Eugen Hasenfratz (1872-1939)

1872     Eugen Hasenfratz wird am 26. April 1872 in Baden im Kanton Aargau

             in der Schweiz geboren. Über sein Elternhaus und seine Familie ist

             wenig Gesichertes bekannt.

             Nach Ableistung der Schulzeit besucht er die Kunstgewerbeschule in Zürich,

             die in den 90-er Jahren zur Hochschule für Gestaltung und Kunst wird.

             Die künstlerisch-anwendungsorientierte Ausbildung setzt er an der Kunst-

             gewerbeschule in Genf fort. Nach deren Abschluss übersiedelt Eugen

             Hasenfratz nach Paris, studierte dort einige Semester freie Kunst und

             wechselte von dort zur Kunstakademie nach Düsseldorf, um seine Kennt-

             nisse in der Landschafts- und Genremalerei zu vertiefen. Von Düssel-

             dorf wechselt er zur Kunstakademie nach München. Hier begegnet er dem

             fast gleichalten Kirchenmaler Franz Josef Hofstötter (1871-1958) und

             freundet sich mit ihm an.

Pfarrkirche in Ludwigsthal

1896     Als Mitarbeiter von Franz Josef Hofstötter ist

             Eugen Hasenfratz an der Ausgestaltung der

             Pfarrkirche Herz Jesu in Ludwigsthal beteiligt.

             Hofstötter erhielt den Gesamtauftrag, weil er

             neben den Altargemälden, auch die Wand-

             und Deckenmalereien sowie die bildhaue-

             rischen Arbeiten zur Ausstattung der Kirche

             angeboten hatte.

             Eugen Hasenfratz "assistiert" seinem Freund

             bei den Wand- und Deckenmalereien. Große

             Teile der noch heute erhaltenen Fresken stam-

             men originär aus seiner Hand. Franz Kruis

             (1854-1925), ein Bildhauer und Holzschnitzer

             aus Passau, "assistiert" bei den skupturalen

             Arbeiten.

1904     Nach 5 Jahren beenden die Künstler ihre Arbeiten. Für Eugen Hasenfratz

             sollte dies - nach eigenen Worten - "der letzte Auftrag in einer Kirche" ge-

             wesen sein. Er übersiedelt nach Köln und orientiert sich künstlerisch um.

             Er ist die Kirchenmalerei satt, sieht sein zukünftiges Aufgabenfeld eher im

             Bereich der angewandten Künste, insbesondere in der guten Gestaltung

             von Gebrauchsobjekten. Sein Sohn, Jakob Walter Hasenfratz kommt am

             31. Mai 1904 in Köln zur Welt.

1905    Eugen Hasenfratz kehrt für kurze Zeit nach Zürich zurück. Er bewirbt sich

            dort um einen Lehrauftrag an der Hochschule für Gestaltung und Kunst im 

            Fachbereich Textilgestaltung. In der Folgezeit entwirft er verschiedene

            Dessins für Taschen, Kissen, und Tischdecken. Sein Hauptaugenmerk

            gilt dabei der individuellen Dekorgestaltung. Farbige Tier- und Blumen-

            motive überwiegen. Die Ausführung seiner Entwürfe überträgt Eugen

            Hasenfratz ortsansässigen Näherinnen. Ob seine "Bemusterungen" den

            erwünschten Erfolg hatten, ist zweifelhaft. Seine Bewerbung jedenfalls

            verlief "im Sande" (Einige seiner Musterentwürfe sind aber heute Teil der

            staatlichen Schweizer Designsammlung).

Eugen Hasenfratz: Entwurf einer Unterarmtasche mit Perlenbesatz

            Möglicherweise hat Eugen Hasenfratz zum damaligen Zeitpunkt bereits

            die Bekanntschaft von Sophie Taeuber gemacht, die zu diesem Zeitpunkt

            noch Kunststudentin war und später (ab 1916) selbst die Textilklasse in

            Zürich leitete.

            (Nach ihrer Heirat mit Hans Arp 1922 wurde Sophie Taeuber-Arp als

             Mitinitiatorin der Dada-Bewegung und Unterzeichnerin des "Dadaistischen

             Manifestes" bekannt).

1906     Eugen Hasenfratz übersiedelt von Köln nach Villich bei Beuel, heute

             ein Stadtteil von Bonn. Er engagiert sich für die Ideen des Deutschen

             Werkbundes, den angewandten Künsten einen besonderen Platz im

             Kunstgeschehen zukommen zu lassen. Insbesondere das Konzept,

             bildende Künstler im Sinne eines gesellschaftlich wirksamen "Bauhauses"

             gleichberechtigt und integrativ mit Architekten, Designern, Textil-, Grafik-

             und Druckgestaltern, mit Fotografen, Farb- und Formtheoretikern, aber

             auch mit Bühnenbildnern, Schauspielern, Dramaturgen, Literaten, Poeten

             und Kulturkritikern zusammenarbeiten zu lassen, fasziniert ihn.

             Er wird schon bald Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und

             gründet - zusammen mit Louis Zierke, Walter Rath und Carl Theodor

             Asen - die "Bonner Künstler-Vereinigung", die - durchaus spartenoffen -

             die Belange aller regionalen Künstler vertreten will.          

1914     Der Bildhauer Karl Menser - Professor an der Universität Bonn - wird zum

             Vorsitzenden der "Bonner Künstlervereinigung" gewählt. Eugen Hasenfratz

             wird 1. Beisitzer und Schriftführer der Vereinigung, die bei ihrer amtlichen              Registrierung als Interessensverband das Jahresgründungsdatum 1914 als

             Zusatz erhält.

             Der Ausbruch des 1. Weltkrieges verhindert, dass die "Bonner Künstler-

             vereinigung von 1914" verbandsintern wie auch extern gegenüber der

             Öffentlichkeit ihre Arbeit konkret aufnehmen kann. Zuviele der Mitglieder

             sind dienstverpflichtet und diejenigen, die aus Alters- und/oder Gesund-

             heitsgünden nicht zum Militär eingezogen werden, wollen aus Solidarität

             mit den eingezogenen Kollegen aus deren Abwesenheit keinen gesonderten

             Vorteil ziehen. So "dümpelt" die Künstlervereinigung vor sich hin, bis nach

             Kriegsende ein neuer Anfang möglich wird. Als schweizer Staatsbürger un-

             terliegt Eugen Hasenfratz nicht der deutschen Wehrpflicht.

1918    Nach dem ersten Weltkrieg nimmt die "Bonner Künstlervereinigung von

            1914" ihre Arbeit auf. Nach einigen Rangeleien mit der "Gesellschaft für

            Kunst und Literatur", die bis dahin - vor allem in den Wintermonaten - den

            primären Zugriff auf die städtischen Ausstellungsflächen in der Villa Obernier

            hat, gelingt es der Bonner Künstlervereinigung (unter Menser und

            Hasenfratz), eigene Ausstellungen in eigener Regie in der Villa Obernier

            auszurichten.  Die Villa Obernier erhält in der Folge - finanziert durch

            die Stadt Bonn - ein neue Innenausstattung - auch für die 1904/05 an-

            gebaute Ausstellungshalle - wodurch der Gesamtbau seiner ursprünglichen

            Stiftungsidee gerecht wird und als Städtisches Kunstmuseum dienen kann.

            Eugen Hasenfratz erste Ausstellungsbeteiligung ist im Herbst 1918 in der

            Villa Obernier dokumentiert.

E. Hasenfratz: "Kakteen" 1931

1920     Organisation und Beteiligung an der Jahresaus-

             stellung 1920 der "Bonner Künstlervereinigung

             von 1914" im Städtischen Museum Villa Obernier.

             Eugen Hasenfratz stellt u.a. zusammen mit Carl

             Theodor Asen, Carl Menser, Walter Rath, Paul

             Türoff, Albert Wiegand und Louis Zierke aus. Diese

             Jahresausstellung ist die erste ihrer Art, die von

             den (organisierten) Künstlern selbst ausgerichtet

             wird. Bis 1933 organisiert die "Bonner Künstlerver-

             einigung von 1914" regelmäßige Jahresausstel-

             lungen, an denen auf gesonderte Einladung des Vor-

             standes auch einzeln selektierte, auswärtige Künst-

             ler teilnehmen dürfen, "sofern diese maßgeblichen

             Einfluß auf die Bonner Künstlerschaft ausüben". Eugen Hasenfratz ist in

             allen 12 Jahresausstellungen der "Bonner Künstlervereinigung von 1914",

             die bis zum Jahr 1933 regelmäßig durchgeführt werden, mit eigenen

             Arbeiten vertreten. 

1921     Eugen Hasenfratz beteiligt sich mit einigen "expressionistichen Werken" an

             der großen Bonner Ausstellung zur "Rheinromantik". Leider sind diese              Werke heute verschollen, aber es darf angenommen werden, dass sie den

             Stil der rheinischen Expressionisten aufnahmen und in gewissem Sinne auch

             weiterentwickelten.

1922     Zusammen mit Louis Zierke stellt Eugen Hasenfratz im Atelier Schafgans

             in der Rathausgasse in Bonn aus. Er freundet sich mit Theo Schafgans

             (1892 - 1976) an, der damals in dritter Generation die "Bonner Photo-

             graphendynastie Schafgans" repräsentiert und als Avangarde-Fotokünstler

             ein gesuchter Portraitspezialist im politischen und kulturellen Leben der

             Stadt Bonn ist (Die Dynastie Schafgans besteht aus Johannes, Theodor,

             Theo und Hans Schafgans).

Eugen Hasenfratz: Schlepper am Rhein

             Eugen Hasenfratz nimmt die "Ten-

             denz zur avangardistischen Kunst"

             von seinem Freund Theo Schafgans

             in den Folgejahren auf. Durch die

             galoppierende Inflation im Jahr

             1923 geht dem Bonner Bürgertum

             das Geld für die Annehmlichkeiten

             des Lebens aus und die bildenden

             Künstler bekommen dies als erste

             zu spüren. Der Absatz ihrer Bilder

             stockt. Über einen längeren Zeit-

             raum wird "schlichtweg nichts mehr

             verkauft" und in einer solchen Situation lockern sich die Grenzen des

             politisch wie künstlerisch opportun Darstellbaren. Vielfach wird die "alte

             Aesthetik" als "Aesthetik des schönen Scheins" entlarvt und auf einmal

             finden sich im direkten Kontrast zur "alten Aesthetik" hyperrealistische,

             das menschliche Elend in allen Lebenslagen aufzeigende Darstellungen

             in den Werken der "modernen" Künstler.

             Die Bonner Kunstkriterin Dora Menghius konstatierte 1924 den "zuneh-

             menden Ausschluss der Maler älterer Richtungen und Auffassungen aus

             der Moderne" und prophezeite, "die letzten Reste des Naturalismus werden

             sich in Kürze wohl auch noch abspalten". Auch der Bonner General-

             anzeiger urteilt in seiner Besprechung der Jahresausstellung 1933 noch

             ähnlich, konstatiert, dass "jüngere Kräfte am Werk sind, die sich uner-

             schrocken mit den malerischen Problemen auseinandersetzen und dem

             Traditionellen noch nicht verhaftet sind. Zusammenfassend weht ein

             frischer Wind durch diese Ausstellung!"

             Auch Eugen Hasenfratz sorgt mit seinen Bildern für diesen frischen Wind.

1933    Mit der Machtergreifung Hitlers und der schon im Herbst 1933 einsetzenden

            "Gleichschaltung" der Deutschen Kunst ändert sich schlagartig das politische

             Klima für die Bonner Künstler und deren selbstorganisierte Berufsvertre-

             tungen. Alle Gruppierungen - selbst die gemäßigten - müssen sich laut dem

             Führer-Dekret zur Einrichtung einer Reichskammer der Bildenden Künste in

             Berlin auflösen.

             Auch die "Bonner Künstlervereinigung von 1914" unterliegt dem Dekret und

             gibt alle ihre Aktivitäten bis 1936 nach und nach auf.

             Eugen Hasenfratz, der als vermeintlich unabhängiger Künstler mit

             schweizer Pass ein faktisches Berufsverbot in Deutschland erhält (weil er

             der Reichskammer der Bildenden Künste nicht beitreten kann/will), gibt

1936     sein Atelier in Villich auf und kehrt in die Schweiz zurück.

1939     Am 23.11.1939 verstibt Eugen Hasenfratz im Alter von 67 Jahren in Krienz

             in der Schweiz.

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