Otto Coenen (1907-1971)

Otto Coenen: Selbstportrait

1907    Otto Coenen wird am 16.05.1907 als Sohn

            des evangelischen Lehrerehepaares

            Coenen in Düren geboren. Otto hat meh-

            rere Geschwister, darunter eine jüngere

            Schwester Grete, mit der ihn ein beson-

            ders enges familiäres Band ("Seelenver-

            wandschaft") verbindet. Wie ihr umfang-

            reicher Schriftwechsel über Jahrzehnte

            beweist, korrespondieren beide sehr in-

            tensiv miteinander. Er tauscht seine Mei-

            nungen, seine politische Einstellungen,

            vor allem aber seine Theorien zur Funk-

            tion der Kunst mit ihr aus.

 

1913    Zu Ostern wird Otto Coenen in die Volks-

            schule Düren eingeschult. 1917 wechselt

            er auf das Realgymnasium in Düren und

            macht dort 1926 sein Abitur.

1916    Otto Coenens erste (kindlich-)künstlerische Zeichnung datiert nach Aussagen

            seiner Verwandten auf das Jahr 1916. Demnach muss er bereits als 9-jähr-

            iger Knabe einen verhältnismäßig analytischen Blick für Landschaften beses-

            sen haben.

Otto Coenen: Espen an der Rur (1921)

1921    Mit 14 Jahren malt (und signiert) Otto

            Coenen ein erstaunlich reifes Deck-

            farben-Bild auf Papier, das er "Espen

            an der Rur" betitelt. In der Folgezeit

            erprobt er verschiedene "zeitgenös-

            sisch moderne" Darstellungsstile und

            -methodiken. Sie zeigen sein Faible für

           "konstruktive" Bilder (a la Lyonel Fei-

            niger) respektive für zeitgenössisch-

            expressive Linol-/Holzschnitte (a la

            Ernst Ludwig Kirchner). Ohne sich selbst

            aber stilistisch festlegen zu wollen, 

            spielt Otto Coenen mit den Stilementen seiner Vorbilder, ahmt sie nach

            und variiert sie nach eigenem Geschmack.

1926    Mit Erreichens der Hochschulreife, trotzt Otto Coenen seinen Eltern deren

            Zustimmung zu einem Kunststudium an der Kunstakademie Düsseldorf ab.

           "Kunst" ist für die beamteten Eltern eine "brotlose" Disziplin. Als Otto Coenen

            aber seinerseits anbietet, statt "freier Kunst" ein Kunstlehrer-Studium mit

            der Zielrichtung Werklehrer und Weiterqualifizierung zum Kunstpädagogen

            aufzunehmen, geben die Eltern nach.

            Otto Coenen beginnt sein Kunststudium an der Kunstakademie in

            Düsseldorf bei Heinrich Nauen (1880-1940). Nauen gilt als Vertreter des

            Rheinischen Expressionismus (ab 1910) und ist Mitbegründer der Künstler-

            gruppe "Das junge Rheinland" (ab 1918). Bei ihm und bei Heinrich

            Campendonk (1889 - 1957), Mitglied der expressionistischen Münchner

            Künstlergruppe "Blauer Reiter", erhält Otto Coenen seine gestalterische

            Grundausbildung, ohne dabei aber auf den expressionistischen Stil seiner

            Lehrer fixiert zu werden.

Studienarbeiten von Otto Coenen (1926 -1929)

            obere Reihe:   Linolschnitte "Installationen"

            untere Reihe:  von links: "Fußballspieler", "Der Hahn"; "weiblicher Akt"

1929     Sein "Werklehrer-Examen" legt der gerade 22-jährige Otto Coenen bei

             Heinrich Kamps (1896-1954) ab, der in Düsseldorf für die Werk- und

             Zeichenlehrer-Ausbildung verantwortlich ist. Künstlerisch gehört Heinrich

             Kamps  - ebenso wie Heinrich Nauen - zur Gruppe: "Das junge Rhein-

             land". Kamps wird wenig später als Direktor an die Staatliche Kunsthoch-

             schule in Berlin-Schöneberg berufen. Man kann dort - aufbauend auf dem

             Werklehrer-Examen - zum Kunstpädagogen (im Gymnasialdienst) weiterge-

             bildet werden. Kamps überredet Otto Coenen, übergangsweise ein Semes-

             ter Kunstgeschichte an der Universität in Köln zu belegen, ehe er ihn

             an der Kunsthochschule in Berlin-Schönberg als Kunstpädagogik-Student 

             annimmt. Otto Coenen zieht von Düsseldorf nach Köln um. Hier lernt er

             die avangardistisch-sozialkritischen Künstler der "Kölner Progressiven"

             rund um Franz W. Seiwert (1894-1933), Gerd Arntz (1900-1988), Heinrich

             Hoerle (1885-1933) und Jankel Adler (1895-1949) kennen. Zum Umfeld

             dieser Gruppe gehören Heinrich Hoerles Ehefrau - Angelika Hoerle, Marta

             Hegemann und Anton Räderscheid, die als Mitglieder der Kölner Dada-

             Gruppe "stupid" das dadaistische Erbe von Max Ernst, Johannes Baargeld

             und Hans Arp in Köln bewahren. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind im

             Herbst 1929 in Deutschland alles andere als stabil. Der "Schwarze Freitag"

             an der New Yorker Börse markiert den Beginn der globalen Weltwirtschafts-

             krise und destabilisiert die Weimarer Republik noch mehr. Die Situation

             spitzt sich zu. Rechte und linke Ideologien prallen aufeinander. Die "Kölner

             Progressiven" bringen ihre Zeritschrift "a bis z" heraus. Otto Coenen wird

             deren Vertriebsmitarbeiter und bewirbt mögliche Abonnenten.         

1930    In Berlin sorgt Otto Coenen dafür, dass die staatliche Kunsthochschule und

            die Berliner Kunstakademie das "Kampfblatt" der "Kölner Progressiven"

            abonnieren. Er schreibt sich an beiden Institutionen ein. Zugleich besucht er

            die der KPD nahestehende marxistische Arbeiterschule in Berlin. Er lernt

            in Berlin die ein Jahr jüngere Elfriede Stegemeyer (1908-1988) kennen, die

            in den Berliner Dadakreisen verkehrt und - von Hause aus wirtschaftlich gut

            abgesichert - eine Ausbildung als Avangarde-Fotografin anstrebt. Sie wird

            seine Vertraute und Muse. Über Elfriede lernt Otto Coenen die künstlerische

            Fotografie als eigenständige Kunstform kennen. Auch er fotografiert nun

            experimentell, lichtet Landschaftsstrukturen, Mauern und Zäune sowie

            sequenzielle Architekturelemente ab. Zudem erkundet er sich, respektive

            sein Äußeres, durch eine Vielzahl von Portraitaufnahmen. Die Fotos nutzt er,

            um seine Holz- und Linolschnitte - die zu dieser Zeit sein bervorzugtes Aus-

            drucksmittel sind, vorzubereiten. Es entstehen eine Reihe von "proletari-

            schen Großstadtmotiven" - Ausdruck eines Neuen Kunstbegriffes, nach dem

            "..Kunst nicht mehr individualistische Vereinzelung, nicht mehr individuell

            entworfene Ästhetik" sondern "das Werkzeug des Kollektivbewußtseins ist.

            Ausdruck der Volkssolidarität und Sentenz des proletarischen Klassen-

            bewußtseins". Otto Coenen bekennt sich offen zum Bolchewismus, was

            durchaus seiner inneren Überzeugung entspricht, man müsse den Menschen

            notfalls zu seinem Glück (dem Kommunismus) zwingen.

Abb links: Otto Coenen in Berlin, auf-      Abb rechts: Otto Coenen mit der Dada-

genommen von Elfriede Stegemeyer       fotografin Elfriede Stegemeyer

1931    Im Juni 1931 legt Otto Coenen sein Kunstpädagogik-Examen in Berlin ab.

            Für eine kurze Übergangszeit kehrt er nach Düren in sein Elternhaus zurück,

            bis ihm in einem Kölner Gymnasium eine Referendarstelle als Kunstlehrer

            zugewiesen wird. Seine Freundin Elfriede Stegemeyer zieht ebenfalls nach

            Köln, um an der Kunstgewerbeschule Köln (spätere Kölner Werkschulen)

            das dort neu eingerichtete Studium der "Experimentellen Fotografie" aufzu-

            nehmen.

Otto Coenen: Stillleben mit Wecker und Lampe (1931)

            Otto Coenen wird Mitglied der Künstlergruppe "Kölner Progressive" und

            zudem Mitbegründer der Kölner Ortsgruppe der "Roten Kämpfer",

            einer linksradikalen und antifaschistischen Organisation, die in "revolutio-

            närem Elan" einen interlektuellen Gegenpol zum aufkommenden National-

            sozialismus in Köln bilden will. Bis 1936/37 bleiben die "Roten Kämpfer"

            weitgehend unentdeckt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Otto Coenen mehr-

            fach belastendes Material in den Wohnungen seiner "Roten Kampfgenossen"

            beseitigte und vor den Nazi-Schergen im Kölner Grüngürtel in Erdgruben

            versteckte.

1932    Innerhalb der "Kölner Progressiven" bricht ein Richtungsstreit zwischen

            Seiwert und Hoerle aus. Die Gruppe kann künstlerisch und politisch keinen

            gemeinsamen Nenner mehr finden. 1933 verstirbt Franz Wilhelm Seiwert,

            1936 verstirbt auch Heinrich Hoerle. Damit sind die Exponenten und Vor-

            denker der "Kölner Progressiven" tot. Die Gruppe löst sich auf. 

Otto Coenen: "Zementwerk in Oberkassel"

1933     Otto Coenen legt sein Staatsexamen als Gymnasiallehrer ab. Er wird

             im Folgejahr an seiner "alten" Schule in Düren als Studienassessor im

             Gymnasialdienst angestellt und schließlich als Kunstlehrer an die private

             Kalkuhlsche Oberrealschule nach Oberkassel versetzt. Die Versetzung ist

             mit einem nachhaltigen Ortswechsel verbunden, Die Wohnung, die er 1936

             in Oberkassel bezieht, wird für zwei Jahre sein Zuhause.

Otto Coenen: Arbeiten aus seinem Atelier in (Bonn-) Oberkassel

1936    In Köln beginnen die "Säuberungen". Offensichtlich finden die Nazi-

            Schergen im Zuge der Gleichschaltung der Deutschen Kunst keinen Hin-

            weis auf Otto Coenens Zugehörigkeit zu der Künstlergruppe der Kölner

            Progressiven - gescheige denn belastendes Material. Otto Coenen bleibt

            unbehelligt. Auch der großen Verhaftungswelle zur Zerschlagung der

           "Roten Kämpfer" kann Otto Coenen durch einen glücklichen Zufall ent-

            gehen. Sein Freund und Kampfgefährte Heinrich Pakullis, der das Adress-

            verzeichnis der Gruppe führt, "ißt" in einem unbewachten Moment während

            der Durchsuchung - das Vokabelheft mit den "heissen" Adressen Seite für

            Seite auf und kann wohl auch verhindern, dass die Postkarten und Briefe,

            die Coenen mit Pakullis ausgetauscht hat, in die Hände der Ermittler fallen.

            Somit bleibt Otto Coenen auch bezüglich seiner Mitgliedschaft bei den "Roten

            Kämpfern" unbehelligt.

1937    Um seine Anstellung als Kunstlehrer im Gymnasialdienst abzusichern, ver-

            hält sich Otto Coenen still und meidet alle Anlässe, die die Öffentlichkeit

            auf seine früheren Aktivitäten aufmerksam machen könnte. Er arbeitet,

            wenn überhaupt, so nur im Privaten an seinen Bildern, beschickt keine Aus-

            stellungen und "zieht" - so weit ihm das möglich ist - seine früheren Bil-

            der nach und nach "aus dem Verkehr". 

            Zudem stellt er - wohl aus taktischen Gründen - einen Antrag auf Mitglied-

            schaft im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB). Der NSLB ist der

            NSDAP angegliedert und wird nach 1933 mit 300.000 Mitgliedern zur

            alleinigen Lehrerorganisation im Deutschen Reich. Nach Hinterlegung des

            "Arier-Nachweises" sowie der Ausstellung eines "Leumundzeugnisses" durch

            zwei Parteigenossen wird dem Aufnahmeantrag stattgegeben. Otto Coenen

            ist damit als Parteigenosse vor weiteren Anfeindungen relativ sicher. 

1938    Otto Coenen heiratet. Die Ehe mit Maria währt - berücksichtigt man Coenens

            Einberufung zur Wehrmacht und die Zeit seiner Internierung - verhältnis-

            mäßig kurz. Otto Coenen bezieht mit seiner Frau eine Mansardenwohnung in

            Beuel. 

Otto Coenen: Kühe (1939)

1941    Otto Coenen erhält den Einberufungsbefehl zur Wehrmacht. Das private

            Kalkuhl-Gymnasium muss ihn (durch Entlassung) freistellen. Er wird zwar

            offiziell als Kunstlehrer am Bonner Beethoven-Gymnasium tätig, doch ist

            diese Anstellung nur fiktiv und dient dem Zweck, die vorgeschriebene Warte-

            zeit bis zur Verbeamtung zu überbrücken. Otto Coenen wird nach der

            Grundausbildung zur Bewachung von Kriegsgefangenen in verschiede-

            nen norddeutschen Lagern eingeteilt. 1942 wird er als Besatzungssoldat

            an die Eismeerküste nach Norwegen versetzt.      

Otto Coenen: "Norwegische Landschaft" (1942/43)

1943    Otto Coenen kehrt anläßlich eines Heimaturlaubes nach Bonn zurück. Er

            wird zum Studienrat ernannt und formal dem mathematisch-natur-

            wissenschaftlichen Gymnasium in Mönchengladbach zugeteilt. Ein Großteil

            seiner künstlerischen Vorkriegswerke, die er in Düren bei seinen Eltern

            eingelagert hat, gehen durch Brandbomben-Einwirkungen verloren. Seine 

            Frau schafft es, einige Werke aus seiner Kölner Zeit (darunter auch Schen-

            kungen seiner Malerfreunde (Seiwert, Hoerle, Arntz) in ihre Wohnung nach

            Beuel zu bringen. Eine Wohnung, die nun, da auch Otto Coenens in Düren

            ausgebombte Eltern mit in die Mansardenwohnung einziehen, viel zu klein

            ist.

1945     Mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 endet

             Otto Coenens Kriegseinsatz in Norwegen. Er wird Kriegsgefangener der

             Engländer und auf der Lofoten-Insel Hinnoy interniert. Im August 1945

             wird er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Er kehrt nach Beuel

             zurück.

1946     Die britische Besatzungsbehörden erteilen ihm im Folgejahr 1946 eine

             vorläufige Beschäftigungserlaubnis, die Otto Coenen in die Lage versetzt, -

             vorbehaltlich einer erfolgreichen PG-Entnazifizierung - als Lehrkraft am

             Städtischen Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasium in Mönchen-

             gladbach tätig zu werden. 

             Otto Coenen mietet sich ein kleines, möbiliertes Zimmer in Mönchenglad-

             bach und tritt seine Stelle als Kunstlehrer an.

             Für ihn ist das die Stunde Null.

Otto Coenen: "Stillleben mit Apfelsine und Zitrone"

1947    Otto Coenens Freund, der ehemalige "Rote (Mit-)Kämpfer" Heinrich Pakullis

            gibt für Otto Coenen eine "Entnazifizierungserklärung" ab. Pakullis hat nach

            seiner Verhaftung 1936 und seiner Verurteilung 1937 insgesamt 8 Jahre in

            NS-Gefängnissen verbracht und wird erst zum Kriegsende 1945 durch die

            Engländer befreit. Als NS-Opfer setzt er sich für Otto Coenen ein und be-

            stätigt ihm, (trotz seiner Mitgliedschaft in der NSDAP) doch auch im

           "Widerstand" tätig gewesen und seinerzeit ein aktiver Unterstützer der

           "roten Kämpfer" gewesen zu sein. Daraufhin wird Coenen rehabilitiert.

            Bereits im April 1947 darf Otto Coenen im britischen Kulturzentrum: "Die

            Brücke" in Mönchengladbach sein künstlerisches Ouevre ausstellen.

            Englische Kulturzentren werden in nahezu allen Städten und Kommunen

            der britischen Besatzungszone eingerichtet (unter anderm auch in Bonn).

            Die britischen Kulturzentren bieten in den zerbomten Städten für lange Zeit

            die einzige Auftritts- und Ausstellungsmöglichkeiten für politisch unbelastete

            Künstler. Nach seiner ersten Ausstellung in Mönchengladbach stellt Otto

            Coenen seine Werke in Krefeld und in Düsseldorf aus.

 

Zeit der Neuorientierung in Bonn-Beuel

            Otto Coenen sieht sich künstlerisch gefordert. Neben seiner Lehrertätigkeit

            widmet er sich intensiv der eigenen Kunst. Er gerät geradezu in einen

            Schaffensrausch, da es ihn - wie vielen seiner Künstlerkollegen danach

            dürstet, die weitgehend verordnete "Deutsche Kunst" hinter sich zu lassen

            und Anschluß an die internationale Kunstentwicklung zu finden.

            Der Bonner Maler Hans Thuar, mit dem Otto Coenen bereits seit 1932 ein

            freundschaftlich-kollegiales Verhältnis verbindet, macht ihn auf die "Alfterer

            Donnerstag-Gesellschaft" in Burg Alfter bei Fürst Salm-Reifferscheidt auf-

            merksam. Otto Coenen besucht einige dieser Kunstveranstaltungen.

            Während der Woche als Lehrer in Mönchengladbach, verbringt Coenen die

            Wochenenden und die Ferien in Bonn-Beuel. Hier hat er auch sein Atelier.

            Die Differenzen zwischen ihm und seiner Frau, die ihn in dieser Zeit nur

            selten sieht, nehmen zu. Das Paar lebt sich auseinander und läßt sich

            schließlich scheiden.

1948    Otto Coenen heiratet Maria Spanier, die er schon aus früheren Zeiten             kannte. Im selben Jahr wird sein erster Sohn Jan geboren. Coenen sieht

            sich in Mönchengladbach nach einer größeren Wohnung um.

1949    Otto Coenen verläßt Bonn und zieht mit Frau und Kind nach Mönchen-

            gladbach. Der "Normade", wie er sich scherzhaft vor seinen Schülern selbst

            benennt, wird endgültig sesshaft. Mit der Einrichtung eines eigenen Ateliers

            verbindet Otto Coenen nun Beruf und künstlerische Berufung an einem Ort.

 

Zur Arbeitstechnik Otto Coenens

Beginnend mit einem selbsterstellten Motivfoto von Landschaften, Häusern o. dergl. , analysiert und abstrahiert Otto Coenen die Bildstrukturen des Fotos. Sodann legt er eine Strukturzeichnung (meist in Bleistift) an. Zur Prüfung der Bildtonalität fertigt er Farbstudien als Aquarelle, per (Schul-) Deckfarben oder mit Kasein- (Plaka)farben an. Erst wenn die Tonalität des Bildes stimmt, erfolgt im letzten Schritt die Anlage eines Ölbildes.

1951    Coenen stellt in einer Gesamtschau seine aktuellen Werke in der Buchhand-

            lung Boltze in Mönchengladbach aus.

1952    Otto Coenens zweiter Sohn Michael wird geboren. Als Studienrat am Gym-

            nasium ist Otto Coenen inzwischen arriviert. Er widmet sich nun vornehmlich

            seiner Familie. Nur in den Ferien, die die Familie Coenen im Schwarzwald bei

            Ottos Schwester Grete und deren Familie verbringt, schafft er es, wieder

            eigene Bilder zu malen und Linolschnitte anzufertigen. Er entwickelt seine

            Kunst Stück für Stück weiter. Dies setzt er auch fort, als die Familie ihre

            Ferienaufenthalte auf die holländischen Nordsee-Inseln verlegt. Vor allem

            Vlieland hat es ihm angetan.

Otto Coenen: Foto-, Aquarell- und Ölstudie der Nordseeinsel Vlieland

Otto Coenen: oben "Am Deich"; mitte: "Buhne im Meer"; unten: "Wolkenwand"

Der politische Künstler Otto Coenen

             Gegen Mitte der 50-er Jahre, als die Gründung der Bundeswehr, die

             Wiederbewaffnung und der Eintritts der Bundesrepublik in die NATO

             überaus kontrovers in der Bevölkerung diskutiert wird, wird auch Otto

             Coenen wieder politisch aktiv. Er ist und bleibt - wie viele seiner Künst-

             lerkollegen - als Interlektueller ein Marxist. Aus seiner Sicht hat der 

             der Sozialismus sowjetischer Prägung, als Gegenposition zum Kapita-

             lismus durchaus sein Gutes.

 

1960     Otto Coenen wird Gründungsmitglied der Deutschen Friedens-Union (DFU),

             einer kleinen linksgerichteten Splitterpartei, die durch die "sogenannte"

             DDR finanziell und politisch unterstützt wird. Otto Coenen kandidiert, wird

             1961 zum Bezirksvorsitzenden der Partei in Mönchengladbach gewählt und

             kandidiert für die Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahl. Ihm ist

             jedoch bei keiner Wahl ein bemerkenswerter Erfolg beschieden. Die DFU

             bleibt eine Splitterpartei. Otto Coenen fühlt sich ohnmächtig und tritt 1965

             aus der Partei aus, die sich später dann auch selber auflöst.

1962    Otto Coenens ältester Sohn Jan kommt als 14-Jähriger bei einem Unfall

            um's  Leben. Für Otto Coenen und die gesamte Familie stellt sich ein 

            Schockzustand ein, den der Künstler - wie er selbst gesteht - nie richtig

            überwindet.

1968    Otto Coenens Gesundheitszustand verschlechtert sich. Bei einer vermeind-

            lichen Routineuntersuchung äußert sein Arzt den Verdacht auf Krebs. Der

            anfängliche Verdacht erhärtet sich, bis schließlich auch die ärztliche Diagno-

            se unumstößlich auf Krebs lautet.

            Für eine kurze Zeit flammt in Otto Coenen noch einmal alle kreative Energie

            auf. Er beschickt im August/September 1968 eine Einzelausstellung in

            Bochum mit seinen Werken, beteiligt sich an der Jahresschau "Dürener

            Künstler" im Leopold-Hoesch-Museum in Düren und erhält im Folgejahr 1969

            eine weitere Einzelausstellung in "Claubergs Galerie der Experimente" in

            Bochum.

1969    Zum Ende des Jahres 1969 unterzieht sich Otto Coenen der längst über-

            fälligen Krebsoperation. Im Herbst 1970 sind seine jüngeren Werke noch

            einmal in einer Einzelausstellung im "Studio Krüll" in Krefeld zu sehen.

1971    Am 10. Februar 1971 verstirbt der Kunstpädagoge, Maler und Grafiker

            Otto Coenen im Alter von 64 Jahren an den Folgen seiner Krebserkrankung

            in Mönchengladbach.

 

Anmerkung:          

            Dass Otto Coenen heute zur "vergessenen Generation Bonner Künstler"

            gezählt wird, verdankt er der Tatsache, dass er 15 Jahre lang, von 1934

            bis 1949 zunächst in Oberkassel, dann später in Bonn-Beuel gewohnt und

            gearbeitet hat. Auch wenn er sich selbst als "Normade" bezeichnete, der

            viel unterwegs gewesen sei, so liegen seine künstlerischen Wurzeln und

            sein Wirkungsumfeld doch relativ eng umgrenzt im Rheinland.

            Von Düren und Mönchengladbach im Westen, über Düsseldorf im

            Norden, Köln (in der Mitte) bis nach Bonn und dem Siebengebirge im

            Süden.     

            

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