Hans van Voorthuysen (1896-1969)
1896 Hans van Voorthuysen erblickt am 3.1. 1896 in
Straßburg als Johann Adrian van Voorthuysen
das Licht der Welt. Er stammt aus einer Familie
mit niederländischen Wurzeln und wird evange-
lisch getauft. Sein Vater Paul August van Voort-
huysen wurde in Den Haag geboren. Seine
Mutter Marie Madeleine van Voorthuysen, gebo-
rene Oppermann, stammt mütterlicherseits aus
der alten - zumindest sei 1670 in Strassburg im
Elsass ansässischen Familie Boeswillwald. Der
kleine Johann Adrian von Voorthuysen hat (zu-
mindest) zwei jüngere Brüder - Wilhelm Heinrich
(1897-1917) und Friedrich Paul (1899 - 1907),
die beide schon im relativ jungen Alter verster-
ben.
1902 Wahrscheinlich wird der kleine Johann Adrian zu Ostern 1902 (oder 1903) ein-
geschult. Bereits von früher Jugend an ist er Wahl-Godesberger, da - wie be-
richtet wird - "Verwandte, die in Godesberg in der Dürenstraße (Rüngsdorf)
wohnen, ihn zu sich einladen und ihn aufnehmen". In der Familie, wie auch
in seiner Schule in Rüngsdorf, wird er nachweislich nur noch Hans gerufen.
1914/ Es ist nicht überliefert, in welcher Form Hans van Voorthuysen den 1. Welt-
1918 krieg erlebte. Möglicherweise war er wegen seines Alters und/oder seiner
niederländischen Abstammung von der allgemeinen Rekrutierung in Deutsch-
land nicht betroffen. Sein weiterer Lebensweg verliert sich in den
Kriegswirren für einige Zeit.
1921 Prägend für Hans van Voorhuysens künstlerische
Entwicklung erweist sich sein Kunst- und Grafik-
studium, das er an der Landeskunstschule in
Karlsruhe absolviert. Die Landeskunstschule "fu-
sioniert" 1920 mit der Staatlichen Akademie der
Bildenden Künste in Karlsruhe. Der berühmte
Landschaftsmaler Hans Thoma (1899-1924) lehrt
dort. Sein Stil beeindruckt den jungen Hans van
Voorthuysen, was nicht zuletzt auf Voorthuysens
Lehrer - Prof. Ernst Würtenberger (1868-1934)
zurückzuführen ist. Ernst Würtenberger ist Pro-
fessor für Holzschnitt, Illustration und malerische
Kompositionslehre in Karlsruhe und ein glühen-
der Verehrer des inzwischen emeritierten Hans
Thoma. Bei Würtenberger lernt Hans van
Voorthuysen das ganze Spektrum der graphischen Produktionstechniken und
insbesondere die Gesetzmäßigkeiten des illustrativen Holzschnittes kennen.
Die Reduktion auf das motivlich Wesentlichste, die harten Flächenkonstraste
(meist Schwarz-Weiß) und die linear-umrißbestimmte Linienführung der Holz-
schnitt-Technik prägen die weitere Werkentwicklung des Kunststudenten
nachhaltig. Tatsächlich wird Hans van Voorhuysen in dieser Zeit beruflich
eher als Holzschnitt-Künstler, Buch-Illustrator und Grafiker denn als freier
Kunstmaler eingeordnet. Er wird Meisterschüler bei Prof. Ernst Würtenberger
und beendet sein Studium in Karlsruhe mit dem "Akademiebrief".
In der Folgezeit verliert sich sein Lebensweg erneut. In den wenigen
Dokumenten, die im Stadtarchiv von Bonn/Bad Godesberg verfügbar sind,
wird reportiert, dass der Künstler in jener Zeit "dem Holzschnitt verpflichtet"
gewesen sei, den er immer wieder "in Bildfolgen umsetzte, die den Rhein als
Strom von der niederländischen Grenze an aufwärts folgend" - zeigten:
"Das Uferbild der Städte faszinierte ihn wie das Leben auf dem Fluß, die
Vielzahl der Masten, das Gedränge schwerer Schlepper, die geschwungene
Linie der Fischernetze." Leider sind so gut wie keine Werke aus dieser Zeit
erhalten geblieben.
Hans van Voorthuysen heiratet Clara Terberger (?), mit der er als Nachbarkind
in der Dürenstraße schon von frühester Kindheit an gespielt hat. Das Paar
gründet eine Familie. Sohn Jan van Voorthuysen wird geboren.
1926 Der Ort Godesberg - damals noch eine eigene Kommune - wird zum Kurort
Bad Godesberg ernannt. Im Zuge der Profilierung des Kurortes versuchen
die damaligen Gemeindeoberhäupter Dr. Falk und Bürgermeister Josef Zander,
die in Godesberg ansässigen Bildenden Künstler in einem Förderkreis zusam-
menzufassen, um ihnen entsprechende Ausstellungsmöglichkeiten in der Villa
Stollwerk in der Kaiserstraße in Bad Godesberg anbieten zu können. Man initi-
iert die Bildung einer Künstlergruppe, die als "Ring Godesberger Künstler" bis
Mitte der 30-er Jahre und später - nach dem Krieg - ab dem 16.10.1947 als
Neugründung - nachweisbar ist.
Mitglieder des "Ringes Godesberger Künstler" sind (vor dem Krieg) u.a. der
Theatermaler Alfred Karl Müller, Toni Wolter, Louis Zierke, Emil Zuppke,
Alexander Fischel, Magda Felicitas Auer und wahrscheinlich auch Walter Rath.
In den Ausstellungen im Godesberger Stollwerkhaus (Villa Stollwerk) ist
damals auch Hans - oder eigentlich richtiger - Johan Adrian van Voorthuysen
sowie Carl van Ackeren vertreten. Das legt nahe, dass Voorthuysen bereits
vor dem 2. Weltkrieg ebenfalls - zumindest assoziiertes - Mitglied im "Ring
Godesberger Künstler" ist, die genannten Künstlerkollegen persönlich kennt
und sich mit ihnen austauscht. Hans van Voorthuysen wird - sofern Godes-
berger Künstlerkollegen über ihn berichten - als bescheidener, eher zurück-
haltender Maler beschrieben, der sich von seinem ganzen Naturell her nie in
den Vordergrund spielt. Der "Ring Godesberger Künstler" organisiert regel-
mäßig Ausstellungen für seine Mitglieder. Unter anderem werden die Weih-
nachtsausstellungen im Kurhaus und im Godesberger Rathaus fester Bestand-
teil des Godesberger Kulturprogramms und auch das Rheinhotel Dreesen stellt
gelegentlich Ausstellungsräume - teilweise für spezifische Themenausstel-
lungen, meist aber für Überblicksausstellungen über die Godesberger
Kunstszene - bereit. Ob diese Ausstellungen auch von Hans van Voorthuysen
mit Bildern beschickt wurden, ist wahrscheinlich, aber heute nicht mehr
konkret nachweisbar.
1933 Es steht zu vermuten, dass Hans von Voorthuysen - wie alle anderen voll-
beruflichen Künstlerkollegen auch - im Zuge der Machtergreifung Hitlers von
dem Dekret des späteren Reichspropagandaministers Dr. Göbbels betroffen
ist, alle privat-organisierten Künstlervereinigungen und -vertretungen aufzu-
lösen und statt dessen in die Reichskulturkammer - speziell in deren Unter-
abteilung, die Reichskammer der Bildenden Künste, Berlin einzutreten. Eine
Weigerung hätte ein Ausstellungsverbot in allen öffentlichen Institutionen,
den Wegfall von Förderungen und ein faktisches Berufsverbot bedeutet.
(Siehe dazu auch Kapitel: "Künstler in der NS-Zeit")
1938 Laut den Aufzeichnungen des in Godesberg sehr umtriebigen Künstlerkollegen
Louis Ziercke nimmt Hans van Voorthuysen nachweislich an der Bad Godes-
berger Weihnachtsausstellung, die als Verkaufsausstellung im Rathaus seines
inzwischen zur Stadt avancierten Heimatortes Bad Godesberg organisiert
wird, mit mehreren Werken teil. Welche Bilder er allerdings ausstellt und ob
diese bei den kunstbeflissenen Godesberger Bürgern Anklang finden und
verkauft werden, ist leider nicht überliefert.
1939 Im Folgejahr kann die Godesberger Weihnachtsausstellung nicht mehr im
Rathaus stattfinden. Statt dessen stellen die örtlichen Geschäftsstellen der
Zeitungen ihre Räumlichkeiten bereitwillig für die Weihnachtsausstellung zur
Verfügung. Hans van Voorthuysen stellt - wie berichtet wird - eine Rheinland-
schaft und mehrere Blumenstillleben aus. Die Bilder gefallen, finden schnell
Abnehmer und werden offensichtlich gut verkauft.
Wie viele andere Künstler meidet Hans van Voorthuysen in der Zeit ab 1933
in seinen Werken jeglichen politischen und gesellschaftlichen Bezug. Er malt
vorwiegend naturalistische Landschaften und Blumenstillleben. Dem Verneh-
men nach wagt er nur bei seinen Portraitwerken gelegentlich Aussagen, die
durchaus eine "kritische - teilweise auch satirische Auseinandersetzung mit
den abgebildeten Würdenträgern" reflektieren. Allerdings achtet Hans van
Voorthuysen wohlweislich darauf, diese Werke nicht über sein Atelier hinaus
gelangen zu lassen. Sein Atelier in der Dürenstraße dient ihm im Freundes-,
Kollegen- und Bekanntenkreis während des Krieges als privater Ausstellungs-
raum.
1945 Es ist aktuell nicht bekannt, wo und unter welchen Umständen Hans van
Voorthuysen das Ende des 2. Weltkrieges miterlebt. Als 1947 die Godesberger
Künstler auf Initiative des ehrenvoll zurückgerufenen Bürgermeisters Zander
in dessen Amtszimmer zusammengerufen werden, gehört van Voorthuysen
neben Alexander Fischel, Carl Bettin und Rudolf Gosekuhl wohl auch zu den
"Männern der ersten Stunde". Man ist sich einig, dass in der Kunst ein Neuan-
fang sowohl künstlerisch als auch organisatorisch geboten sei und gründet
einen neuen "Ring Godesberger Künstler" unter dem Vorsitz von Alfred Karl
Müller. Anfänglich kann die Stadt Bad Godesberg nur sehr wenig für ihre Maler
und Bildhauer tun. Eine Denkschrift beschreibt die Misere: "Wie überall leben
die Menschen in größter Enge, bedingt durch kriegsmäßigen Wohnaumver-
lust, Zuzug und Einweisung von Flüchtlingen und einer höchst schwierigen
Ernährungslage. In ungeheizten Zimmern, manchmal auf der Ecke eines
Küchentisches entstehen die Werke der Künstler. Künstlerisch-kreativ kann
(heutzutage) kaum ein Künstler arbeiten und für stilistische Experimente, die
nach dem überstandenen Krieg für einen neuen Aufbruch in der deutschen
Kunst wichtig wären, fehlt einfach ein genügend aufgeschlossenes und
zahlungswilliges Publikum. Nahezu alle Godesberger Künstler leben heute
"von der Hand im Mund". Alle sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
Revolutionär neue Bild- und Motivansätze laufen da schnell ins Leere!"
1950 Anfang der 50-er Jahre siecht der "Ring Godesberger Künstler" - dem auch
Hans van Voorthuysen angehört - dahin, ohne dass es einen offiziellen Anlass
für eine Auflösung gegeben hätte. In der Folge bildet sich eine neue "Arbeits-
gemeinschaft der Bildenden Künstler in Bad Godesberg". Diese Arbeitsge-
meinschaft kooperiert mit den Bonner Künstlervereinigungen und profitiert
von der Entscheidung zur Bildung der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn.
In deren Gefolge wird Bad Godesberg Sitz vieler Konsulate, Botschaften,
Verbände und Interessensvertretungen. Aus dem früher eher beschaulichen
"Kur-, Erholungs- und Rentnerort" wird mit der Zeit eine Diplomatenstadt mit
ganz eigenem Flair. Mitte der 50-er Jahre "boomt" die Kunst- und Kultur in
Bad Godesberg. Nun zieht es auch "externe" Maler und Bildhauer, darunter
Paul Magar, Ursula Pusch-Wennreich, Martin Frey, Hermann Berges und
Arno Reins nach Bad Godesberg.
1960 Hans van Voorthuysen unternimmt zahlreiche Exkursionen in's Rheinische
Umfeld sowie in die Eifel, um vor Ort unter freiem Himmel Landschaften und
Landschaftsdetails zu studieren und in Zeichnungen und farbigen Aquarell-
skizzen einzufangen. Die Skizzen setzt er dann später mit viel Liebe und
Detailbewußtsein in seinem Atelier in der Dürenstaße in Ölgemälde um.
Hier entstehen auch seine Blumenstillleben.
1969 Der Maler Hans van Voorthuysen verstirbt am 23.03. 1969 im Alter von 73
Jahren. Er wird auf dem Burgfriedhof in Bad Godesberg begraben.
1983 In der Volkshochschule Bad Godesberg findet eine vielbeachtete Ausstellung
zur "Revision der Hinterlassenschaft Godesberger Künstler" statt. Vorgestellt
werden Godesberger Maler und Bildhauer, die zwischen den beiden Welt-
kriegen den Schwerpunkt ihres künstlerischen Schaffens hatten und
über die die rasche und wechselhafte Entwicklung der bildenden Kunst seit
1950 gedankenlos hinweggegangen ist. Der zurückhaltende und eher stille
Hans von Voorthuysen gehört sicherlich zu einer Generation "vergessener"
Künstler, die es wert ist, wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu gelangen.
Zur Navigation bitte zum Seitenanfang zurückkehren und die nebenstehende (grau
hinterlegte) Kapitelanwahl benutzen oder klicken Sie die unterstrichenen Stichworte in den Texten an.