Josef Dederichs (1873 - 1958)
1873 Josef Dederichs erblickt - zusammen mit seiner
Zwillingsschwester Sophie - am 21. Januar 1873
in Bleibuir das Licht der Welt. Sein Vater - Johann
Heinrich Dederichs - steht als Förster im Dienste
der Herzöge von Arenberg, Aarschot, Meppen und
Recklinghausen (Engelbert-August von Arenberg
1824-1875 und nachfolgend Engelbert-Maria von
Arenberg 1872- 1949). Der Vater ist für die her-
zöglichen Forstämter in Bleibuir, Mauel und Dauber-
scheid zuständig. Josefs Mutter Sofia Dederichs,
geborene Zimmermann, versorgt das Forsthaus
mit dem angrenzenden Wirtschaftsgarten, in dem
die Försterfamilie übergangsweise bis zu ihrem Umzug in die Rotbachstraße
6 in Bleibuir, unweit des Schliebachs wohnt. Die Dederichs sind 1860 aus
Kronenburg zugezogen, wo Paulus Dederichs - Josefs Dederichs Urgroß-
vater - bereits Förster im Haus "An Heepen" gewesen war. (Das Haus "An
Heepen" in Kronenburg wurde Mitte der 30-er Jahre unter Werner Peiner
zum Gemeinschaftshaus der "Hermann-Göring-Meisterschule für Malerei"
umfunktioniert und beherbert heute die "Bildungsstätte Kronenburg").
Außer seinem Vater waren auch zwei seiner Onkels (Peter Dederichs und
Paul Dederichs) von Beruf Förster.
Josef wächst - zusammen mit acht Geschwistern - in Bleibuir auf. Seine
Zwillingsschwester Sofia stirbt nach nicht mal drei Monaten. Bis heute
ist nicht ganz klar, wann und unter welchen Umständen Josef selbst den
schweren Unfall erlitt, der bei ihm zu einem dauerhaft versteiften Bein und
lebenslangem Humpeln führt.
Der Arbeitgeber seines Vaters, der Herzog von Arenberg soll - dem Verneh-
men nach - daran beteiligt gewesen sein, als er in illustrer Gesellschaft mit
seiner Jagdkutsche unterwegs war und der Kutscher den spielenden Jungen
überrollte. Andere Quellen sprechen von einem komplizierten Beinbruch nach
einem Felsabsturz, den der Junge erlitt, als er als einer der "Sauentreiber"
bei einer Treibjagd des Herzogs in dessen Jagdrevier eingesetzt war.
Wie auch immer. Der Unfall hatte auch sein Gutes, da Josef nunmehr in die
besondere "herzögliche Fürsorge gerät". Die herzögliche Familie erkundigt
sich stets nach ihm und behält in der Folgezeit "ein waches Auge" auf die
Entwicklung des Jungen.
1879 Josef Dederichs wird in die katholische Volksschule Bleibuir unweit der
Pfarrkirche St. Agnes eingeschult. Er ist ein aufgeweckter Schüler und sei-
nen gleichaltigen Mitschülern voraus. Die Schule ist zweizügig organisiert.
Der Lehrer - Heinrich Josef Brammertz - unterrichtet die Kinder jeweils des
1. bis 4. Schuljahres und die des 5. bis 8. Schuljahres gemeinsam. Josef war
vom Lernstoff her in vielen Fächern den gleichaltrigen Kindern um 1 bis 2
Klassen voraus.
Besondere Fertigkeiten, die selbst Lehrer Brammertz zum Staunen brachten,
zeigte Josef vor allem beim Zeichnen und Malen.
Über Josef Dederichs weiteren Ausbildungsweg ist wenig bekannt. Wahr-
scheinlich hat er die Volksschule in Bleibuir beendet und anschließend eine
Lehre in einem kunsthandwerklichen oder - durch seine Behinderung be-
dingt - möglicherweise auch beim Herzog von Arenberg in einem verwal-
terischen Bereich - absolviert.
1892 Frühestens im Alter von 19 Jahren kann Josef Dederichs mit dieser "Basis-
ausbildung" fertig gewesen sein. Offensichtlich ist der herzöglichen Familie
das künstlerische Talent "ihres" Förstersohnes nicht unbekannt geblieben.
Josef hat bereits zu dieser Zeit hervorragend zeichnen und portraitieren
können und so ist es durchaus denkbar, dass der Förster seinem Arbeit-
geber einige Portraitstudien seines Sohnes voller Stolz übergeben hat.
Herzog Engelbert-Maria zu Arenberg ist von seinem Vater Engelbert-August
ganz in der kulturellen Tradition und dem Stilempfinden des Hochadels
erzogen worden. Zur Kaiserzeit gehört die Wertschätzung der Kunst und
die Förderung von Künstlern ganz elementar zu den Privilegien des Adels.
Man tut etwas dafür, setzt seine Beziehungen ein, öffnet Türen und vergibt
Aufträge. So auch die herzögliche Familie von Arenberg, deren exponierte
Mitglieder zu Kaisers Zeiten in dem Ruf stehen, ausgewiesene Kunstmäzene
zu sein. Sie unterstützen die weitere Ausbildung des Förstersohnes nicht
nur finanziell.
Der junge Mann wird angehalten, die künstlerisch-kreativen Voraussetzun-
gen zu erfüllen, um mit einer entsprechenden Vorstellungsmappe die Auf-
nahmeprozeduren für ein Studium an der königlich-preußischen Kunst-
akademie in Düsseldorf zu bestehen. Möglicherweise läßt die Familie von
Arenberg diskret ihre vorzüglichen Beziehungen als Kunstsponsoren und
Auftraggeber für die Ausstattung ihrer fünf Schlösser sowie des Palais
d'Egmont in Brüssel spielen, um der Bewerbung entsprechendes Gewicht
zu verleihen.
um Josef Dederichs bewirbt sich mit seiner eigens ausgearbeiteten Vorlagen-
1900 mappe an der Kunstakademie Düsseldorf. Nach einer dreitägigen Prüfung
wird er von Prof. Eduard von Gebhardt (1838-1925) in das Grundstudium
aufgenommen. Wie alle Studenten muss Josef Dederichs zunächst die
zeichnerische Grundausbildung durchlaufen, die traditionell damit beginnt,
vorgelegte klassische Skulpturen und Abgüsse griechischer und römischer
Götter, Dichter, Denker, Philosophen und Feldherren genauestens abzu-
zeichnen. Neben der manuellen Zeichentechnik werden Faltenwürfe (plas-
tische Licht- / Schatteneffekte), Kompositionsaufbau (von Zeichnungen)
sowie Studien zur Anatomie von Mensch und Tier eingeübt. Erst danach
dürfen selbständig "freie" Naturstudien angestellt und malerisch Werke in
der Tradition der "Düsseldorfer Malerschule" nachempfunden werden. Die
dezidierte Anleitung zur Ölmalerei wird im anschliessenden Fachstudium
vermittelt. Um die Jahrhundertwende sind dafür "verdiente" Professoren
verantwortlich, die allesamt als Meister ihres Faches gelten:
Adolf Schill (1848-1911) und Willy Spatz (1861-1931) im Fach Historien-
malerei, Eugen Düker (1841-1919) im Fach Landschaftsmalerei; Eduard
von Gebhardt (1838-1925) als Kirchenmaler: Julius Paul Junghanns
(1876-1958) als Tiermaler und Karl Rudolf Sohn (1845 - 1908) als Portrait-
maler.
Josef Dederichs: Frühe Studienarbeiten in der Kunstakademie Düsseldorf
links: Interieur einer Barockkirche rechts: Kölner Rheinpanorama
(Stift Melk - Österreich) St. Gereon + Kölner Dom
Bei welchem dieser akademischen Lehrer Josef Dederichs seinen male-
rischen Schliff bekommt, ist nicht überliefert. Jedoch ist überliefert, dass
der Herzog von Arenberg seinen Einfluß dahingehend geltend gemacht hat,
dass "der Eifelmaler" Fritz von Wille (1860-1941) letztendlich Josef
Dederichs bestimmender Lehrmeister wird. Möglicherweise hat Fritz von
Wille auf Bitten und mit finanzieller Unterstützung des Herzogs Engelbert
Maria von Arenberg Josef Dederichs zwischen 1903 und 1910 als
Privatschüler in seinem Atelier unterrichtet.
Fritz von Wille stammt aus einer 1780 geadelten, ursprünglich hessischen
Künstlerfamilie. Sein Vater - wie auch seine Mutter - sind damals beide
durchaus bekannte Maler. Fritz von Wille hat bei Prof. Eugen Dücker an
der Kunstakademie Düsseldorf Landschaftsmalerei studiert, ehe er um
1890 herum ein eigenes Maleratelier in Düsseldorf errichtet. Der deutsche
Kaiser kauft 1908 höchstpersönlich ein Gemälde von Fritz von Wille (" Die
blaue Blume") und macht damit den Maler bekannt und "hoffähig".
Die Düsseldorfer Kunstakademie sieht sich daraufhin veranlasst, dem
Maler einen Professorentitel zu verleihen, ohne dass dies mit einer
direkten Lehrverpflichtung in Düsseldorf verbunden ist.
Das ist dem "Professor (h.c) Fritz von Wille" nur Recht. Er arbeitet am
liebsten "in freier Wildbahn" draußen vor Ort. Gerne läd er Malerkollegen
und Schüler zu ausgedehnten Exkursionen in sein Quartier in Gerolstein in
der Eifel ein. Die Eifel durchwandernd, zeigt er seinen Malerfreunden, wie
man das "Atmosphärische in der Landschaft" in Gemälden einfangen
kann. Mit seiner Malweise, die sich deutlich vom akademisch geprägten,
häufig christlich-historisierenden Malstil der Düsseldorfer und Münchner
Malerschule (u.a. Nazarenerstil) abhebt, begründet Fritz von Wille zum
einen seinen Ruf als führender "Eifelmaler", zum anderen beeinflusst
er mit seiner "atmosphärischen" Malauffassung eine ganze Generation
von Malern, die heute als "Düsseldorfer Landschaftsmalerschule" bekannt
ist.
Josef Dederichs wird unter Fritz von Willes Anleitung sicherlich zu einem
ganz typischen Vertreter dieser Schule.
1910 Wann, wie und in welcher formalen Form Josef Dederichs sein Studium
an der Kunstakademie Düsseldorf beendet, ist unklar. Möglicherweise
erhielt er den üblichen offiziellen "Akademiebrief" zum Abschluß seines
Studiums. Möglicherweise stellt ihm sein Lehrmeister Professor (h.c.)
Fritz von Wille aber auch ein vom ihm persönliches unterzeichnetes
Abschlusstestat aus.
Nach Abschluss des Studiums lässt sich Josef Dederichs für einige Zeit
als Maler in der Kölner Südstadt nieder, ehe er ein angemessenes
Quartier im angrenzenden Köln-Bayenthal findet.
1914 Aufgrund seiner Behinderung ist Josef Dederichs vom Wehrdienst freige-
stellt. Er lernt seine Frau Agnes kennen, die als (angestellte) Zahnärztin
in einer Praxis in Rodenkirchen, einem Vorort von Köln, arbeitet. Die
beiden heiraten. Agnes wird in der Familie ihres Mannes freundlich und
repektvoll aufgenommen. Letztendlich ist es "Tant' Nettchen" - wie Agnes
im Familienkreis anerkennend genannt wird - die für finanzielle Stabilität
in dem Künstlerhaushalt sorgt und weitgehend den "Vertrieb" der Werke
ihres Mannes organisiert. Agnes und Josef Dederichs gründen eine
Familie. Sie bekommen eine Tochter - Anni Dederichs - die in Köln-
Bayenthal aufwächst. Agnes Dederichs baut sich dort eine eigene Zahn-
arztpraxis auf.
1916/17 Bedingt durch die Wirrnissen der Kriegszeit, als die Versorgungslage der
Bevölkerung in den großen Städten immer schlechter wird, weichen die
"kölschen Dederichs" durch häufige "Landfahrten" nach Bleibuir in die Eifel
sowie nach Siegburg, wo Josefs älterer Bruder Paul wohnt, aus. Den
"Kohlrübenwinter", als der zusammenbrechende Brot-, Milch-, Kartoffel-,
Fleisch- und Wurstwarenbezug trotz strenger Rationierung zu einer
regelrechten Hungersnot in weiten Teilen der Bevölkerung führt, über-
stehen sie nicht zuletzt deshalb, weil "Tant' Nettchens" Leistungen als
Zahnärztin gerade in Notzeiten gebraucht werden.
1923 Mit der Währungsreform, die mit der Einführung der Reichsmark wieder
zu stabilen Geldwerten in Deutschland führt, bessert sich die Lage. Die
politischen Unruhen, ausgelöst durch die Unzufriedenheit der arbeitenden
Bevölkerung in der Weimarer Republik, schwellen ab. Die "goldenen
Zwanziger Jahre" (Roaring Twenties) beginnen.
Hafenmotive
Josef Dederichs unternimmt in den folgenden Jahren mit Frau und Kind
regelmäßig Ferien- und Studienreisen an die belgische und niederlän-
dische Nordseeküste, in die deutschen und österreichischen Alpen sowie
von dort weiter nach Italien.
Als professioneller Künstler hat er seine Zeichen- und Malutensilien im-
mer griffbereit dabei. Wo immer er ein interessanten Motiv entdeckt, hält
er an und skizziert die jeweilige Szene. So sammeln sich mit der Dauer
eine Unzahl von "visuellen Impressionen" an.
Zurück in seinem Atelier in Köln, dienen ihm die Skizzen als Vorlage zur
Anlage relativ großformatiger Ölbilder. Dabei kombiniert er meist
mehrere der ursprünglich einzeln erstellten "Impressionen" miteinander
und gestaltet aus ihnen ein mehrteiliges Szenarium. Seine Gemälde
werden dadurch thematisch umfassender, typischer und malerisch
"dichter".
Hafenmotive: (mit Bildaufteilung in Zentralperspektive)
Hafenmotive: (rechtsorientierte Anordnung)
Hafenmotive: (linksorientierte Anordnung)
Schifferboote und Lastkähne: (in freier Fahrt)
Sonstige Motive (Niederlande) Blumenmärkte, Stadtpanoramen, etc.)
Natürlich bemerkt Josef Dederichs relativ schnell, welche seiner Motive
bei seiner Kundschaft besonders beliebt sind und sich gut verkaufen
lassen. Er ist Profi genug, diese Motive gleich mehrfach anzulegen und
sie mit geringen Änderungen und kleinen Varianten in weiterhin höchst-
möglicher handwerklicher Akkuratesse auszumalen.
So kommt es, dass sich viele seine Bilder - sowohl seine Hafenansichten
mit anlandenden Fischerbooten wie auch die Serie der Alpenpanoramen
sehr ähnlich sehen.
Dieses Verfahren ist übrigens keineswegs unüblich, es wird den Kunst-
studenten bereits in den Akademien "anerzogen". Auch Fritz von Wille
hat bei vielen seiner Gemälde diese "Variantentechnik" angewandt. Da
seine Malerkollegen - wie auch seine Schüler - Landschaften häufig aus
demgleichen (interessanten) Blickwinkel malten - was bei gemeinsamen
Mal-Exkursionen unvermeidlich ist - gleichen sich die Sujets manchmal
auf's Haar.
1930 Josef Dederichs Wohnung in Köln ist offiziell mit der Adresse Salierring 5
registriert. Als Profession ist in den Meldeunterlagen "Kunstmaler, Son-
dergebiet Landschaftsmalerei" angegeben.
Gebirgspanoramen
Über die Jahre stellt sich bei Josef Dederichs eine gewisse Arbeitsteilung
ein. Hafenmotive, Gebirgspanoramen und in geringerem Maße auch
Rheinlandschaften entstehen in der Regel in Dederichs Kölner Atelier.
Fjordlandschaften
Eifelgemälde
"Eifellandschaften" malt er dagegen vor Ort in der Eifel. Soweit ihm
jemand beim Transport der schweren Staffelei behilflich ist - auf Hilfe
ist er wegen seiner Behinderung angewiesen - malt er seine Eifelbilder
"in situ", also in freier Natur in direkter "Konfrontation" mit dem jeweili-
gen Landschaftsmotiv. Da er in aller Regel unterschiedliche Licht- und
Wetterverhältnisse - vor allem aber - der Eifel entsprechend - ein
ständig wechselndes Wolkenspiel antrifft, muss er seine "Eifelland-
schaften" in gewisser Weise "zeitkonstant" anlegen, also die Licht- und
Schattensetzung und damit auch die Wirkung der Farben strategisch
vorherschauend einsetzen. Eben so, als sei dieses Licht und diese
Wolken für Stunden eingefroren. Das gilt sowohl für den diesigen
Horizont, der in aller Regel gar keine Linie sondern ein diffuser Über-
gang von Grau-, Weiß- und Blautönen ist, als auch für "schwirrende
Lichtflecken" beispielsweise auf dem Wasser der Eifelmaare, und erst
recht für das "dramaturisch" wichtige Sonnenlicht, das - gefiltert durch
Wolken - einzelne Teile der Landschaft farbig heraushebt und andere
versinken läßt. Genau darin liegt die Kunst eines guten Landschafts-
malers und - seitdem Fritz von Wille das "Atmosphärische" in seinen
Bildern thematisiert hat - auch die Kunst eines guten Eifelmalers.
Blumen- und Früchtestillleben
Mag die Landschaftsmalerei im obigen Sinne eine "Hochreck-Übung"
darstellen, so entsprechen Blumenstillleben eher einer soliden "Boden-
turn-Übung". Auf den ersten Blick ändert sich an ihnen nicht viel. Sie
sind statisch. Statisch im Aufbau und in der Bewegung. Aber genau das
konzentriert die Aufmerksamkeit der Betrachter auf einen zweiten,
von Fritz von Wille ebenfalls als "atmosphärisch" bezeichneten Aspekt:
Die komplexe Farbigkeit des Motives. Blüten sind in sich schon sehr
komplexe Objekte, die sowohl von ihrer eigenen Objektfarbe als auch
von der Farbe des auftreffenden Lichtes, also der Lichtfarbe, geprägt
sind. Malerisch stellt dieser Sachverhalt bereits höchste Ansprüche an
das Können eines Malers. Erst recht, wenn mit der Farbgebung auch
Sekundärinformationen, beispielsweise über den Frischegrad der
Blumen (von der prallen Blumenpracht bis hin zu einer Art morbider
Welkung) wiederzugeben sind.
Offensichtlich haben Blumenstillleben den Landschaftsmaler Josef
Dederichs sein Leben lang gereizt und ihn immer wieder heraus-
gefordert. Er scheint ihm tatsächlich ein Bedürfnis gewesen zu sein,
zwischendurch - wohl mehr zur eigenen Entspannung - einfach ein-
mal Blumen "sprechen" zu lassen.
1933 Kurz nach der Machtergreifung Hitlers setzt die "Gleichschaltung der
Deutschen Kunst" ein. Josef Dederichs dürfte damit keine Probleme
gehabt haben, da seine Kunst - soweit das heute festgestellt werden
kann - völlig apolitisch gewesen ist und nicht im Geruch stand,
undeutsch oder gar entartet zu sein. Er war auch nicht an der Aus-
stellung des "NS-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler" beteiligt,
die 1936 vom Kreis Mayen /Eifel als Einladungsveranstaltung in Form
eines Künstlersymposiums veranstaltet wurde. Die beteiligten Künst-
ler (ca. 80) erhielten "Arbeitsförderungen" (Atelierplätze mit Kost
und Logis in Eifel-Gasthöfen), ihre Werke wurden zentral ausgestellt
und zu Garantiepreisen "ins Reich" verkauft. Offensichtlich wirft die
Zahnarztpraxis seiner Frau zu dieser Zeit bereits genügend Geld ab,
so dass Josef Dederichs nicht auf solche "Arbeitsförderungen" ange-
wiesen ist.
Auch wenn Josef Dederichs Gemälde in dieser Zeit völlig apolitisch
sind, spiegelt sich die Bildwelt der "Deutschen Kunst" doch indirekt in
seinen rheinischen Landschaftsbildern wieder. Wie ein Ölgemälde aus
der Sammlung von Frank Witte (siehe Foto oben) ausweist, scheint
Josef Dederichs die Thematik des "tätigen Arbeitslebens" malerisch
zu reizen. Sein "Duisburger Hafen" mit dem aufgewühlten Wasser und
den hochgereckt - dampfenden Schloten der Hochöfen und Stahlhütten
vermittelt alles andere, als landschaftliche Ruhe. Hier wird die Dyna-
mik und die "Unnatur" industrieller Fertigungsprozesse dargestellt.
Statt "schön-beschaulich" dahindümpelnder Lastkähne, die - meist
durch Segel angetrieben - in seinen frühen Hafenbildern zu sehen sind,
durchpflügen nun Schlepper und Motorschiffe das eher brackige
Hafengewässer. Malerisch sicher eine besonders reizvolle Heraus-
forderung, die der Künstler aber mit seinen Mitteln meisterlich löst.
1939 Josef Dederichs ist 66 Jahre alt, als der 2. Weltkrieg mit dem Überfall
auf Polen ausbricht. Für die Kölner Bevölkerung eine schlimme Zeit.
Von Mai 1940 bis zum März 1945 verbringen die Kölner fast 2.000
Stunden im Alarmzustand. Insgesamt zählt man 1.122 Fliegeralarme
und 1.089 sogenannte "Öffentliche Luftwarnungen". Bereits 1941 wird
das Wohnhaus der Familie Dederichs in Köln-Bayenthal (Droste-Hüls-
hoff-Straße 20) von einer Bombe getroffen. (Eine andere Quelle nennt
das Jahr 1944). Der "kölsche Dederichs" quartiert sich daraufhin nach
Bleibuir aus. Agnes - seine Frau - bleibt aber weiterhin mit Tochter
Anni in Köln, wo sie - nach dem Verlust ihrer eigenen Zahnarztpraxis -
als (angestellte) Zahnärztin tätig ist. Josef Dederichs malt in Bleibuir
überwiegend Ölbilder. Wie bei professionellen Kunstmalern üblich,
arbeitet er - parallel zueinander - an jeweils drei bis vier Gemälden
gleichzeitig. Nach eigener Aussage sollen die meisten Bilder Auftrags-
arbeiten gewesen sein. An ein eigenes Bilderlager im Haus kann sich
keiner seiner Bekannten erinnern, was vielleicht darauf zurückzuführen
ist, dass der Jupp stets freigiebig gewesen ist und viele seiner Gemäl-
de an befreundete Familien in Bleibuir verschenkt hat.
Wohl aus Altersgründen hat Josef Dederichs die "Freilicht- und Frei-
luftmalerei" inzwischen völlig aufgegeben. Er wohnt bei seiner
Schwester Margaretha Beul in der Rotbachstraße 6. Hier hat er auch
sein Atelier. Ein junges Mädchen aus der Nachbarschaft kommt vor der
Schule regelmäßig morgens bei ihm vorbei, "um dem Jupp die Schuhe
zu zubinden". Denn dazu war der Jupp wegen des steifen Beins und
wegen seiner nicht gerade geringen Körperfülle alleine nicht mehr in
der Lage".
Bäuerliche Motive, Jagdmotive, Genremalerei
Winterlandschaften
1949 Josef Dederichs - inzwischen im 76. Lebensjahr - gibt sein Atelier in
Bleibuir auf, kehrt nach Köln zurück und bezieht sein wiederaufgebau-
tes Domizil in Köln-Bayenthal.
1958 Am 7. Februar 1958 verstirbt der Landschaftsmaler Josef Dederichs
im Alter von 85 Jahren in seinem Wohnhaus in der Droste-Hülshoff
Straße 20 in Köln-Bayenthal.
Lange Zeit zählte er mit seinem unfangreiches Lebenswerk zu der
völlig zu Unrecht vergessenen Malergeneration, die zwischen den
beiden Weltkriegen den Höhepunkt ihres Schaffens verzeichnete.
Mit Ausstellungen anläßlich seinem 130. Geburtstages 2003 und
seines 50. Todestages 2008 rückte Josef Dederichs als Maler wieder
in den Fokus der Öffentlichkeit.
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Fortsetzung: siehe nachfolgendes Unterkapitel Sammlung MH: Josef Dederichs
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