(Jakob) Walter Hasenfratz 1904 -1983

Walter Hasenfratz

1904       Jakob Walter Hasenfratz wird am 31.05.1904

               als Sohn des Malers Eugen Hasenfratz in

               Köln geboren. Sein Vater ist Schweizer

               Staatsbürger und so zählt auch Walter

               Hasenfratz offiziell als Schweizer. Die er-

               sten beiden Lebensjahre verbringt er in

               Köln, ehe die Familie 1904 nach Villich bei

               Beuel - heute ein integrierter Stadtteil von

               Bonn - umzieht.

1910       Walter Hasenfratz wird in Villich eingeschult.

               Die künstlerische Tätigkeit des Vaters prägt

               den Jungen. Sein Vater ist Mitbegründer des

               Deutschen Werkbundes. Er engagiert sich in

               der beruflichen Vertretung der Künstlerkol-

               legen und gründet in Bonn die "Bonner

               Künstlervereinigung". Die Familie Hasenfratz

               führt "ein weltoffenes Haus". Häufig sind Künstlerkollegen aus allen

               Kunstgattungen - auch Schauspieler und Literaten - zu Gast.

Prof. Richard Seewald

1920/21 Anfang der 20-er Jahre beginnt Walter Hasen-

               fratz ein Studium der freien Malerei an der

               Werkkunstschule in Köln. 1924 wird Richard

               Seewald (1889 - 1976), ebenfalls Schweizer,

               als Professor an die Werkkunstschule nach

               Köln berufen. Walter Hasenfratz wird

               nur wenig später zum Meisterschüler von

               Richard Seewald ernannt. Nach dem erfolg-

               reichen Abschluss der Werkkunstschule be-

               antragt Hasenfratz die Mitgliedschaft in der "Bonner Künstlervereinigung

               1914". Zwischen 1929 und 1932 stellt er regelmäßig neben seinem Vater

               im Städtischen Kunstmuseum Villa Obernier in Bonn aus. Er hält engen

               Kontakt zu seinem Freund und Mentor Richard Seewald. Auf dessen

1930       Anraten- wohl auch auf seine Vermittlung hin - reist Walter Hasenfratz

               nach Paris, um dort als Illustrator für die Zeitschrift "Le Monde" zu

               arbeiten.

1932       Nach zwei Jahren kehrt Walter Hasenfratz zu seiner Familie nach Bonn

               zurück. In Köln richtet er sich ein eigenes Atelier ein. Zusammen mit

               Richard Seewald, der in Köln-Rodenkirchen ein modernes Wohnhaus im

               damals avangardistischen "Bauhaus-Stil" errichten ließ, erlebt Walter

               Hasenfratz 1933 die Machtergreifung Hitlers.

1933       Schon bald ändern sich in Köln - wie auch in Bonn - die politischen

               Verhältnisse. Die "Gleichschaltung" der "Deutschen Kunst" beginnt.

               Die Schweizer Künstler, darunter Richard Seewald, Eugen Hasenfratz

               und sein Sohn Walter geraten in's "Fadenkreuz" der NS-Schergen.

               Wohl wegen ihrer vermeindlichen Unabhängigkeit als Schweizer Staats-

               bürger und der daraus unterstellten "künstlerischen Freizügigkeit und

               Disziplinlosigkeit" werden ihre Arbeiten penibelst beäugt. Schon bald

               werden darin ausgesprochen "undeutsche" Tendenzen erkannt und -

               teilweise über die deutsch-nationale Presse in der Öffentlichkeit lanciert -

               eine nachhaltige Änderung der individuellen künstlerischen Auffassungen

               und eine sofortige Anpassung an das nationalsozialistische Kunstideal

               gefordert. Das geht nicht spurlos an den betroffenen Künstlern vorbei.

               Seewald verkauft sein Haus in Köln-Rodenkirchen und emigriert nach

               Ascona in die Schweiz. 1934 folgt ihm sein ehemaliger Schüler, Walter

               Hasenfratz, und 1936, nach Auflösung des heimischen Haushaltes in

               Bonn, geht auch dessen Vater Eugen Hasenfratz mit seiner Frau in die

               Schweiz. Sie alle siedeln sich - nicht weit voneinander entfernt - in

               Ascona an.

1934      Walter Hasenfratz unternimmt

              von der Schweiz aus ausgedehnte

              Künstlerreisen nach Süditalien,

              Griechenland, Spanien und Ma-

              rokko. Nach Ascona zurückge-

              kehrt, setzt er "die faszinierende

              Farbigkeit", die er in den südli-

              chen Ländern antrifft, in Ölge-

              mälde um. Als Motivvorlagen

              dienen ihm vor Ort angefertigte

              Aquarelle. Sie offenbaren das

              große, künstlerische Potenzial,

              das in Walter Hasenfratz ange-

              legt ist.

ab 

1935     beginnt Walter Hasenfratz die Motive abstrakter darzustellen. Zunehmend

             löst er die Formen zugunsten der Farben, die in seinen Bildern ein immer

             größeres Gewicht bekommen, auf.

             Über Richard Seewald findet Walter Hasenfratz Anschluss an die Künstler-

             gruppe "Der Grosse Bär", einer in sich geschlossenen 7-köpfigen Künstler-

             gemeinschaft, die in namhaften Ausstellungen in der gesamten Schweiz

             vertreten ist. Walter Hasenfratz macht sich als assoziiertes Mitglied des

            "Grossen Bärens" einen Namen. Er stellt zusammen mit der Gruppe in

             Zürich, Luzern, Genf und Basel aus.

1938     Walter Hasenfratz lernt seine spätere Frau Doris (1896 - 1974) kennen.

             Sie ist - wie Walter - 1934 vor den Nazis aus Berlin in die Schweiz ge-

             flohen. Ihre Schwester ist von den Nazis im Konzentrationslager umge-

             bracht worden. 1939 stirbt Walters Vater - Eugen Hasenfratz - im

             Schweizerischen Kriens.

1940     Walter und Doris heiraten. In den Folgejahren macht sich Doris

             Hasenfratz als Journalistin und Schriftstellerin einen Namen. Sie arbeitet

             als Kultur-Korrespondentin für verschiedene Zeitungen. Als Zeitzeugin hat

             sie, nicht zuletzt durch ihren Mann und Richard Seewald, der für seine

             Verdienste inzwischen die Schweizer Ehrenbürgerschaft verliehen bekom-

             men hat, einen tiefen Einblick in die aktuelle Schweizer Kunstszene, die

             sich zu diesem Zeitpunkt unter anderem in dem Künstlerdorf Ronco sopra

             Ascona konzentriert. 

             Nach Ende des zweiten Weltkrieges dauert es noch Jahre, ehe Walter

             Hasenfratz und Richard Seewald wieder ihren Fuß auf deutschen Boden

             setzen. Gemeinsam bereisen beide 1948 das zerstörte Deutschland,

             besuchen Köln, Bonn, Stuttgart und München. Sie finden nur Trümmer

             vor. Auch die künstlerischen Infrastrukturen sind komplett zertrümmert:

             Viele der früheren Künstlerkollegen, die die beiden aufsuchen wollen, sind

             gefallen, vermisst, verzogen und einfach "weg vom Fenster". Künstlerische

             Organisationen, Vereinigungen und freie Künstlergruppen sind während

             der Naziherrschaft gründlich "gereinigt, gesäubert und - wenn nötig - aus-

             radiert" worden. Seewald und Hasenfratz flüchten nach ihrem Ausflug in

             die alliierten Besatzungszonen - abgeschreckt von der vorgefundenen  

             Tristess - zurück in die Schweiz.

             Walter Hasenfratz bereist in der Folgezeit die Mittelmeerländer. Wie seine

             Frau Doris in einem Fuilletonbeitrag für das Buch "Ascona, Monte Verita:

             Auf der Suche nach dem Paradies" schreibt, zieht es ihren Mann jedes

             Jahr als regelrecht licht- und farbensüchtigen Menschen - wie einen durch

             und durch Besessenen  -  in den Süden. Seine Reiseeindrücke hält er in

             Form von Skizzen, Zeichnungen und Aquarellen fest. Später arbeitet er

             diese in seinem Atelier in größeren Formaten aus.

             Richard Seewald - sein Lehrer - erhält 1954 einen Ruf als Professor an

             die staatlichen Akademie der Bildenden Künste in München. Vier Jahre

             lang leistet er dort Aufbauarbeit, ehe er wegen Unstimmigkeiten mit der

             Akademieverwaltung seine Professur 1958 zurückgibt. Seewald bleibt in

             München. Walter Hasenfratz besucht ihn regelmäßig.

 1974    Doris Hasenfratz verstirbt mit 78-Jahren in Appenzell. Zwei Jahre später

             stirbt Richard Seewald im Alter von 87 Jahren in München.

 1983    Jakob Walter Hasenfratz schließt am 2.2.1983 endgültig seine Augen. Er

             wird kurz vor seinem 79. Geburtstag in seiner Wahlheimat Ascona zu

             Grabe getragen.

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