

              diverse Bürgerfeste stellt. Einen Teil des eingelagerten Fundus leiht

              das Unternehmen - soweit geeignet - auch an Bonner Geschäftsleute

              zur Schaufenstergestaltung aus.

1912      Heinrich Pützhofen Esters verlässt das Unternehmen und wird als selb-

              ständiger Dekorationsmaler in Köln tätig.

1914      Mit der allgemeinen Mobilmachung wird Heinrich Pützhofen Esters als

              nunmehr 35-jähriger Mann zum Militärdienst eingezogen. Über seinen

              Einsatz im 1. Weltkrieg ist wenig bekannt. Nur, dass er nach dem Krieg

              1918/19 komplett neu anfangen muss. Er wird nach Krefeld zu seiner

              Familie entlassen.

um         Heinrich Pützhofen-Esters bezieht eine Wohnung in Köln und richtet sich

1920      nach dem Umzug - wahrscheinlich in der Kölner Südstadt - ein eigenes

              Künstleratelier ein. Eine über 20 Jahre andauernde intensive malerische

              Phase folgt.

Heinrich Pützhofen-Esters: Das Matthiastor in Reifferscheid / Eifel; Sammlungsnr: E 2013.035

              Es ist anzunehmen, dass

              Pützhofen-Esters von dem

              Verkauf seiner Bilder, die

              er in der Regel über Köl-

              ner Galerien absetzt, gut

              (zumindest auskömmlich)

              leben kann. Darüber hin-

              aus arbeitet er freiberuf-

              lich als Grafiker. Soweit

              nachträglich recherchier-

              bar, ist er in der Zeit zwi-

              schen den beiden Welt-

              kriegen keiner Künstler-

              gruppe - zumindest kei-

              ner Bonner Künstlergrup-

              pe - angeschlossen. Insofern mag für ihn die "Gleichschaltung" der

              Deutschen Kunst, die mit Hitlers Machtergreifung 1933 beginnt und

              ab 1935/36 durchgängig spürbar wird, keine direkte berufliche Rele-

              vanz für ihn gehabt haben. Zudem sind seine durchgängig naturalis-

              tischen Landschaftsgemälde ideologisch kaum angreifbar und auch

              seine (wenigen) Genrebilder greifen keine despektierlichen oder gar

              provokanten Themenstellungen und Motive auf.

1944      Im Laufe des 2. Weltkrieges "überlebt" Köln insgesamt 262 Bomben-

              angriffe. Die Innenstadt ist (bis auf den Dom) überirdisch fast gänzlich

              zerstört. Heinrich Pützhofen-Esters hat zunächst Glück und kann über

              300 seiner Ölgemälde in einem Tiefkeller in Sicherheit bringen. Bei

              dem verheerenden Bombenangriff in der Nacht vom 20. auf den 21.

              April 1944 wird der Tiefkeller durch eine britische 20-Zentnerbombe

              direkt getroffen und "geknackt". Die in einer zweiten Welle abgeworfe-

              nen Phosphor-Brandbomben bewirken, dass alle seine nun freiliegenden

              Werke verbrennen. Heinrich Pützhofen-Esters steht - wie bereits zum

              Ende des 1. Weltkrieges - vor dem absoluten Nichts.

              Er übersiedelt nach Selters, einem kleinen 1500 Seelen-Ort im Wester-

              wald, der im Köln-Bonner-Raum durch sein Mineralwasser bekannt

              wurde. Mit 65 Jahren beginnt Pützhofen-Esters sein neues - und wie er

              später der Lokalzeitung gesteht - "drittes" Leben als Kunstmaler.

1945     Zu lange waren die deutschen Künstler "vom Rest der Welt" abge-

             schnitten und so hatten sie die Kunstströmungen und Stilentwicklungen

             in der internationalen Kunst weitgehend versäumt.

             Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges gierte man geradezu nach

             einem Neuanfang. Und natürlich will man alles Vergangene hinter sich

             lassen und nach vorne schauen. Heinrich Pützhofen-Esters unternimmt

             vom westerwäldischen Selters aus Studienreisen, die ihn quer durch

             Deutschland nach Österreich, in die Schweiz, nach Italien und nach

             Spanien führen. Und überall "begegnet" er - wie er einmal vermerkte -

             dem Licht.

             Heinrich Pützhofen-Esters entdeckt in den Folgejahren den "freien Impres-

             sionismus" für sich. Auf einmal sieht er in der ihn umgebenden Landschaft

             wesentlich mehr, als "nur die blanke Natur". "Da ist etwas anderes, etwas

             viel Eindrucksvolleres, das hinter der naturalistischen Oberfläche liegt

             und das im Spiel der gemalten Farben die eigentliche Seele eines Bildes

             wiedergibt."

             Auf seinen Stil hin befragt, bezeichnet sich Heinrich Pützhofen-Esters als

             einen vorwiegend spätimpressionistischen Maler. Ihm sind noch 12 Jahre

             intensiver malerischer Arbeit in Selters vergönnt.

            

1957     Am 14.09.1957 - zehn Tage vor seinem 78. Geburtstag - stirbt Heinrich

             Pützhofen-Esters in Selters. Er ist auf dem dortigen Friedhof beigesetzt.

             Als zeitweise in Bad Godesberg tätiger Künstler zählt er sicherlich zu den

             eher vergessenen Bonner Malern. Sein "Nachruhm" ist wohl darauf zu-

             rückzuführen, dass er aufgrund seiner Ölgemälde heute in der Reihe der

             profunden "Eifelmaler" eingereiht wird, die aus der "Düsseldorfer Maler-

             schule" - und dort insbesondere aus dem Umfeld Fritz von Willes hervor-

             gegangen sind.

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