Günter Ferdinand Ris (1928 - 2005)
Das Künstlerprofil des Bonner Künstlers Günter Ferdinand Ris befindet sich aktuell in redaktioneller Vorbereitung. Dabei werden auf die früheren Angaben zur Biographie des Künstlers, die bisher im Kapitel "Sammlungsbezogene Künstlerprofile" wiedergegeben wurden sowie auf die im Kapitel "Bildarchiv/Scans" gesammelten Fotoabbildungen zurückgegriffen. (Nach redaktioneller Fertigstellung des Künstler-profils werden diese Seiten gelöscht).
1928 Günter Ferdinand Ris erblickt am 16. Mai 1928 in
Manfort, heute ein Stadtteil von Leverkusen, das
Licht der Welt. Sein Vater - Fritz Ris (1897 - 1973)
führt den Stammbaum der Familie Ris bis auf den
Rechenmeister Adam Riese (1492-1559) - reportiert
als Adam Ris bzw. Adam Ries - zurück. Fritz Ris
war seines Zeichens ein renommierter Bau-
architekt (Diplom-Ingenieur), Stahl-Unternehmer
und Miteigner der Stahlbaugesellschaft Rippenstreck.
Das Unternehmen besaß ein Patent auf die Herstel-
lung von gezogenem Streckmetall, das überwiegend
in der Gestaltung von Gebäudefassaden (zur Armie-
rung und Sicherung des Außenputzes sowie im Ge-
bäude-Innenausbau (zur Herstellung von "Rabitz-
kästen" etc.) benötigt wurde.
Günter Ferdinands Vater war in Leverkusen sehr gut vernetzt. Er arbeitete
als Architekt und Bauberater für namhafte Industrieunternehmen. Über
Günter Ferdinands Mutter - Maria Ris (geb. Weingärtner) - war sein Vater
rund 20 Jahre lang Mitglied des familieneigenen Gesellschaftsausschusses
des bedeutenden Leverkusener Stahlunternehmens Wuppermann. (Noch
heute ist das Unternehmen bzw. dessen Nachfolger ein reines Familien-
unternehmen. Ein Onkel von Günter Ferdinand Ris war der Bankier Dr. Carl
Wuppermann (1880 bis 1973), der in der Zeit vor und nach dem 2. Weltkrieg
als Direktor der Generaldirektion der Deutschen Bank großen Einfluss besaß.
Vertreter der Familie Wuppermann waren später im BDI Bundesverband der
Deutschen Industrie und seinen Unterausschüssen (u.a. in dem Unteraus-
schuß für Kunst und Kultur) engagiert.
Günter Ferdinand Ris wuchs sorgenfrei in großbürgerlich-vermögenden
Familienverhältnissen auf. Belastbare Angaben zu seinem spezifisch früh-
kindlichen Lebensumfeld, zu Konfession, Glauben und den besonderen
familiären Prägungen fehlen allerdings.
1934 Vermutlich wird Günter - wie er zuhause gerufen wird - in die stadtteilinterne
"Theodor-Wuppermann-Volksschule" - benannt nach dem Günder des
damals größten regionalen Industrieunternehmens - eingeschult und
wechselt von dort (frühestens 1938) in ein Leverkusener Gymnasium über
(unbestätigt).
1939 Zu Beginn des 2. Weltkrieges ist Günter Ferdinand Ris 11 Jahre alt. Offen-
sichtlich hat er seine (gymnasiale) Schulausbildung nicht beendet. Bei regu-
lärem Schulablauf kann er frühestens 1944 die mittlere Schulreife erworben
haben.
1943 Günter Ferdinand Ris meldet sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst. In welcher
Funktion der 15-Jährige in der Folgezeit bis 1945 eingesetzt wird, ist unbe-
kannt. Wahrscheinlich wird der Jugendliche zum "Deutschen Arbeitsdienst"
(ohne Fronteinsatz) verpflichtet und leistet seine Arbeit in einem kriegs-
wichtigen, heimischen Rüstungsbetrieb - auf Intervention der Familie - in
einem Subunternehmen der Wuppermann-Gruppe ab.
Möglicherweise wird ihm später diese Zeit als Betriebspraktikum angerechnet.
Wo und unter welchen Umständen der 17-jährige Günter Ferdinand Ris 1945
das Ende des zweiten Weltkrieges erlebt, ist nicht bekannt.
In der Folgezeit werden ihm die Studienvoraussetzung für ein akademisches
Studium an einer Kunsthochschule/Akademie - möglicherweise aufgrund
eines "Kriegsabiturs" und einer Sonderbegabtenprüfung - anerkannt.
Eduard Trier erwähnt in seiner später erschienenen Monografie über G.F. Ris
eine "Kriegsverletzung", die dieser offensichtlich zwischen 1943 und 1945 er-
litten und die ihn daran gehindert habe, ein ursprünglich geplantes Bildhauer-
studium an der Kunstakademie in München bei Prof. Josef Henselmann
(1898-1987) aufzunehmen.
1947 Die staatliche Kunstakademie in Karlsruhe nimmt
bis ihren - kriegsbedingt unterbrochenen - Studienbe-
1950 trieb wieder auf. Günter Ferdinand Ris schreibt sich
für ein Studium der "freien Malerei" dort ein. Im
Rahmen des Grundstudiums vermittelt der neuer-
nannte Leiter der Karlsruher Zeichenklasse, Otto
Laible (1894-1962) den Studenten die notwendigen
Basiskenntnisse. Günters Zeichenlehrer wird 1949
zum ordentlichen Professor an der Kunstakademie
Karlsruhe ernannt. Er gilt zunächst als Vertreter
eines französisch - auf Corot und Delacroix zurück-
gehenden - "realistischen Impressionismus" und be-
müht sich vor allem durch Exkursionen darum, sei-
nen Studenten eine "Annäherung" an die damalige internationale Kunstent-
wicklung, vor allem an die trendsetzende französische Kunst zu ermöglichen.
Unter anderem besucht Otto Laible mit seinen Studenten Ausstellungen von
Georges Braque, Henri Matisse und anderen, der Abstraktion zugewandten
französischen Künstlern. Nur wenige Jahre zuvor waren Werke dieser Künst-
ler in Deutschland noch als "entartet" gebrandmarkt worden.
Studieninhalte und Schwerpunkte
Wieviele Semester Günter Ferdinand Ris an der Kunstakademie Karlsruhe
zugebracht hat, ist nicht genau bekannt. Nach eigenen Angaben wechselte
er zwischenzeitlich von der Kunstakademie Karlsruhe zur Kunstakademie nach
Düsseldorf, um dort seine Studien bei dem Maler Prof. Theo Champion (1887-
1952) fortzusetzen und zu erweitern. Offensichtlich aber nicht für lange Zeit,
denn schon nach zwei Semestern wechselte er zurück zu der Freiburger
Außenstelle der Kunstakademie Karlsruhe. Er studiert dort weiterhin das
Fach "freie Malerei", konzentriert sich aber auf das von der Neuen Sach-
lichkeit beeinflußte "analytisches Zeichnen", das der zur Künstlergruppe
"Der Kreis" gehörige Maler und Lithograph Karl Hubbuch (1891-1979) als
neuer Professor an der Kunstakademie Karlsruhe lehrt. Otto Laible und
Karl Hubbuch hatten zusammen die Künstlergruppe "Der Kreis" unmittelbar
nach Kriegsende gegründet, um eine nachhaltige "Um- und Neuorientierung"
in der Deutschen Kunst voranzutreiben.
Nach eigener Aussage beschäftigt sich Günter Ferdinand Ris während seines
Studiums - wohl angeregt, möglicherweise auch in innerer Abgrenzung zum
Beruf seines Vaters - mit neuen architektonischen Ausdrucksformen. Sein
besonderes Interesse gilt den Architekten Walter Gropius (1883-1969),
Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), LeCorbusier (1887-1965), Alvar Aalto
(1898-1976) und Oscar Niemeyer (1907-2012). Alle waren nicht nur begnade-
te Architekten, sondern zugleich auch Designer und Formgestalter. Sie alle
waren überzeugt, dass die Gestaltungsbasis einer menschlichen Wohn- und
Lebenswelt ein universales, strukturell-ästhetisches Maßsystem für Linien-,
Flächen- und Raumbeziehungen sei, das "hinter" aller Gestaltung stehe und
in sich die Voraussetzung für visuell erfahrbare ästhetische Harmonie bilde.
Nicht unähnlich - in Teilen sogar durchaus vergleichbar - den akustisch er-
fahrbaren Harmonien in der Musik. Auch Günter Ferdinand Ris scheint diese
Art der Verwandschaft zwischen Architektur und Musik empfunden zu haben.
Tatsächlich hatte er - wohl schon durch die musikalische Früherziehung in
seinem Elternhaus bedingt - eine durchaus hohe Affinität zur Musik und
spielte - wie mehrfach reportiert wurde, sehr gut - fast konzertant - Geige.
Er hätte zu diesem Zeitpunkt auch Orchestermusiker werden können.
Das Empfinden für harmonische Wirkungen - sowohl in der Musik als auch
in der Bauarchitektur - war in Günter Ferdinand Ris schon vom Elternhaus
aus angelegt. Von Hause aus finanziell unabhängig, kann es sich der junge
Kunststudent leisten, auf seine "künstlerische Berufung" zu warten
beziehungsweise diese "in sich wachsen zu lassen". Das relativ wenig
regulierte Studium der "freien Malerei" bietet ihm die Möglichkeit, ernsthaft
auf eine persönliche Entdeckungsreise nach den grundlegenden ästhetisch-
harmonischen Gesetzmäßigkeiten in der zeitgenössischen Kunst zu gehen.
Vieles ist im Umbruch. Das Diktat der "gleichgeschalteten" Deutschen Nazi-
Kunst ist endgültig beendet. Radikale Umbrüche zeichnen sich in den neuen
zeitgenössischen Kunststilen ab. Der Kubismus (französischer Bauart), der
Konstruktivismus (russischer Bauart), Pop- und Op-Art (englischer und
amerikanischer Bauart), die Wiederbesinnung auf den deutschen Bauhaus-
stil mit der Maxime des "form follows function" und andere experimentell-
malerische Strömungen (Deutsches Informel) vermengen sich zunehmend,
werden - wie Günter Ferdinand Ris es sieht - zu einem "Ausdrucksbrei".
Und so sammelt er als angehender Künstler seine eigenen, zunächst
überwiegend grafische, typografische und zeichnerische "Explorations-
und Erkundungsinstrumente", um sich und seine ausgeprägte Affinität zu
den elementaren reduzierten Flächen-und Raumelementen (Punkt, Linie,
Fläche, Raum) sowie den Problemstellungen der architektonischen Linien-,
Flächen- und Raumkonstellationen weiterentwickeln zu können.
Ob er seine Studienzeit in Karlsruhe, Düsseldorf und Freibung erfolgreich mit
einem "Akademiebrief" seiner Professoren beenden konnte, ist nicht belegt.
Ein formales Studienende per eingetragener Exmatrikulation in den Akade-
mieverwaltungen ist nach derzeitigem Recherchestand - möglicherweise
wegen nachkriegsbedingter organisatorischer Schwierigkeiten im Laufe bzw.
im Vollzug der unterschiedlichen Studien-Neuordnungen in den verschiedenen
Besatzungszonen - nicht dokumentiert worden.
In der Folgezeit verliert sich Günter Ferdinand Ris Biografie für mehrere
Jahre. Dem Vernehmen nach soll er zwischen 1947 und 1950 an einigen
Veranstaltungen der "Alfterer Donnerstag-Gesellschaft" als kunstinteressierter
externer Gast teilgenommen und in diesem Zusammenhang auch die beiden
Brüder Hann und Eduard Trier kennengelernt haben. Insbesondere Eduard
Trier wird Günter Ferdinand Ris Lebensweg in der Folgezeit noch mehrfach
kreuzen und stark beeinflussen. In welchem Maße die Mitinitiatoren und
künstlerischen Impulsgeber der Alfterer Donnerstag-Gesellschaft, vor allem
die damals überwiegend grafisch-abstrahierend arbeitenden Künstler Hubert
Berke, Joseph Faßbender und Hann Trier Einfluß auf die spätere künstlerische
Entwicklung von Günter Ferdinand Ris hatten, kann nur vermutet werden.
Mit Sicherheit kannte der Kunststudent damals deren vieldiskutierte neuen
Kunsttheorien und -auffassungen, mit denen die Alfterer Donnerstag-Gesell-
schaft einen initativen Neuanfang in der westdeutschen Nachkriegskunst
setzen wollte (und konnte).
Wahrscheinlich verfolgte Ris auch die ausgestellte Arbeiten dieser Künstler
sehr genau. Offensichtlich ließ er sich von einzelne Blättern sogar dazu an-
regen, parallele eigene Ausdrucksformen zu suchen.
1952 Eine Zeit lang arbeitet Günter Ferdinand Ris als
Auftragsporträitist. Nur wenige seiner frühen
Portraitgemälde sind noch vorhanden. Um sich
als angehender Künstler "finanziell über Wasser
zu halten", nimmt Günter Ferdinand Ris nach
eigenem Bekunden "nebenher" Jobs als festan-
gestellter Typograph und Schriftsetzer für ver-
schiedene Druckereien und Reproanstalten an.
Zunächst noch im badischen Raum um seinen
Studienort Freiburg, später - nach seiner Rück-
kehr - auch in der heimischen Gegend um
Leverkusen, Köln und Bonn. In Leverkusen
richtet er sich sein erstes Künstleratelier ein.
In den kommenden Jahren lebt und arbeitet er
in Schlebusch, einem Stadtteil von Leverkusen,
der unmittelbar an Leverkusen-Manfort angrenzt,
wo er geboren wurde und aufwuchs. Die Zeit
zu Anfang der 50-er Jahre ist sicherlich die
wohl einflußreichste Zeit im Leben des Künstlers. Er findet die persönlichen
Kontakte, die ihn und seine künstlerische Arbeit sein Leben lang prägen wer-
den. In Leverkusen lernt er seine spätere Frau Hildegard Hofmann kennen
und gründet mit ihr eine Familie. Der Ehe entstammen drei Kinder - Frank-
Martin (1954), Eva-Katharina (1961) und Daniel-Christoph Ris (1965).
1953 Günter Ferdinand Ris reicht erste Werke zur Bewerbung um öffentliche Aus-
stellungen ein. Wohl auf Vermittlung seines Vaters sowie der Familie Wupper-
mann lernt er den Kunsthistoriker und damaligen Direktor des Museums von
Schloss Morsbroich in Leverkusen, Curt Schweicher (1908-1988) näher
kennen. Schweicher ist publizistisch tätig und gilt als ein profunder Kenner
der zeitgenösischen französischen Kunstszene - insbesondere des Kubismus
und des Surrealismus. Schweicher nimmt den 20-Jahre jüngeren Künstler
"unter seine Fittiche". Gemeinsam reisen sie zu einer "Erkundungsreise" im
Folgejahr (1954) nach Südfrankreich und Italien.
1955 Curt Schweicher ermöglicht seinem Schützling seine erste große Einzelaus-
stellung in Schloss Morsbroich in Leverkusen. Vermutlich stellt Günter
Ferdinand Ris dort die ersten Ergebnisse seiner Werkreihe mit abstrakten
"Flächenkonstitutionen" aus.
Der Kunstkritiker Prof. Eduard Trier bespricht lobend die Erstpräsentation
der Werke in Schloss Morsbroich in der FAZ. Günter Ferdinand Ris sucht und
findet den ihm. In den Gesprächen setzt Eduard Trier ihn "auf die Schiene".
Zudem macht Eduard Trier den Mäzen, Sammler, Kunst- und Designförderer
Gustav Stein (1903-1979), mit dem er gemeinsam publizistisch tätig ist, auf
den jungen, seiner Meinung nach "hochgradig ausbaufähigen Künstler"
aufmerksam.
Gustav Stein war u.a. Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf und als
solcher sehr gut mit den institutionellen Förderern der Kunstakademie ver-
netzt. Seine Beziehungen reichten bis weit in die Großindustrie, zu der auch
das Stahlunternehmen Wuppermann und deren Eignerfamilie - weitschweifig
damit auch der junge Künstler Günter Ferdinand Ris - gehörte.
Gustav Stein war sicherlich einer der umtriebigsten Kunst- und Kulturmana-
ger der frühen Nachkriegszeit. Nach und nach wechselte er in die Politik.
So initiierte er die Gründung des Kulturkreises im Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) in Köln und wurde 1957 zum Hauptgeschäfts-
führer des BDI berufen. Als sachverständiger Sammler zeitgenössischer
Kunst setzte sich Gustav Stein für eine eigene Kunstsammlung des deut-
schen Bundestages ein und wurde wenig später selbst als Abgeordneter
in den Deutschen Bundestag gewählt. Hier traf er unter anderem auf seinen
persönlichen Freund, den Porzellanindustriellen Philipp Rosenthal. Den Design-
institutionen der Bundesrepublik galt Gustav Steins besonderes Augenmerk:
Er gründete den "Gestaltkreis im Bundesverband der Deutschen Arbeitgeber",
den "Rat für Formgebung" in Darmstadt und das IDZ "Internationales Design-
Zentrum Berlin", dessen Leitung er später (ab 1969) übernahm.
Durch die Einzelausstellung in Schloss Morsbroich wird auch der angehende
Rechtsanwalt Herbert Wuppermann auf seinen nahezu gleichaltrigen Ver-
wandten Günter Ferdinand Ris aufmerksam. Sie freunden sich an und unter-
nehmen gemeinsame Kulturreisen, - die längste 1963 nach Griechenland.
Herbert Wuppermann wird innerhalb des Familienverbandes Wuppermann
in gewisser Weise zum Sprachrohr und Interessensvertreter für Günter
Ferdinand Ris. Er ist es bespielsweise, der im Familienkreis den Beschluß
erwirkt, Günter Ferdinand Ris mit dem Entwurf des gläsernen Aussstellungs-
standes auf dem Freigelände der Hannovermesse 1960 zu beauftragen.
Dieser Auftrag ermöglicht es Ris, zukünftig auch wirtschaftlich "auf eigenen
Füßen" zu stehen.
Zudem setzt Herbert Wuppermann seine Beziehungen zum "Kulturkreis des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie" dazu ein, dem Künstler eine
institutionelle Förderung in Form eines Auslandsstipendiates zukommen zu
lassen. Ris reist damit über Paris, wo er den dänischen Künstler Richard
Mortensen (1910-1993) (siehe unten) besucht, in das damalige Mekka aller
namhaften französischen Künstler nach Südfrankreich.
Künstlerische Entwicklung: Erkundung der Fläche
1953 Günter Ferdinand Ris malt seine ersten abstrakten Bilder. Zu Übungs- und
Präsentationszwecken legt er einen umfangreichen Fundus von Skizzen,
Zeichnungen und Gemälden an. In ihnen erkundet er (unter Vermeidung
jeglicher konkreter thematischer Bezüge) die elementare "Konstituierung"
von zunächst ausschließlich planen Flächen zueinander. Er "konstituiert"
einen Basisbildraum, auf dem er Haupt-, Neben- und Begleitflächen "agieren"
läßt, untersucht grafisch-analytisch die Möglichkeiten linearer und farbig-
kontrastierender Abgrenzungen, Grenzlinien, Grenzflächen, Eckbeziehungen,
Drehungen und Verschiebungen.
Systematisch erkundet er seine "Konstruktionsparameter", kommt vom Punkt
zur Geraden, von der Geraden zur Fläche und von der Fläche zum Raum. Er
"fühlt" den Dingen nach, setzt Flächenzentren gegeneinander, baut Span-
nungen zwischen ihnen auf. "Kontraflächen" entstehen, die als Spiegelungen,
Wiederklänge oder Rotationen eine für Ris fühlbare Eigendynamik besitzen.
Letztendlich sind es die ganz grundlegenden Harmonien, die er in seinen
"architektonischen Flächenkonstitutionen" visuell aufspürt. Ähnlich muß ein
Musiker empfinden, der "hinter" seinen Noten als "konstituierende" Chiffren
einer Tonfolge bereits akustisch eine Melodie, zumindest aber eine musika-
lische Harmonie sowie den umgebenden "Klangraum" (Sound) erkennen und
definieren kann. Hat ein Künstler bei seiner Suche Erfolg, benötigt er die
vielen Vorschritte nicht mehr, die er häufig zur experimentellen Erkundung
eines Wirkzusammenhanges (beispielsweise einer Flächenrotation oder einer
Schwerpunktsverlagerung zur Erzielung von Flächengleichgewichten und
Flächenharmonie) brauchte.
Er muß sich logischerweise von ihnen trennen, da "Vorstufen" in aller Regel
nur Teillösungen darstellen und erst die Verbindung aller Vorstufen ein über-
zeugendes, in sich stimmiges und abgeschlossenes Gesamtwerk erzeugt.
1955 Die moderne, sich progressiv darstellende deutsche Nachkriegskunst nimmt
Mitte der 50-er Jahre Fahrt auf. Erste Museen, Galerien und Sammler rea-
gieren auf das überwiegend von den Künstlern selbst, respektive den Künst-
lergruppen und -vereinigungen angebotene Programm. Neue Sicht- und Denk-
weisen sind auf einmal in der bildenden Kunst angesichts der deutlich konzep-
tionelleren Themenstellungen, die die Künstler "anpacken", gefragt. Man will
aufrütteln, will provozieren, politisch und gesellschaftlich nach den Erfah-
rungen des 2. Weltkrieges nicht mehr "Volk" und "Masse" und damit händel-
bar sein. Zum Teil wird bewußt eine Abkehr von den "traditionell-überlieferten
Kunst- und Kulturwerten" (wie Wahrheit, Schönheit, Ästhetik und Harmonie)
vollzogen und statt dessen Unverständlichkeit, Abstraktion, Provokation und
Revolte propagiert. Tendenziell wird die Kunst nun engagierter und dogma-
tischer. Sie wird zum Instrument einzelner Künstlerpersönlichkeiten und
der Erläuterung ihrer Weltsicht erklärt. Kunst muß etwas aussagen! Erst
durch ihre Intention und ihre Aussage gewinnt Kunst ihre neue Dimension,
wird mehr und mehr zum aufklärerischen, (kultur-)politischen Werkzeug und
dient letztendlich der aktiven Meinungsbildung und Meinungsbeeinflussung.
Der Begriff "Kunstmacher" kommt auf. Er bezeichnet weniger die Künstler
selbst, als vielmehr die öffentlichen Präsentatoren und Interpretatoren der
Kunst. Sie "managen" das Verständnis für modernen Kunst in der Gesell-
schaft (und in ihren Institutionen), machen ursprünglich individuellen künst-
lerischen Ausdruck durch gezielte Präsentationen, Diskussionen, Presse-, PR-
und "Lobbyarbeit" zum Stil, zum Trend, zum Zeitgeist.
Besonders prägend wirkt sich die erste dokumenta
1955 in Kassel aus. 148 internationale Künstler sind
zur Teilnahme aufgefordert und sollen auf diesem
westdeutschen "Weltforum der Kunst" ihre persön-
liche Kunstauffassung als Trends der zeitgenössisch-
modernen Kunst durch die Präsentation, durch Aktio-
nen und Diskussionen für das Publikum (und die ver-
sammelten Künstlerkollegen, Kunstmacher und
Kunstmanager) erfahrbar und transparent machen.
Unter anderem stellt der Dänische Maler Richard
Mortensen (1910- 1993), der seit 1947 ein Atelier in
Paris unterhält und bestens in der französischen
Künstlerszene verankert ist, die Ergebnisse seiner
experimentellen Flächenmalerei und deren interlek-
tuellen Hintergründe vor. Günter Ferdinand Ris
kannte Richard Mortensens Werke schon seit seinem Studium. Er lernt den
Künstler auf der dokumenta 1955 persönlich kennen. Mortensen denkt
ähnlich wie er. Sie verabreden sich und Ris besucht Mortensen noch im
gleichen Jahr anläßlich einer Kunstexkursion nach Holland und Frankreich in
dessen Atelier in Paris. Richard Mortensen Werke haben in der Folgezeit
großen Einfluß auf Ris künstlerische Entwicklung.
In Paris trifft Ris auch auf den Bonner Maler Leo
Breuer, der inzwischen zum Vorsitzenden des "Salon
des Realites Novelles (RN)" in Paris gewählt wurde.
Leo Breuer - selbst ebenfalls ein Anhänger der ab-
strakt-geometrischen Flächenmalerei - organisiert im
Zuge der Deutsch-Französischen Freundschaftsbe-
strebungen sowohl in Frankreich, als auch in
Deutschland Kunstausstellungen, in der "die noch
zarte Pflanze des Deutschen Informels" einem
größeren Publikum vorgestellt wird. Leo Breuer
ermöglicht Ris die Teilnahme an diesen Ausstellun-
gen. Günter Ferdinand Ris kürzt seine Vornamen,
wird zu G.F.RIS. Man wird auf den jungen, dem
Deutschen Informel zugerechneten Maler G.F.RIS erstmals auch international
aufmerksam.
Wohl auf Anraten von Herbert Wuppermann inten-
siviert G.F.Ris seine Kontakte zu dem Kölner Kunst-
historiker und angesehenen Ausstellungskurator
Eduard Trier (1920-2009), der damals unter ande-
rem als Publizist und Kunstkritiker für eine Reihe
namhafter Kunstverlage sowie für die Feuilletons im
Bonner Generalanzeiger (GA), in der Frankfurter
Allgemeine Zeitung (FAZ) und in der Wochenzeitung
Die ZEIT schreibt. Er kennt die rheinische Künstler-
szene schon seit den Veranstaltungen der Alfterer
Donnerstagsgesellschaft. An diesen ist auch sein
Bruder Hann Trier initiativ-künstlerisch und organi-
satorisch beteiligt. Eduard Trier ist ein "Kunst-
macher", ein "Insider", der seine Aufgabe darin
sieht, die Künstler "auf ihrem Weg in die Moderne"
sachkundig zu betreuen. "Intern" gibt er den Künstlern Tipps und Hinweise
zur Positionierung und stilistischen Abgrenzung ihrer Werke. Durch seine
weitgespannten Beziehungen sorgt er dafür, dass die Werke in öffentlichen
Präsentationen, Ausstellungen, Galerien und Museen gezeigt werden.
Sowohl zur dokumenta 2 wie zur dokumenta 3 ist Eduard Trier als verant-
wortlicher Ausstellungskurator und Berater des ersten Dokumenta-Intendan-
ten Arnold Bode tätig. Zudem verantwortet er als Kommissar des Deutschen
Pavillons auch die Auftritte Deutscher Künstler zur Biennale in Venedig und
sitzt in den Gutachterkommissionen zur Vergabe von Künstlerstipendien des
Bundes und der Länder. Das kommt dem vielversprechenden jungen Künstler
- Ris ist gerade 30 Jahre alt geworden - zu Gute.
1958 Günter Ferdinand Ris wird auf Vorschlag von Eduard Trier zur dokumenta 2
eingeladen, die im Folgejahr 1959 stattfindet. Im Vorbereitung dieser
Ausstellung reist G.F. Ris nach Korsika und hält sich einige Zeit bei Richard
Mortensen auf, der dort ein Zweitatelier betreibt. Mortensen war bereits auf
der dokumenta 1 zu sehen und ist ebenfalls zur dokumenta 2 eingeladen.
Beide Maler tauschen sich bezüglich ihrer Malauffassungen intensiv mit-
einander aus. Die ausgelösten kreativen Impulse und Anregungen wirken
sich deutlich auf Ris weitere Arbeiten aus. So wirkt der Fundus seiner
zwischenzeitlich neu fertiggestellten Arbeiten dichter und geschlossener.
Die Flächenphänomene, denen Ris nachspürt- insbesondere deren Ver-
schneidung, Bewegung und Dynamik sind konzentrierter herausgearbeitet.
"Flächenentwicklung" Im Vergleich: Werke von Mortensen und G.F. Ris
links - Richard Mortensen: rechts - Günter Ferdinand Ris:
"Bourgogne" "Torero" (1958)
Übergang von der Fläche zum Raum
1960 Günter Ferdinand Ris "löst" sich zunehmend aus der Analyse planarer
Flächenphänomen. Für eine gewisse Übergangszeit beschäftigt er sich mit
dem Problem des menschlichen Vordergrund- und Hintergrund-Sehens
und dessen Auswirkungen auf die Interpretation von Kontur-, Farben- und
Flächenbezügen. Unterteilt man ein Bild in Tiefenebenen, so läßt sich alleine
durch die Gestalt, Form (Kontur) und Farbe jeweils aneinandergrenzender
(inhaltlich abstrakter) Flächen, ein "Raumgefüge" definieren und damit intui-
tiv bestimmen, was vorne, in der Mitte und hinten liegt. Ris Studie zur "Räum-
lichen Interpretation zweier Flächen" zeigt diesen Wirkzusammenhang exem-
plarisch auf:
Im Großformat auf einer 210 x 80 cm messenden Leinwand setzt
Ris zwei dominierende Farbflächen nebeneinander. Ihre Kontur-
linien sind unterschiedlich. Der entstehende Zwischenraum wird
zu einer (eingeschlossenen) dritten Farbfläche. Wohin gehört die-
se Farbfläche? Zur dunkleren rechten oder zur helleren linken
Farbfläche? Oder zu keiner der beiden? Dann allerdings ist die
Frage, ob man durch ein vermeindliches "Loch" zwischen den
dominanten Farbflächen auf eine dritte, noch hellere Hinter-
grundsfarbe schaut. Dreht man die Tafel um 90° nach rechts
(siehe Abb. unten links) wird die dunklere Farbe zum "Boden".
Die Zwischenraumfarbe wird intuitiv dem "Boden" zugeordnet
und könnte somit als Schaumkrone einer gerade brechenden Meereswelle
interpretiert werden. Dreht man die Tafel und 90° nach links (siehe Abb.
unten rechts), wird die hellere Farbe zum "Boden" und die Zwischenraum-
farbe könnte intuitiv als "Schneekamm" einer Gebirgslandschaft (vor einem
dunklen Himmel) interpretiert werden.
Günter Ferdinand Ris: "Räumliche Interpretation zweier Flächen" Öl auf Leinwand,
210 x 80 cm, 1960 (a. rechtsgedreht, b. linksgedreht)
Das "Spiel" mit bedeutungsoffenen Vordergrunds- und Hintergrundsflächen
fasziniert den Maler Günter Ferdinand Ris. Er begreift die abstrakte, ebene
Flächenmalerei zunehmend als ein Kompositionssystem, das in erster Linie
von räumlich dimensionierten Seh-Vorstellungen dominiert wird. Konsequent
dekliniert er in der Folgezeit diese Erkenntnis durch. Er malt komplexere
Abstraktionen, um sich der Bedeutung der "Raumdimensionen" bewußter zu
werden. In letzter Konsequenz löst er sich dann relativ schnell von der ebe-
nen Tafelmalerei und wandelt sich Ende 1960 /Anfang 1961 zum dreidimen-
sionalen Plastiker. Aus dem gelernten Maler wird der Bildhauer Günter
Ferdinand Ris. Sein Ouevre verlagert sich. 1963 malt er - nach eigenen
Angaben - seine letzte abstrakte Flächenkomposition.
1960/61 Phasen des Wandels: Vom abstrakten Flächenmaler zum Bildhauer:
Abb. oben links: "Raumverwachsungen" Öl auf Leinwand, 102 x 73 cm, 1960
o. rechts: "Integration vieler Räume" Öl auf LW, hier s/w, 140 x 100 cm 1960
unten links: "Organisation eines Raumwendepunktes" Öl auf LW, hier s/w,
130 x 130 s/w, 1960/61
u.rechts: "Freiraumplastik" Raumwendepunkt in vier Ansichten, hier s/w,
Gipsmodell für Bronzeguß, 14,5 x 10 x 7 cm, 1960/61
Vom Maler zum Plastiker: Kugel und Raumknoten
Die Wandlung von Günter Ferdinand Ris vom Maler zum Plastiker vollzieht sich nicht schlagartig, sondern ist das Resultat einer mehrjährigen künstlerischen "Sichtweisen-änderung". Einerseits ist G.F. Ris von seiner bisherigen analytischen Farbflächen-malerei und dem "Aufspüren" der Gesetzmäßigkeiten "planarer Flächenkonstrukt-
tionen" (siehe oben) beeinflußt und andererseits ist da der zunehmend drängendere Wunsch in ihm, klassische künstlerische Herausforderungen wie die Darstellung des menschlichen Körpers - insbesondere Köpfe und Torsis - thematisch aufzunehmen und sie in einer ähnlich analytischen Art auf die zugrundenliegenden "Urformen" und deren komplexen "Verschachtelungen" zu reduzieren. Dazu ist - das erkennt G.F.Ris sofort - das dreidimensionale Phänomen der Wölbung als räumlich gekrümmte Fläche analytisch zu erfassen und künstlerisch in den Griff zu bekommen. Die einfachste und herstellungstechnisch zugleich auch komplexeste Urform ist nach seiner Meinung die Kugel, deren wichtigster Beschreibungsparameter aus ihrem fiktiven unsichtbaren Mittelpunkt und dem ebenso fiktiven und unsichtbaren Radius besteht. Beide Parameter sind zwar "Gedankenkonstruktionen" aber sie sind es, die jede Form der Wölbung eindeutig beschreiben. Und indem man hinter der Oberfläche jedes dreidimensionalen Gebildes ein System von Drehpunkten und Radien sieht (wobei sich die Drehpunkte und Radien jeweils verändern können), hat man als Künstler die "Metadaten" eines Objektes in der Hand! Nun ist aber in den seltensten Fällen ein ästhetisches Objekt nur aus singulären Kugelparametern zusammenge-setzt. Vielmehr treten (Dreh-)achsen als fiktive interne Linienverläufe auf, die sich verschieben, "plötzlich" verspringen oder gar gänzlich verschwinden können. Im Ergebnis zeigen sich diese Veränderungen als Wölbungen, Kanten oder planare Flächen an der jeweiligen Objektoberfläche.
Und genau dieses "Gedankenspiel" ist es, das den Künstler Günter Ferdinand Ris in der Folgezeit beschäftigt. Anfänglich sind es noch "Kugelplastiken", später dann "Köpfe", "Figuren" (Säulenheilige), "Rundreliefs" und hochkomplexe Strukturrelief-
friese, die in einer eigenen, für den Künstler typischen Stilistik entstehen.
Je nach Material - G.F.Ris erprobt in den folgenden Jahren den Einsatz von Gips, Beton, Holz, Wachs, Bronze und Kunststoff - können die Oberflächenstrukturen plastischer Körper sehr variieren. Seinem mathematisch-architektonisch geprägtem Grundverständnis folgend, bevorzugt Ris glatte, polierbare Flächen sowie exakte scharfe Kantenbildungen in Verbindung mit sauberen, homogenen Licht-Schatten-verläufen. "Durch Licht-Schattenwirkungen" - so Ris - "konstituieren sich im Auge
des externen Betrachters erst die Übergänge von planaren, konvexen und konkaven Objektpartien."
Oberflächendekors - gleich welcher Art - sind Ris ein Gräuel. Sie "verfälschen" Gestalt und Form eines Objektes. Und so ist er stets auf der Suche nach der "reinen, glatten Form" beziehungsweise nach dem "Zusammenspiel der reinen, meist auf das Wesent-lichste reduzierten Formelemente".
Die meisten seiner Werke hat G.F. Ris zunächst zeichnerisch-analytisch detail-
liert vorbereitet, ehe er an die eigentliche plastischen Ausformung ging. Jede Fläche, jede Wölbung, jede Bruchkante ist nach einem "inneren Masterplan" bewußt von ihm gesetzt. Nahezu jede seiner Plastiken "vermittelt" dem Betrachter, je nachdem, ob man sie von vorne, von der Seite, von hinten oder von oben betrachtet, einen anderen Gestalteindruck und damit eine anderes physisches Erscheinungsbild. Teilweise scheinen mehrere Einzelplastiken in einem einzigen Objekt verschmolzen zu sein.
1959 wirbt G.F. Ris den gelernten Bildhauer Heinz-Willi Dahmen, der damals u.a. in einem Kölner Architekturunternehmen als Modellbauer tätig war, für sich ab. Er stellt
in als seinen Angestellten fest ein. In den folgenden 16 Jahren ist Heinz-Willi-Dahmen sein künstlerischer Assistent.
Heinz-Willi-Dahmen unterstützt seinen Arbeitgeber im Atelier zunächst bei der Her-stellung seiner dreidimensional-plastischen "Kugel-"objekte (meist aus Marmor oder Beton), bei der Herstellung und Korrektur der Gipsformvorlagen für solitäre Ris- Plastiken sowie bei der Herstellung der Formschalen für den Bronzeguss.
Später fertigt Heinz-Willi Dahmen nach Maßgabe von G.F. Ris vor allem die Objekte
aus Lekutherm-Kunststoff an.
Die Bronzeplasiken wurden bei der Firma Lotito und Polzoni in Köln sowie bei Schmäke in Düsseldorf gegossen. Im Werksverzeichnis der Ris'schen Arbeiten von Boris von Brauchitsch: Günter F. Ris: Das Plastische Werk 1958-2001; Wienand-Verlag 2002, Köln; ISBN 3-87909-777-1, sind überwiegend Unikate und bei "Mengenproduktionen" Auflagen von 2 bis 8 Stk. angegeben (Ausnahme: Jahresgabe des Kunstvereins Düsseldorf Auflage 50 Stk.). In aller Regel gerieten aber (nach Willen des Künstlers) nur Einzelstücke über Gallerien in den "freien" Handel.
Die Kunststoffplastiken und Flachreliefs jener Zeit wurden in der Regel komplett im Atelier des Künstlers nach dessen Vorgaben aus Lekutherm gefertigt, einem eigentlich für Restaurierungszwecke spezifisch entwickeltem, faserverstärktem Zwei-Kompo-nenten Kunststoff, der auf vorher anzufertigenden Formschalen relativ kurzfristig aushärtete. Normalerweise waren dies Unikatproduktionen, jedoch konnten aus Lekutherm auch kleinere Auflagenproduktionen (bis 8 Stk.) aus einem Formschalen-satz gefertigt werden.
Auswahl plastischer Arbeiten aus den Jahren 1961-1970 (Kugelobjekte)
Auswahl plastischer Arbeiten aus den Jahren 1961-1970 (Bronzeplastiken)
Auswahl plastischer Arbeiten aus den Jahren 1961-1970 (Lekutherm-Reliefs)
Günter Ferdinand Ris: Auswahl von plastischen Arbeiten aus den Jahren 1961 bis 1967 (Zur Vergrößerung bitte in die Abbildungen klicken).
1961 Die Komplexität und (Zitat) "intellektuelle Schläue" in Ris Plastiken stellen für
jeden Ausstellungsbesucher - laut einer Charakterisierung des renommierten
Kunstmachers, Kunstmanagers und Kunstberaters Eduard Trier - eine per-
manente Herausforderung für die Betrachter seiner Werke dar:
"Niemand kann sagen, er kenne eines seiner plastischen Werk genau. Denn
unter Garantie wird er beim nächsten Ausstellungsbesuch eine andere, neue
Facette in demselben Werk finden. Es ist die immense Vielschichtigkeit, die
die Arbeiten von Günter Ferdinand Ris auszeichnen."
In der Folge erhält der so promotete, inzwischen 33-jährige Künstler durch-
aus ehrenvolle Einladungen, seine künstlerische Positionen dezidiert in Kunst-
ausstellungen und Landesrepräsentanzen darzustellen.
Unter anderem beteiligt er sich an der 2. Biennale junger Künstler in Paris. 1963 Günter Ferdinand Ris erhält den Deutschen Villa-Romana-Förderpreis zuge-
sprochen, der mit einem Studienaufenthalt in Florenz und internationalen
Museumsausstellungen verbunden ist.
1964 G.F. Ris wird- erneut auf Initiative und mit aktiver Unterstützung seines
Mentors Eduard Trier zu einer Beteiligung an der Dokumenta III in Kassel
eingeladen. Damit ist - auch im internationalem Rahmen - sein Erfolg als
junger deutscher Künstler vorprogrammiert. Museen, Kunststiftungen und
Sammlungen bemühen sich darum, Werke von ihm aufzukaufen und ihre
Depots aufzufüllen.