Mathilde (Fifi) Kreutzer (1891 - 1977)

Eltern: Dr. Johannes Peter Kreutzer und Ehefrau Bertha Kreutzer, geb. Höfken

1891  Mathilde Kreutzer erblickt am 24.03.1891 als

          ältere von zwei Töchtern des Oberstudien-

          direktors Dr. Johannes Peter Kreutzer und

          seiner Ehefrau Bertha, geborene Höfken, in

          Köln das Licht der Welt. Der Vater leitet das

          erste Kölner Mädchengymnasium, die "Mathilde

          von Mevissen Schule", Am Apostelnkloster 5.

          Darüber hinaus ist er auch als Publizist und

          Mitarbeiter der "Kölnischen Zeitung" tätig. Die

          Familie wohnt in der Eifelstraße 6 in Köln.

          Mathilde und ihre Schwester Elsbeth wach-

          sen in behüteten, gutbürgerliche Verhältnis-

          sen in der Kölner Südstadt auf. 

1897  Mathilde Kreutzer wird eingeschult. Der Vater

          wünscht sich eine gymnasiale Ausbildung

          seiner beiden Töchter und hätte es gerne ge-

          sehen, wenn diese im Zuge der Gleichberech-

          tigung das Abitur abgelegt und später auch ein Hochschulstudium aufgenom-

          men hätten. Mathilde ist künstlerisch interessiert. Nach dem Besuch einer Hö-

          heren Töchterschule nimmt sie - unterstützt vom Vater - Privatunterricht bei

          dem Düsseldorfer Landschaftsmaler Ernst Hardt.

Das Elternhaus in Köln Eifelstraße 6

1905  Als 14-Jährige "pendelt" Mathilde Kreutzer einmal

          wöchentlich von Köln nach Düsseldorf, um Zei-

          chen- und Malunterricht in Ernst Hardts Atelier zu

          nehmen. Sie nimmt zudem an dessen Malexkur-

          sionen - meist an den Niederrhein - teil.

          Ernst Hardt weckt in Mathilde Kreutzer eine ehr-

          furchtsvolle, fast schwärmerische Liebe zu

          Natur und Landschaft und zu den jahreszeitlich

          bedingten Veränderungen von Flora und Fauna.

          Tiere faszinieren sie besonders. Ernst Hardt

          lehrt seine junge Schülerin zu "sehen" und

          Mathilde verinnerlicht diese Naturerfahrungen,

          die so ganz anders - fast konträr zu ihrem Leben

          in der quirligen Südstadt in Köln sind.  

 

1908  Mathilde Kreutzer besucht auf eigenen Wunsch

          hin nahe Verwandte in England. Sie lebt nahezu

          ein halbes Jahr in London und nutzt die Zeit, um

          Museen zu besuchen und Skizzen von englischen Parks anzufertigen.

          Zurückgekehrt nach Köln lernt die 17-Jährige bei einem Ball den 23-jährigen

          Franz Lambert Jansen kennen, dessen Familie in Kölns Norden, am Hansaring

          45, wohnt. Franz Lambert Jansen studiert zu dieser Zeit Architektur an der

          TH Karlsruhe. Die beiden finden zueinander, tauschen sich miteinander aus

          und stellen schon bald fest, dass sie ein besonderes Faible für die bildende

          Kunst teilen. In der Folgezeit korrespondieren sie regelmäßig miteinander.

          Mathilde läßt sich dankbar Tipps von ihrem jungen "Kunstpädagogen" geben.  

Mathilde Kreutzer als Laien- schauspielerin in Düsseldorf

1910  Mathilde Kreutzer betätigt sich als Laienschau-

          spielerin bei Heta Langhau in Düsseldorf. Eine

          Zeit lang spielt sie mit dem Gedanken, ganz in

          das darstellende Fach zu wechseln, entschei-

          det sich dann aber doch anders. Ausschlag-

          gebend dafür ist der Erfolg, den sie mit ihren

          Stickereien hat. Die Technik der Stickerei hat

          sie im Werkunterricht der höheren Töchter-

          schule in Köln erlernt und mit der Zeit in die-

          ser Technik eine erstaunlich professionelle

          handwerkliche Fertigkeit entwickelt. Längst

          ist sie über das Stadium des Bestickens von

          Kissen und Bezügen, von Eierwärmern, Tee-

          und Kaffeekannenhauben hinaus. Es reizt sie,

          eigene, freie Themen aufzunehmen und diese

          in geduldiger Arbeit künstlerisch umzusetzen.

          Erste frei gestickte Wandbilder mit Blumen- und

          Tiermotiven entstehen. Als eine Tante ihre Werke begutachtet, bemerkt sie

          spontan, Mathilde sei ein "wahrer Pfiffikus" in ihrem Fach und fortan hat

          Mathilde den Spitznamen "Fifi" weg. 

          frühe Stickbilder

Fifi Kreutzer: "Des Knaben Traum" Wandbild 90 x 60 cm; Stickerei auf Leinen; (um 1911)

1912  Fifi Kreutzer stellt ihre bis dahin größte Arbeit, ein Triptychon mit dem Titel

          "Der Drachentöter" fertig. Sie stellt die Arbeit in der Verkaufsausstellung:

          "Kunst in Handel und Gewerbe" im November 1912 in Köln aus und erhält

          mehrere Offerten zum Kauf. Letztendlich entscheidet sie sich aber dafür,

          das Werk nicht in fremde Hände zu geben. Zur Deutschen Werkbundaus-

          stellung 1914 in Köln reicht sie insgesamt vier Entwürfe ein. Die Jury unter

          Leitung von Hugo Stinnes nimmt eines der Stickbilder zur Ausstellung an.

Fifi Kreutzer: Zentralmotiv des "Drachentöters" 104,5 x 132 cm; Stickerei of Leinen
Fifi Kreutzer: Gesamtansicht des Triptychons "Der Drachentöter" (1912)

1913  "Der Drachentöter" wird auf der Weltausstellung im belgischen Gent ausge-

          stellt und mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet. Die 22-jährige Fifi Kreutzer

          hat damit - sehr zur Freude ihrer Eltern - ihr besonderes künstlerisches Talent

          bewiesen. Die Eltern unterstützen finanziell die weitere künstlerischen Ent-

          wicklung ihrer erfolgreichen Tochter. Gegen den Widerstand ihrer Eltern ver-

          lobt sich Fifi mit ihrem "Kunstpädagogen" Franz Lambert Jansen, der als

          Zeichen seiner Liebe und Verbundenheit mit ihr seinen Namen in Franz M.

          Jansen ändert (wobei M. für Mathilde steht). Fifi ist klar, dass ihr - mit Aus-

          nahme ihrer Stickkenntnisse - doch noch einiges an künstlerischem Hand-

          werkszeug - insbesondere im Zeichnen und Malen fehlt. Ihre zweieinhalb-

          jährige Erstausbildung, die sie jeweils einmal pro Woche bei Ernst Hardt

          in Düsseldorf erhalten hatte, bedarf dringend der Ergänzung. Ihr Verlobter

          Franz leitet sie in der Folgezeit zum Zeichnen und Malen an und bestärkt sie

          in ihrem Bestreben, eine sichere eigene künstlerische Ausdrucksform zu 

          finden. Gemeinsam unternehmen sie zu Studienzwecken Ausflüge sowohl

          in der Stadt Köln als auch ins nahe ländliche Umfeld. Hier arbeiten sie ge-

          meinsam, skizzieren, zeichnen und malen. Franz M. Jansen lernt im Kölner

          Gereonsclub, den er zusammen mit Olga Oppenheimer, deren Freundin

          Emmy Worringer sowie dem Kölner Kunsthistoriker Wilhelm Worringer

          gegründet hat, den umtriebigen Bonner Maler August Macke kennen.

          Dieser sammelt die "Rheinische Expressionisten" um sich und läd auch

          Franz M. Jansen ein, sich an der gleichnamigen Ausstellung, die Macke 1913

          im Kunstsalon Cohen in Bonn organisiert, zu beteiligen. Franz M. Jansen

          nimmt dankend an.

          Mit hoher Wahrscheinlichkeit lernt Fifi Kreutzer über ihren Verlobten August

          Mackes Frau kennen, die ebenso wie sie, Stickbilder (nach August Mackes

          Vorentwürfen) anfertigt.

1914  Der 1. Weltkrieg bricht aus und "verschiebt" drastisch die Lebensläufe der

          Menschen. August Macke fällt gleich in den Anfangstagen des Krieges an

          der Front. Aus gesundheitlichen Gründen wird Fifis Verlobter Franz M. Jansen

          zunächst vom Militärdienst freigestellt, aber im Folgejahr 1915 doch

          eingezogen, um im Militärbauamt in Koblenz seinen Dienst als ausführender

          Bauzeichner im Fachbereich Festungsarchitektur abzuleisten. Fifi besucht

          ihren Verlobten mehrfach in Koblenz. Sie unternehmen weiterhin gemein-

          same Zeichnungs- und Malausflüge entlang des Mittelrheins. Fifi erlernt das

          freie Zeichnen mit Tusche sowie das Aquarellieren und Colorieren ihrer

          Landschaftsskizzen. Auch wenn der Krieg bedrückende Auswirkungen hat,

          sind ihre Ausflüge doch mit beglückend-schönen Naturerlebnissen verbun-

          den, die nach Fifis Überzeugung nur im Künstlerberuf nachvollzogen werden

          können.

Frühe Arbeiten

Fifi Kreutzer: "Ochsengespann" aquarellierte Tuschezeichnung (um 1915)
Fifi Kreutzer: "Blick auf Oberwesel" Aquarell (1916)
Fifi Kreutzer und Franz Jansen

1917  Fifi Kreutzer und Franz M. Jansen heiraten am

          3. Februar 1917 in Köln. Zur Hochzeitsreise geht

          es nach Winterscheid (Ruppichterroth) im heu-

          tigem Rhein-Sieg-Kreis. Hier hat Franz auf Ein-

          ladung seines Kölner Künstlerkollegen Johannes

          Grefrath bereits zuvor einmal einige Wochen

          ("hinter den sieben Bergen") verbracht. Bis

          zur Entlassung ihres Ehemannes 1918 aus

          dem Militärdienst in Koblenz wird Winterscheid

          Fifis Wohnort. Hier "haust sie im Angesicht

          des Ölberges" fast anderthalb Jahre in einem

          baufälligen Haus, ohne Licht, Wasser und Heiz-

          material. Sie ist gezwungen, Feuerholz im

          nahen Wald zu sammeln und den Bauern bei

          ihrer harten landwirtschaftlichen Arbeit vor Ort

          zu helfen, um im Gegenzug Lebensmittel für ihre

          Arbeit zu erhalten. Dennoch gewinnt die junge

          Frau ihrem einsamen und überaus kargen Leben noch etwas Gutes ab:

          Sie erlebt Natur, pure Natur!  Landschaft, Menschen, Tiere und die Freu-

          de daran, das elementar Schöne um sie herum betrachten und dokumen-

          tieren zu dürfen. Fifis Eltern greifen ihrer Tochter unter die Arme. Sie

          stecken ihr ab und zu Geld zu ihrem Lebensunterhalt zu und vermitteln

          ihr Käufer (Verwandtschaft und familiäre Freunde) für ihre Stickarbeiten.

         

Fifi Kreutzer: "Blick zum Bröhltal" Aquarell (um 1920)

Landschaftsskizzen in Öl

Fifi Kreutzer: "Bachlauf mit Bäumen" Öl/Leinwand (um 1920)
Fifi Kreutzer: "Streifzüge um Winterscheid" (1919 / 1920)

Bildreihe oben: Fifi Kreutzer "Streifzüge um Winterscheid"; Öl auf Leinwand/Holz

Fifi und Franz in Winterscheid (1917)

          Es ist ein enthaltsames und sehr bescheidenes

          Leben, das das junge Künstlerpaar im abgele-

          genen Winterscheid führt. Sie haben nur sich,

          leben von der Hand im Mund und können sich

          keine großen Sprünge leisten. Wann immer mög-

          lich, versuchen die beiden, Kontakt zu ihren

          Familien - vor allem aber zu den Künstlerfreun-

          den in Köln und Bonn zu halten. Doch man ist

          in Winterscheid einfach "zu weit weg vom

          Schuß". So reift in beiden der Entschluß, wie-

          der zurück in eine Großstadt zu ziehen und

          einen neuen künstlerischen Anfang" zu wagen.

          Die Gelegenheit ergibt sich, als der expressio-

          nistische Dichter Richard Dehmel - damals ein

          guter Freund und Förderer von Franz M. Jansen

          - sie nach Hamburg einläd und ihnen anbietet,

          Ihnen dort beim Aufbau ihres neuen Lebens

          zu helfen.

1920  Auf Empfehlung von Richard Dehmel wird Fifi Kreutzer außer der Reihe in

          die Kunstgewerbeschule Hamburg aufgenommen, um dort grafische

          Techniken bei Prof. Zeschka zu studieren. Sie genießt es, von morgens bis

          abends in geheizten Räumen unter Anleitung ihres Lehres intensiv arbeiten

          und die Technik der Lithographie, des Holzschnittes und der drucktechni-

          schen Vervielfältigung (vom Siebdruck, über den Hoch- und Tiefdruck bis

          zum gewerblichen Offset-Druck) erlernen zu können. Leider kann sie die

          Ausbildung nicht zu Ende bringen. Richard Dehmel verstirbt, kaum dass sie

          in Hamburg Fuß gefasst haben, plötzlich und unerwartet. Ein schwerer Rück-

          schlag für das Künstlerpaar, da mit Dehmels Tod auch seine finanzielle "Apa-

          nage" - vor allem aber das für Künstler lebensnotwendige Beziehungsgeflecht

          zu Förderinstitutionen, Galerien, Sammlern und der begleitenden Kunst-Szene

          in Hamburg abrupt unterbrochen wird. Sie bemühen sich zwar, können ihre

          Werke aber nicht verkaufen und so geht ihnen schlicht das Geld aus.

          Der Traum von einem künstlerischen Durchstarten in Hamburg platzt. Es bleibt

          den beiden nichts anderes übrig, als nach Winterberg zurückzukehren. Sie

          ziehen wieder in ihre "Bruchbude" ein. 

          Walter Linke, ein kunstsinniger Gastwirt aus dem nahen Felderhoferbrücke

          - heute Bröleck genannt - erfährt von der Rückkehr des Künstlerpaares.

          Er besucht das Paar, um ihnen das ein oder andere Bild für die Ausstattung

          seines Restaurants "Lindenhof" abzukaufen. Franz M. Jansen ist ersthaft

          an einem Bronchialleiden erkrankt. Soweit Walter Linke das einschätzen kann,

          wird sich der Künstler angesichts der mehr als kargen Lebensverhältnisse,

          die damals herrschten, nicht mehr von seiner fibrigen Lungenentzündung

          erholen können. Zusammen mit seiner Frau Helene Linke beschließt er, den

          beiden zu helfen. In der Nähe seines "Gasthof Linke" in Felderhoferbrücke

          läßt er auf eigene Kosten ein ehemaliges Stallgebäude zu einer beheizbaren

          Wohnung mit fließendem Wasser und funktionierender Toilette ausbauen. Die

          Wohnung stellt er dem Paar kostenfrei zur Verfügung und sorgt zudem dafür,

          dass die beiden aus den Küchenbeständen des Restaurants "Lindenhof" mit-

          versorgt werden.

 

1922  Franz und Fifi beziehen ihre neue Wohnung. Sie sind dem "Baas", wie sie ihren

          großzügigen Förderer nennen, ihr Leben lang dankbar. Eine enge, fast symbio-

          tische Freundschaft entsteht, die teilweise "zu einer Verquickung der beiden

          Haushalte" führt. Franz und Fifi laden ihre Künstlerkollegen zu sich ein. Nach

          und nach entsteht - sehr zur Freude von Walter Linke - in den Sommermona-

          ten eine kleine Künstlerkolonie in Felderhoferbrücke. Literaten, Dichter und

          Maler - darunter die Mitglieder der "Werkleute auf Haus Nyland" - kommen

          zum Gasthof Linke, um gemeinsam zu arbeiten und sich künstlerisch auszu-

          tauschen.

          Es ist eine "Zeit im Um- und Aufbruch". Witschaftlich wird Deutschland infol-

          ge der Staatsverschuldung sowie der Reparationszahlungen für den ver-

          lorenen 1. Weltkrieg in eine tiefe Rezession gedrückt, die zu einer massiven

          Geldentwertung und Inflation führt. Viele Menschen - darunter auch Künstler

          hungern - ja verhungern, wenn sie nicht das Glück haben, zu Freunden auf's

          Land eingeladen zu werden, wo die Versorgungslage noch deutlich besser als

          in den Großstädten ist.

          Doch so hart die Zeiten auch sind, kulturell erlebt das "kreative" Deutschland

          eine Blütezeit. Alles ist im Umbruch. Man trennt sich nach dem Krieg von dem

         "Althergebrachten", probiert Neues, Ungewöhnliches. Alles wird irgendwie "ra-

          dikaler" und "hektischer", Grundlegende Veränderungen in der medialen Un-

          terhaltungsindustrie (Film, Tanz, Revue, Shows), in der Mode und in der

          Werbung kündigen sich an. In den Städten beginnen die "Roaring Twenties".

          Fifi Kreutzer und ihr Ehemann merken in Felderhoferbrücke nur wenig von

          diesem Umbruch. Wirtschaftliche Not zwingt sie, jede Gelegenheit wahrzu-

          nehmen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Franz M. Jansen wird als

          Reiseschriftsteller für einen Kölner Verlag tätig. Er ist nun viel in Begleitung

          "seiner" Fotografin - Sofie Gerl - unterwegs.

Das Ehepaar Linke - Walter (mit Hund) und Helene - umrahmt von Fifi Kreutzer und Franz M. Jansen. Links zu Besuch: Bruder Leopold Jansen (Aufnahme von Sophie Gerl).

           Fifi Kreutzer findet Erfüllung in ihrer Ehe mit Franz M. Jansen. Zwischen-

           zeitlich ist aus der "Stickerin" Fifi Kreutzer unter Anleitung ihres Ehemannes

           eine "passable" Naturzeichnerin und Naturmalerin geworden. Ihre Arbeiten 

           gewinnen an Professionalität. Neben Zeichnungen erprobt sie auch Holz- und

           Linolschnitte und auch ihre Aquarelle und Ölgemälde zeigen mittlerweile

           einen durchaus eigenständigen, klaren Stil. Ihre Werke sind durchgearbeitet

           und stimmig. Und obwohl sie sich künstlerisch in den 20-er Jahren voll von

           ihrem Ehemann emanzipiert, fühlt sich Fifi doch dem traditionellen Rollenbild

           der Ehefrau verpflichtet. Sie stellt ihre eigenen künstlerischen Entwicklung

           stets hintenan. Franz ist und bleibt ihr "Kunstpädagoge". Seine Kunst hat

           für Sie immer einen ungleich höheren Wert! Selbst als es in ihrer Beziehung 

           zu Spannungen und damit verbunden, zu "Auszeiten" und längeren Trennun-

           gen in ihrer Ehe kommt, bleibt ihre Grundeinstellung zu seiner künstlerischen

           Wertigkeit - verglichen mit ihrer - gleich. Er ist für sie einfach der bessere,

           der gewichtigere Künstler.

           Fifi Kreutzer ist in dieser Zeit viel allein im Umfeld des Siebengebirges unter-

           wegs. Sie liebt die freie Natur, liebt das Landleben, Tiere und Menschen (in

           der Landschaft). Unermüdlich und mit großer Geduld bringt sie ihre Eindrücke

           zu Papier. Sie kann wochenlang - manchmal sogar monatelang an dem ein

           oder anderen Motiv arbeiten, ehe sie es für abgeschlossen hält. Sie geht eine

           Liason mit dem deutlich jüngeren Sohn ihrer "Gasteltern" - Walter und Helene

           Linke - ein.

           In den Sommermonaten verreist sie mit ihren Eltern. Meist geht es nach

           Süddeutschland und von da weiter in den Süden nach Österreich, Italien,

           Serbien, Ungarn. Und jedesmal bringt sie neue "Landschaftsstimmungen"

           mit, die sie daheim aufarbeitet. Auch ihr Mann Franz Jansen ist (als malender

           Reiseschriftsteller) häufiger in diesen Gefilden unterwegs. Sie schreiben sich,

           tauschen ihre Eindrücke aus.

           Kölner Ausstellungsaktivitäten in den 20-er Jahren

           Während der 20-er Jahre präsentiert sich das Ehepaar im Kölner Umfeld

           meist gemeinsam. Doppel- und Gruppenausstellungen wechseln sich ab.

           1920 stellen sie gemeinsam ihre Werke in der Kölner Galerie Goyert aus.

           Ebenso 1922 und 1923. 1925/26 beteiligen sich beide an der "Kölner

           Sezession I" und "II"; parallel dazu (1926 und 1927) an den Ausstellungen

           des "Graphischen Kabinetts Trittler" in Frankfurt und ab 1927 in der Galerie

           Abels in Köln. Zudem sind sie in den 20-er Jahren regelmäßig an den Über-

           blicksausstellungen: "Kölner Künstler" im Kölnischen Kunstverein beteiligt.

           Einige der Ausstellungen sind als Wanderausstellungen geplant und werden

           in Krefeld, in Düsseldorf, in Aachen, Koblenz und an diversen Orten im

           Siegerland und im Ruhrgebiet gezeigt.

Aquarelle

Fifi Kreutzer: "süddeutsche Landschaft" Aquarell

Holz- und Linolschnitte

Fifi Kreutzer: "Schweinemarkt" Holzschnitt, koloriert

Bildreihe oben: Fifi Kreutzer Holz- und Linolschnitte, teilweise koloriert

           GEDOK-Ausstellungsaktivitäten

1930   Fifi Kreutzer tritt der 1927 in Hamburg gegründeten GEDOK (Gemeinschaft

           Deutscher und Österreichischer Künstlerinnenvereine) bei, deren Vorläufer-

           organisation (Bund niederdeutscher Künstlerinnen) sie bereits bei ihrem

           Aufenthalt in Hamburg (1920) beigetreten war. Der Kölner GEDOK-Ortsver-

           band richtet 1934 für Sie eine Einzelausstellung mit über 30 Aquarellen und

           Einzelzeichnungen aus. Zudem ist sie von 1934 bis 1942 bei mindestens

           11 - wahrscheinlich sogar mehr - GEDOK-Gruppenausstellungen (darunter

           zwei Ausstellungen in Frankfurt und zwei Ausstellungen in Dresden) mit

           eigenen Werken beteiligt.

1933   Fifi Kreutzer wird unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers Mitglied der

           Reichskulturkammer Berlin, Fachbereich: Reichskammer der Bildenden

           Künste (Mitgliedsnummer M 7784). Der Mitgliedsantrag wird vom Bund

           Deutscher Maler und Graphiker e.V. - Landesstelle Rheinland gestellt, der Fifi

           Kreutzer über ihre GEDOK-Mitgliedschaft automatisch angehört.

           Auch wenn Fifi Kreutzer nachweislich nicht politisch engagiert und aktiv ist,

           entspricht ihre naturalistische Kunstauffassung doch in weiten Teilen der

           damals propagierte "Blut-und-Boden-Ideologie" der Nationalsozialisten.

           Über die NS-Kulturstelle der Gauverwaltung Aachen-Köln wird dem Künstler-

           ehepaar nach Prüfung "ein positiver Freigabebescheid für vollberuflich künst-

           lerische Berufsausübung" erteilt. 

           Ausstellungen in nationalsozialistischer Zeit

           In der Folgezeit nimmt Fifi Kreutzer an der NS-Kunstausstellung: "Westfront

           1933" in Essen teil. 1935 folgt (mit Zustimmung der NS-Gauverwaltung

           Aachen-Köln) eine große Einzelausstellung mit 50 Werken der Künstlerin im

           Kölnischen Kunstverein. 1936 werden Fifi Kreutzers Werke im Rahmen der

           Ausstellung: "Deutsche Malerinnen und Bildhauerinnen" in Düsseldorf gezeigt

           und dabei wird auf die zukünftige Rolle und das Selbstverständnis und die

           Bedeutung der deutschen Künstlerinnen im Nationationalsozialismus hinge-

           wiesen. Die Deutsche Arbeitsfront "Kraft durch Freude" stellt 1938 einige von

           Fifi Kreutzers Arbeiten in drei Fabrik- und Werkausstellungen für Arbeiter bei

           der Firma Mauser sowie 1940 für Beschäftigte des Kaufhauses Krüger &

           Knoop vor.  1941 und 1942 folgen weitere Beteiligungen Fifi Keutzers an den

           NS-Gauausstellungen Aachen-Köln, die im Kölner Kunstverein stattfinden

           und Ende 1942 durch die Übersichtsschau "Kölner Zeichner" abgeschlossen

           werden. Fifi Kreutzer erlebt das Kriegsende in ihrem Haus in Büchel. Ihr Mann

           wird zum Volkssturm eingezogen. Er erkrankt psychisch, wird in einem Kölner

           Krankenhaus therapiert und "überlebt" dort das Kriegsende.

Fifi Kreutzer: "Schnitter bei der Rast" kolorierte Tuschezeichnung (1941)

Bildreihe oben: Fifi Kreutzer Tuschezeichnungen mit Feder

1946   Zusammen mit ihrem Mann und dessen Malerfreund Carlo Mense gründet

           Fifi Kreutzer im Frühjahr den "Rheinisch-Bergischen Künstlerkreis"

           Die ersten Treffen und Ausstellungen der immerhin über 20-köpfigen Künst-

           lergruppe finden noch im Sommer 1946 in Privathäusern statt. Unter ande-

           rem stellen auch Fifi Kreutzer und Franz M. Jansen ihr Atelierhaus in Büchel

           bereit. Danach findet man mit der Kölner Galerie Tüllmann einen festen Aus-

           stellungsraum für die Gruppe. Bis 1950 werden hier - organisiert durch Franz

           M. Jansen - jährlich zwei Gruppenausstellungen (mit Themenvorgabe) durch-

           geführt. Fifi Kreutzer ist an allen Ausstellungen mit Landschafts-, Tier- und

           Stilllebenzeichnungen beteiligt.

Treffen des "Rheinisch-Bergischen Künstlerkreises" in Büchel

1949   Der "Rheinisch-Bergische Künstlerkreis" stellt unter dem Vorsitz von Franz M.

           Jansen sich und seine Mitglieder in den Nachbarstädten Leverkusen (Schloss

           Morsbroich), Köln (Kölnischer Kunstverein), und Siegburg (Burg Wissem) vor.

           Fifi Kreutzer ist an jeder der sechs Ausstellungen bis 1952 mit eigenen Wer-

           ken beteiligt. Als Franz M. Jansen nach einem Schlaganfall am 21. 5. 1958

           in seinem Haus in Büchel verstirbt, siecht mit ihm auch der "Rheinisch-Ber-

           gische Künstlerkreis" dahin. Die Aktivitäten werden eingestellt.     

Portrait Franz M. Jansen

Fifi Kreutzer witmet sich intensiv der Verwal-

tung des künstlerischen Nachlasses ihres

Mannes Franz M. Jansen. Daneben bleibt

der 67-Jährigen zunächst nur wenig Zeit,

um eigene künstlerische Projekte anzu-

gehen. Sie zeichnet und skizziert weiterhin

in direkter Umgebung ihres Wohnhauses in

Büchel und beschickt mit ihren Tier- und Blu-

menbildern kleinere, lokale Ausstellungen in

Königswinter, Siegburg, Sankt Augustin

und in einer Stadtteil-Bücherei in Bonn. Nach

und nach intensiviert sie ihre kreative Tätig-

keit wieder, mal einige Bilder in Öl und stellt

sehr präzise gearbeitete Holz- und Linol-

schnitte nach ihren Zeichnungsskizzen her.

1969   Mit der Neugründung des "Rheinisch-Bergischen Künstlerkreises" ergibt sich

           für die "Ehrenpräsidentin" der Künstlergruppe die Gelegenheit, in den neuen

           Räumlichkeiten des RBK in Bergisch-Gladbach auszustellen. Ab 1972 be-

           schickt Fifi Kreutzer die Jahresausstellungen des RBK jeweils mit mehreren,

           überaus durchgearbeiteten Tierbildern. Sie wird zunehmend gebrechlicher,

           lebt sehr ärmlich, bescheiden und sparsam von einer minimalen Rente der

           Deutschen Künstlerhilfe in ihrem Atelierhaus in Büchel.

1975   Fifi Kreutzer wird auf Veranlassung ihres Hausarztes in das Altersheim

           Tusculum in Broscheid eingewiesen.

 

1976   Fifi Kreutzer beginnt mit der Arbeit an ihrem letzten großen Ölbild

          "Steigendes Pferd" Um die Dynamik der Bewegung im Bild einzufangen,

           erstellt sie in freier Natur Skizzen und erste Farbstudien. Leinwand, Farben

           und Pinsel liegen bereit.

 

1977   Bei einem ihrer Spaziergänge im Park des Altersheimes stürzt Fifi Kreuzer

           über eine Wurzel. "Da kann die Wurzel nichts für" sagt sie noch. Sie erleidet

           einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch, von dem sie sich nicht mehr

           erholt. Am 29. Dezember 1977 verstirbt Fifi Kreutzer im Alter von 86 Jahren.

           Sie wird neben ihrem Mann Franz M. Jansen auf dem Friedhof von Hermerath

           beigesetzt. Das Grab ist inzwischen eingeebnet.

         

Fifi Kreutzer: Blumenstillleben mit Alpenveilchen, Öl auf Leinwand

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