Roland Friederichsen (1910 - 1992)

Sammlungsbezug: G4 Sammlung Gusseisen

Roland Friederichsen

1910   Roland Friederichsen erblickt am 10.07.1910 in Greifs-

           wald/Pommern als einer von zumindest zwei Söhnen

           des angesehenen Geographen und Kartographen

           Ludwig Friederichsen (1841-1915) das Licht der Welt.

           Ludwig Friederichsen ist Verleger in Hamburg und gibt

           seit 1868 Land- , vor allem aber Seekarten für die

           deutschsprachige Überseeschifffahrt heraus. 1916

           erfolgt Roland Friederichsens Einschulung, 1920 der

           Wechsel auf das Heilig-Geist-Gymnasium in Breslau

           1929 legt er sein Abitur ab. Schon früh fällt sein

           künstlerisch-gestalterisches Talent auf. Nach dem

           Willen des Vaters soll Roland "einen ordentlichen Be-

           ruf" erlernen und - wie sein Bruder Max - ein akademisches Studium auf-

           nehmen.

1929  Roland Friederichsen schreibt sich pro forma für ein Jura-Studium an der Uni-

          versität Breslau ein, beginnt aber parallel dazu ein Kunststudium an der

          Kunstakademie in Breslau. Er studiert Zeichnen und "freie Malerei" bei Prof.

          Otto Möller (1883-1964) und Prof. Alexander Kanoldt (1881-1939) sowie

          Bildhauerei bei Theodor von Gosen (1873-1943).

1932  Roland heiratet die Breslauerin Melanie Steinmetz und zieht mit seiner Frau

          nach drei Studienjahren in Breslau nach München um. Hier setzt er sein

          Kunststudium an der Kunstakademie München bei den Professoren Olaf

          Gulbransson (1873-1958) und Adolf Schinnerer (1876-1949), beide Zeichner

          und Maler, fort. Gulbransson erlangt insbesondere als Zeichner der Satirezeit-

          schrift Simplizissimus internationale Berühmtheit; Schinnerer ist ein "Kalt-

          nadelspezialist" und Mitbegründer der Neuen Sezession in München. Wesent-

          lichen Einfluß auf Roland Friederichsen kreative Entwicklung nimmt der Bild-

          hauer Bernhard Bleeker, der insbesondere das skulpturale und plastische Ge-

          staltungstalent von Roland Friederichsen fördert. Bernhard Bleeker (1881-

          1968) ist ein überzeugter Vertreter der "Neuen Deutschen Kunst" (siehe

          Kapitel: Künstler in der NS-Zeit). Unter anderem fertigt er im Auftrag der

          NSDAP 26 große Portraitbüsten von Adolf Hitler an.

1936  Roland Friederichsen macht als Meisterschüler von Berhard Bleeker seinen

          Studienabschluß an der Kunstakademie München.

Roland Friederichsen: Jünglingskopf 1937

1937  Wie sein akademischer Lehrmeister nimmt Roland

          Friederichsen bereits an der "1. Großen Deutschen

          Kunstausstellung" im neueröffneten "Haus der Deut-

          schen Kunst" in München teil. In der von Adolf Hitler

          persönlich eröffneten programmatischen Erstaus-

          stellung präsentiert Friederichsen einen "Jünglings-

          kopf" in Bronze, der von Göring gekauft worden

          sein soll. Es folgen weitere Ausstellungsbeteiligungen

          im Haus der Deutschen Kunst in den Jahren 1939

         (Gestaltung eines Ehrenpreises des Staatsministers

          Adolf Wagner), 1943 (Ausstellung eines Mädchen-

          kopfes in weißem Marmor) und 1944 (3 Silberpla-

          ketten mit Profilreliefs sowie die Figur einer "Arierin")

          Die letztgenannte "Arierin" ist fotografisch nicht erfasst. Andere Quellen spre-

          chen von einer "Mädchenfigur".

1938  Geburt seines Sohnes Michael Friederichsen. Michael absolviert nach dem

          Krieg eine Lehre als Silberschmied. Sein Vater bildet ihn danach in seinem

          Atelier zum "freien" Bildhauer" aus.

1939  Roland Friederichsen wird zum Wehrdienst eingezogen und nach der Grund-

          ausbildung für den Einsatz in einer Münchener Rüstungsfirma abgestellt. So

          kann er weiterhin als Maler und Bildhauer in München tätig sein. Er ist Mit-

          glied in der Reichkammer der Bildenden Künste in Berlin und somit als Be-

          rufskünstler anerkannt.

Bronzeportal

1945  Das Kriegsende markiert für Roland Friederichsen die

         "Stunde Null". Stilistisch wendet er sich von der während

          der NS-Zeit propagierten "völkisch-arischen deutschen

          Kunst" ab. "Aus Saulus wird ein Paulus". Fortan ist er

          primär für die katholische Kirche als Auftraggeber tätig.

          Seine malerische und bildhauerische Ausbildung wird

          beim Wiederaufbau und der Renovierung verschiedener

          Kirchen zunächst im Großraum München - später auch

          bundesweit in Ingolstadt, in Duisburg, Essen und anderen

          Ruhrgebietsstädten gebraucht. Aufsehen erregt Roland

          Friederichsen mit seinen modernen, fast figuralen Beton-

          Dickglas-Kirchenfenstern sowie dem im Stile (fast) ex-

          pressionistischen "Kreuzweg Jesu" in der Heilig-Kreuz-

          Kirche in Dachau, der zum Vorbild für ähnliche Kreuzwege

          in Bad Tölz, Saarbrücken und Oberhausen wird.

Roland Friederichsen bei der Arbeit an einer Brunnensäule

          Auch die Stadt München beauftragt Roland

          Friederichsen mit Restaurierungsarbeiten an

          ihren zerstörten historischen Gebäuden. Im

          Rahmen des Förderprogramms "Kunst am Bau"

          schreibt sie in den 50-er und 60-er Jahren

          künstlerische Ausstattungen von Neubauten

          und Plätzen im öffentlichen Raum aus, an

          denen sich der Bildhauer mit der Gestaltung

          von Bronzeskulpturen, Denkmal-Tafeln, Re-

          liefs und Brunnen beteiligt. In seinem dama-

          ligen Münchner Bildhaueratelier entstehen

          in dieser Zeit eine Vielzahl von plastischen

          Werken und Skulpturen, die  - sowohl in Stein

          als auch in Bronze ausgeführt - noch heute

          das Stadtbild von München bereichern.

          Neben "freien" Arbeiten nimmt Friederichsen

          auch private und privat-institutionelle Auftrags-

          arbeiten an. In der Folgezeit entstehen ver-

          schiedene Portraitbüsten von befreundeten

          Künstlerkollegen und Politikern. Unter anderem

          portraitiert Roland Friederichsen den Maler und Bildhauer Carl Thiemann,

          den bayrischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel (CSU) sowie Bundes-

          präsident Walter Scheel (FDP), die ihm alle in seinem Atelier Modell stehen.

          Für seine Verdienste erhält Roland Friederichsen in den 70-er Jahren das

          Bundesverdienstkreuz verliehen.

1959  Hausbau im Münchener Stadtteil Denning, Soldauer Straße 21 - heute zum

          Stadtbezirk 13 Bogenhausen zählend. Hier unterhält der Künstler bis ins hohe

          Alter sein Bildhaueratelier.

1961  Nach dem Tod seiner ersten Frau, reist der Künstler in den "Vorderen

          Orient", um die Kunst der frühen Hochkulturen in Mesopotanien, in Syrien,

          in der Osttürkei, im Irak, in Jordanien und im heutigen Israel kennenzulernen.

 

1968  Roland Friederichsen heiratet in zweiter Ehe die Hamburgerin Felicitas Müller.

          Noch jahrelang ist er in seinem Atelier in München-Dennig als "Vollblut"-

          Künstler tätig.

"Hygieia" (1977)

1977  Der Künstler arbeitet bundesweit mit verschiedenen

          Kunstgießereien zusammen. Im Auftrag der Firma 

          Buderus in Hirzenhain gestaltet er für deren Kunden

          Thomae unter anderem die Jahresplakette 1977.

          Details siehe Kapitel G 4.2 "Plaketten und Medaillen",

          Sammlungsnr. 420-014.

 

1992  Roland Friederichsen verstirbt am 26.05.1992  im Alter

          von 82 Jahren in München-Denning. Sein künstlerischer

          Nachlass wird heute zu großen Teilen in Schloß

          Moyland in der Sammlung der Gebrüder von der Ginten

          aufbewahrt.

Redaktioneller Hinweis: Die Angaben im Künstlerprofil basieren auf Eigenrecherchen. Bildquellen: 1. Google-Bildsuche, 2. ebay-Verkaufsangebote; 3. Datenbank der Auktionsplattform lot-tissimo.com; 4. weitere, exemplarische Werkillustrationen aus "Roland Friederichsen, Künstler und Werk" von Wolfgang Braunfels / Peter Beckmann; EOS Verlag Erzabtei St. Ottilien; ISDN-Nr: 3-88096-040-2.

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