Else (Elisa) Krüger (1882-1955)

1882      Elisa - genannt Else - Krüger wird am 14.02.1882 in Köln-Kalk geboren.

              Über ihr Elternhaus, ihre Jugend- und Schulzeit sowie über ihre künst-

              lerische Ausbildung ist (zur Zeit) nichts weiter bekannt. In so fern ist man

              (zunächst) auf Vermutungen angewiesen. Wahrscheinlich wird Else Krüger

              in Köln eingeschult und erlangt dort nach zumindest 10 Schuljahren ihre

              "mittlere Reife". Dieses Zeugnis ist Voraussetzung, um in Verbindung mit

              einem Praktikum oder einer Lehre in einem angewandt-kunsthandwerk-

              lich Bereich, die damalige "Gewerbliche Fachschule der Stadt Köln" be-

              suchen zu können. Aus der Gewerblichen Fachschule gingen später die 

              Kölner Werkschulen hervor. Erst 1908 durften Frauen in Preussen - und

              das Rheinland gehörte damals als "Rheinprovinz" zu Preussen - an einer

              Hochschule studieren.  Möglicherweise hat Else Krüger - statt in Köln -

              die "Kunstgewerbeschule zu Düsseldorf" besucht, die bereits 1883 ein-

              gerichtet worden ist und die gleichen Eingangsvoraussetzungen wie

              die Gewerbliche Fachschule in Köln hatte.

nach      Wie auch immer, Else Krüger kann frühestens 1903 ihre künstlerische 

1903      Ausbildung beendet haben.

1907/    Für einen erfolgreichen Abschluß ihrer Ausbildung spricht, dass sie

1908      1907/1908 als hauptberuflich arbeitende bildende Künstlerin/ bzw. als 

              Kunsthandwerkerin in Bonn anerkannt war, da man ihr sonst die Auf-

              nahme in die "Gruppe der vereinigten (Bonner) Künstler" unter dem

              Vorsitz von Emil Krupa-Krupinski verweigert hätte. Die "Gruppe der

              vereinigten Künstler" umfasst damals außer Malern, Bildhauern und

              Kunsthandwerkern auch Musiker, Schauspieler und Schriftsteller.

              Dieser "Dachverband" war ein Zweckbündnis aller Bonner Künstler,

              um ein Gegengewicht gegenüber der Verwaltung der Stadt Bonn zu

              bilden und eigene berufsständische Interessen nachdrücklicher durch-

              setzen zu können.

              Während die Bonner Musiker und Schauspieler schon immer in stadt-

              eigenen, ihnen exklusiv zur Verfügung stehenden Spielstätten "residierten"

              suchten die Schriftsteller und Literaten nach adäquaten Räumlichkeiten

              und beanspruchten die "Villa Obernier" für sich.

              Die "Villa Obernier" bestand aus einem freistehenden Gebäude an der

              Coblenzerstr. 9 - heute Adenaueralle 9 - und war 1884 der Stadt Bonn

              von dem Arzt und Universitätsprofessor Dr. Franz Obernier eigentlich

              mit der Auflage vermacht worden, dort ein städtisches Kunstmuseum

              einzurichten. Dr. Franz Obernier hatte dazu auch seine umfangreiche

              Gemälde- und Skulpturensammlung sowie ein nicht unerhebliches

              Barvermögen in eine Stiftung eingebracht.

Städtisches Museum Villa Obernier

              Allerdings "dümpelt" der Bau dann

              jahrelang vor sich hin. Die "Bonner

              Gesellschaft für Literatur und Kunst

              e.V." nutzt ihn zeitweilig für ihre 

              Vereinsverwaltung, für Empfänge,

              Autorenlesungen und Literaturvor-

              träge. 1904/05 entschließt sich die

              Stadt, aus den Mitteln der Obernier-

              Stiftung eine Ausstellungshalle an

              die "Villa Obernier" anzubauen, die

              Innengestaltung der Villa selbst zu verändern und den Gesamtkomplex als

              städtisches Museum auszuweisen.

              Das weckt natürlich Begehrlichkeiten. Die Bonner Künstler wollen "ihr

              Haus" gerne selbst verwalten, Themen und Exponate einer ständigen 

              Präsenzausstellung bestimmen und vor allem im Frühjahr und im Herbst

              Verkaufsausstellungen für Bonner Künstler veranstalten.

              Die Stadtverwaltung Bonn lehnt dies allerdings zunächst mit dem Hin-

              weis auf die fehlende Organisationserfahrung der Künstler ab.

              So bleibt der "Gruppe der Vereinigten Bonner Künstler" nichts ande-

              res übrig, als ihr Organisationstalent durch erfolgreiche externe Aus-

              stellungen zu beweisen.

1909      Die Gruppe stellt 1909 erstmals eine "Ausstellung bildender Kunst"

              zusammen, der schon bald weitere Ausstellungen folgen. Die Ausstel-

              lungen sind in erster Linie mit Werken Bonner Künstler bestückt, je-

              doch werden auch namhafte externe Künstler eingeladen und dem

              Bonner Publikum vorgestellt. Vor dem 1. Weltkrieg intensivieren 

              sich die Ausstellungsaktivitäten der Gruppe.

              Der Bonner Verleger Walter Cohen (1880-1942), der die ersten

              Etage über seiner Buchhandlung in der Straße "Am Hof" (später

              Buchhandlung Bouvier schräg gegenüber dem stadtseitigen Uni-

              Eingang) für Kunst-Ausstellungen bereitstellt, sitzt im Vorbereitungs-

              ausschuß der "Gruppe der Vereinigten Bonner Künstler". Er ist es,

              der 1913 den später berühmten August Macke dazu bewegt, die

              "Ausstellung Rheinischer Expressionisten" in den angebotenen

              Galerieräumen zu organisieren.

 

1911      Es ist nicht überliefert, ob Else Krüger an den Ausstellungen der "Gruppe

              der vereinigten Bonner Künstler" zwischen 1909 und 1913 bereits teil-

              genommen und wenn, welche Exponaten sie dort ausgestellt hat.

 

1913      Tatsächlich ist Else Krüger aber schon sehr früh in die Bestrebungen

              involviert, eine eigene "Bonner Künstlervereinigung" als Repräsentanz

              der bildenden Künstler (gegenüber den Musikern, Schauspielern und

              Literaten) zu bilden.

Else (Elisa) Krüger: "Im Waldkaffee-Garten in Kiel" Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat sich Else Krüger in diesem - dem französischen Impressionismus nachempfundenen - Gemälde (vorne links bei einem Eintrag in ihr Tagebuch) selbst portraitiert.

1914     Unter ihrem Vorsitzenden, dem Bonner Bildhauer und Baumeister

             Karl Menser, konstituiert sich die "Bonner Künstlervereinigung" als freie,

             eigenständige Berufsvertretung der Bildenden Künstler. Karl Menser

             läßt der Stadt Bonn eine "Proklamation" zukommen, in der die Organi-

             sation und tätige Beteiligung der Bonner Künstler an einer Frühjahrs-

             sowie einer Herbstausstellung im Städtischen Kunstmuseum "Villa

             Obernier" gefordert wird.

             Mit der allgemeinen Mobilmachung im August 1914 werden die Aktivi-

             täten der "Bonner Künstlervereinigung" allerdings "bis auf weiteres"

             zurückgestellt, da nahezu alle Künstler erfasst und "zum vaterlän-

             dischen Dienst für den Kaiser und das Deutsche Reich" eingezogen

             werden.

1919     Erst nach Beendigung des 1. Weltkrieges wird die "Bonner Künstlerver-

             einigung" als eingetragener Verein beim Amtsgericht Bonn mit dem Zusatz

             "1914" offiziell eingetragen. Der Berufsverband Bildender Künstler ist da-

             mit auch behördlich existent. Sogleich geht man daran, das Hauptanliegen

             der Künstler, die Voraussetzungen für ein gesichertes Auskommen zu

             schaffen, zu realisieren. In Verhandlungen mit der Stadt Bonn erreicht

             die "Bonner Künstlervereinigung 1914 e.V", dass diese das "Städtische

             Kunstmuseum Villa Obernier" jährlich für zwei Verkaufsausstellungen den

             Bonnern Künstlern überläßt. Wie wir aus den Aufzeichnungen von Louis

             Ziercke, einem Malerkollegen von Else Krüger wissen, ist diese nun regel-

             mäßig auf den Ausstellungen der Bonner Kunstvereinigung mit ihren

             Werken vertreten. In der Regel handelt es sich um Ölgemälde, Aquarelle

             und Holzschnitte. Es existieren (leider) nur wenige Unterlagen über die

             Themen und Motive der jeweiligen Exponate. Indizien sprechen dafür,

             dass Else Krügers Werke überwiegend aus Stillleben (Blumen und Obst)

             wie auch aus Landschaftsgemälden bestehen. Dem Zeitgeist entsprechend,

             malt Else Krüger zu Beginn der 20-er Jahre betont expressiv. Ihr Farb-

             auftrag ist pastös. Sie setzt die Farbflächen schroff und kontrastreich

             neben- zum Teil auch übereinander, ohne die Flächen und Konturen des

             jeweiligen Motives gesondert auszumalen. Formale Details interessieren 

             nicht. Die Farbe dominiert alles.

Else Krüger: "Blumenstillleben" Öl/Lw; doubliert; 27 x 46 cm (h x b); Sammlung Carlo Lehnen, Köln

1920     Im einzelnen nachgewiesen sind Ausstellungsbeteiligungen Else Krügers

bis        im "Städtischen Museum Villa Obernier" in den Jahren 1920, 1921, 1927,

1932     1930, 1931 und 1932. Die Kunstausstellungen im Jahr 1932 fanden bereits

             in der Auflösungsphase der "Bonner Künstlervereinigung 1914" statt. Da

             ihnen das "Städtische Museum Bonn Villa Obernier" nicht mehr zur Verfü-

             gung stand, wich man zum einen in's Schloss Georgshausen (bei Lindlar

             im Bergischen Land) und später in's Heimatmuseum nach Bad Honnef aus.

Else Krüger: "Fünf Karnevalsmasken"; Öl/Lw; 43 x 63 cm
Else Krüger: "Blumen auf Rundtisch", Aquarell, signiert, undatiert, (wohl um 1925)

1933     Unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers wird die "Gleichschaltung

             der Deutschen Kunst" durch die Nationalsozialisten vorangetrieben.

             Der nationalsozialistische Bonner Oberbürgermeister Rickert und sein

             Kulturdezernent Dr. Hirtz erhalten inhaltlichen und organisatorischen

             Zugriff auf alle Bonner Kulturinstitutionen, darunter auch das "Städtische

             Museum Bonn, Villa Obernier". Man verfügt, dass zukünftig ausschließlich

            "Deutsche Kunst" gezeigt werden darf und schließt ausdrücklich jede

            "undeutsche Kunst" aus. Alle freien berufständigen Künstlerverbände -

             darunter auch die "Bonner Künstlervereinigung 1914 e.V" sind zuguns-

             ten einer zentralen berufsständigen Einheitsvertretung aufzulösen.

             (Siehe dazu auch das gesonderte Kapitel: "Künstler in der NS-Zeit").

             Kurzfristig werden alle bisherigen Mitglieder im Herbst 1933 pauschal

             in die von Göbbels neugeschaffene "Reichskulturkammer" überführt.

             Dann beginnen ganz systematisch die "Säuberungen": Personen "nicht-

             arischer" Rassenzugehörigkeit  werden ausgeschlossen. Zudem prüft

             die zuständige regionale Gaukammer (Gau Köln-Aachen), ob der/die

             Künstler/in im Sinne des Nationalsozialismus "unvölkisch-entartete"

             Kunst ausstellt oder früher ausgestellt hat. Hiermit schaltet man miß-

             liebige und/oder systemkritische Künstler/innen aus.

1933     Offensichtlich wird Else Krüger "durchgewunken". Sie erhält einen Ausweis

             der Reichskulturkammer, der ihr den Status einer hauptberuflich tätigen

             Bildenden Künstlerin zubilligt. Das hat erhebliche Vorteile für sie. Sie ist

             fortan formal für alle Ausstellungen in den Kulturinstitutionen der öffent-

             lichen Hand zugelassen, sofern sie durch die jeweiligen Veranstalter /

             Ausstellungskuratoren ausgewählt und angeschrieben wird. Beispiels-

             weise veranstaltet die Gauleitung Köln-Aachen ab 1936 regelmäßig ihre

             Gaukulturwoche, an der auch Else Krüger "automatisch" beteiligt ist.

             1933 nimmt sie an der Ausstellung: "Junge Bonner Künstler" in Aachen

             teil, die - wie im Ausstellungsprospekt zu lesen ist, eine "Standort-

             bestimmung der Deutschen Kunst" im Gau Köln-Aachen sein soll und

             einen ersten Überblick über neuen Tendenzen in der bildenden Kunst

             nach Hitlers Machtergreifung geben soll.

             Else Krüger erhält auch anderweitige Förderungen, kann verbilligte

             Ateliermieten für sich in Anspruch nehmen, an gemeinsam organisierten

             Studienreisen sowie an kostenlosen berufsständischen Weiterbildungs-

             lehrgängen teilnehmen.

             Als Mitglied der Reichskulturkammer ist sie berechtigt, sich an allen ein-

             schlägigen künstlerischen Auftragsausschreibungen der öffentlichen Hand

             deutschlandweit zu beteiligen. Die entsprechenden Ausschreibungsunter-

             lagen erhält sie durch die "Reichskammer der Bildenden Künste" in Berlin

             zugesandt.

1936      In Vorbereitung der "1. Großen Deutschen Kunstausstellung" im neuer-

              richteten "Haus der Deutschen Kunst" in München werden alle bildenden

              Künstler und Künstlerinnen, die in der "Reichkammer der Bildenden

              Künste" in Berlin registriert sind, angeschrieben und aufgefordert, reprä-

              sentative Kunstwerke für die Ausstellung zu schaffen und einzureichen.

              Die Thematiken sind nach einer von Hitler persönlich nach Ausstellungs-

              säälen vorgegebenen Hängungsabfolge vorgeschrieben. Die Exponate

              sollen in ihrer Gesamthait einen Überblick über die neue, völkisch-natio-

              nalsozialistische Kunst geben. Die Großen Deutschen Kunstausstellungen 

              sind als Verkaufsausstellungen konzipiert. Hitler, Göring, Göbbels und

              andere Parteifunktionäre werden mit Ankaufsetats ausgestattet. Verkauf-

              te Kunstwerke werden halbjährlich durch neue ersetzt, so dass für er-

              folgreichen Künstler die Chance besteht, "Staatskünstler" mit beson-

              deren Privilegien im NS-Staat zu werden.

              Auch Else Krüger reicht Werke für die "Große Deutsche Kunstausstellung"

              ein.

1943      Ihr Blumenbild "Malven", eine kolorierte Federzeichnung, wird in der

              7. Großen Deutschen Kunstausstellung von 1943 im Saal 30 mit der

              Bildnummer 280 ausgestellt. Das Exponat ist (leider ohne Abb) im

              Ergänzungsteil zum Hauptkatalog auf der Seite 15 aufgeführt.

              Weder vorher noch später ist ein weiteres Werk von Else Krüger ausge-

              stellt worden.

Ehemaliger Bonner Bürgerverein

1948     In einer der ersten Bonner Kunst-

             ausstellungen nach dem Kriege be-

             gegnen wir Else Krüger wieder. Im

             ehemaligen "Bonner Bürgerverein"

             an der Ecke Kronprinzenstraße /

             Poppelsdorfer Allee - heute steht

             dort nach dem Abriß Ende der 60er

             Jahre das Hotel Bristol -  fand vom

             28.11. bis 31.12.1948 die Ausstel-

             lung:"Bonner Künstler stellen aus"

             statt. Else Krüger ist mit zwei Aquarellen: "Feuerlilien" und "Weiße Lilien"

             vertreten.

1950     Möglicherweise stammt auch das nachfolgend aufgeführte, mit "E. Krüger"

             signierte Landschaftsgemälde aus ihrer Hand. Das Bild tauchte vor einiger

             Zeit im Kunst(auktions)handel auf und wurde auf eine Entstehungszeit etwa

             um 1950 taxiert. Weitere Angaben zum Künstler respektive zur Künstlerin

             wurden nicht gemacht. Das Bild fand keinen Abnehmer.

             Allerdings verrät die Ausführung der in's milchig Graue übergehende Mittel-

             gebirgslandschaft (über dem Fichtenwald) doch einen hohen Grad von

             malerischer Professionalität und das Vermögen, durch einen gekonnt

             lasierenden Farbauftrag auch kleinste Nuanchen der Landschaft "atmos-

             phärisch-dicht" wiederzugeben. Wie wir von Else Saalmann-Schaar, einer

             Freundin und Malerkollegin von Else Krüger in der "Bonner Künstlervereini-

             gung 1914" wissen, besaß ihre Freundin genau diese Befähigung.

Mittelgebirgslandschaft von E. Krüger (ca, 1950)

1955     Am 05.03.1955 verstirbt die Malerin Else (Elisa) Krüger im Alter von

             73 Jahren in Bonn. Sicherlich zählt sie - wahrscheinlich mehr noch als ihre

             männlichen Kollegen - zu der "vergessenen" Bonner Künstlergeneration.

             Tatsächlich sind bis heute nur ganz wenige Bilder der Malerin bekannt.

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