Clemens Prüssen (1888 - 1966)

               Die wohl umfangreichste Privatsammlung von Werken des Eifel-

               malers Clemens Prüssen finden Sie im Kapitel "Sammlungen" un-

               ter "S Sammlung Budweg" oder klicken Sie hier.

Clemens Prüssen *)

1888        Clemens Prüssen wird am 18.06.1888 als

                Sohn des Kölner Fabrikanten Felix Prüssen

                und seiner Ehefrau Maria Josefine Prüssen

                geb. Gattermann in Köln geboren. Der Vater

                besitzt eine Maschinenfabrik, die sich auf die

                Herstellung von Glasform-Werkzeugen für

                die industrielle Herstellung von großen Flüs-

                sigkeitstransportbehältern, die in der che-

                mischen Industrie gebraucht werden, spe-

                zialisiert hat. Clemens Prüssen wächst in

                eher großbürgerlichen Verhältnissen auf.

 

1895        Zu Ostern 1895 wird Clemens eingeschult.

                Nach vier Jahren wechselt er 1899 von der

                Volksschule auf das renommierte Schiller-

                gymnasium in Köln-Sülz. Clemens soll ein

               "nur mittelprächtiger Schüler" in den geistes-

                wissenschaftlichen Fächern gewesen sein,

                dafür aber ein echtes Talent in den musischen Fächern (Kunst, Zeich-

                nen, Malen, Musik und Schauspiel) besessen haben. Mehrfach spielt er

                die Hauptrolle in Aufführungen des Schultheaters des Schillergymna-

                siums. Und das offensichtlich so gut, dass ihm bereits eine glänzende

                Karriere im Kölner Schauspielhaus vorausgesagt wird.

 1907        Nach Erreichen der Mittleren Reife verläßt Clemens Prüssen das Schiller-

                gymnasium und absolviert auf Drängen seines Vaters ein zweijähriges

                Gestaltungspraktikum bei der damals neugegründeten Glasmalerei

                Peters in Bielefeld. Das kunsthandwerkliche Unternehmen hat sich auf die

                Ausführung von Kirchenfenstern und künstlerisch gestalteten Glasportalen

                sowie auf die Vergoldungstechnik - u.a. im Glaseinschluss- und Glasüber-

                fangverfahren spezialisiert. Möglicherweise hat Clemens Prüssen statt des

                Praktikums eine auf zwei Jahre verkürzte Glasmalerlehre gemacht und

                diese mit einem Gesellenbrief als Glasmaler abgeschlossen (unbestätigt).

1909        Clemens Prüssen bewirbt sich mit einer eigens ausgearbeiten Vorlagen-

                mappe an der Kunstakademie Düsseldorf und wird von Prof. Eduard von

                Gebhardt (1838-1925) in das Grundstudium aufgenommen. Franz Karl

                Eduard von Gebhardt ist ein anerkannter Kirchenmaler und somit auch

                für die Glasmalerei aufgeschlossen. In seinen eigenen Werken nimmt

                Eduard von Gebhardt überwiegend religiöse Themen auf, die er natür-

                lich-realistisch ausmalt und dabei Bezüge zur humanistisch - reforma-

                torischen Malerei der Dürerzeit herstellt. Er befürwortet nachhaltig eine

                Aufnahme von Clemens Prüssen in die Kunstakademie.

                Wie alle Studenten hat auch Clemens Prüssen zunächst ein viersemes-

                triges Grundstudium zu absolvieren. Das Grundstudium ist im wesent-

                lichen durch zeichnerische Übungen - in der Regel ein dezidiertes Ab-

                zeichnen und Wiedergeben von antiken Statuenabgüssen - geprägt.

                Neben der manuellen Zeichentechnik werden Faltenwürfe (plastische

                Licht- / Schatteneffekte), Kompositionsaufbau (von Zeichnungen) sowie

                Studien zur Anatomie von Mensch und Tier eingeübt.

                Sicherlich ein "eher drüsch" empfundenes Studienpensum für den jungen

                Kölner Maler. Wann immer möglich, zieht es den gerade 21-Jährigen zur

                Freiluftmalerei hinaus an die frische Luft. Einer seiner Studienkollegen in

                Düsseldorf ist der 33-jährige Ernst Inden, der - ähnlich wie er - eben-

                falls aus einer begüterten Fabrikantenfamilie stammt und im Düsseldorfer

                Atelier des Malers Fritz von Wille seine Liebe zur Landschaftsmalerei

                entdeckt hat. Er begeistert sich für die Landschaftsdarstellungen Fritz von

                Willes. Der deutsche Kaiser kauft 1908 höchstpersönlich ein Gemälde von

                Fritz von Wille (" Die blaue Blume") und macht damit den Maler "hoffähig".

                Die Düsseldorfer Kunstakademie sieht sich veranlasst, dem Maler

                einen Professorentitel zu verleihen, ohne dass dies mit einer direkten

                Lehrverpflichtung in Düsseldorf verbunden ist.  Das ist dem "Professor

                (h.c) Fritz von Wille" nur Recht. Er arbeitet am liebsten draußen vor Ort

                und konzentriert sich darauf, das "Atmosphärische" in der Landschaft in

                seinen Gemälden einzufangen. Damit begründet Fritz von Wille zum

                einen seinen Ruf als der führende "Eifelmaler", zum anderen beeinflußt

                er mit seiner "atmosphärischen" Malauffassung eine ganze Generation

                von Malern, die heute als "Düsseldorfer Landschaftsmalerschule" bekannt

                ist.    

                Clemens Prüssen freundet sich mit Ernst Inden und wohl auch dessen 

                jüngerem Bruder Rudolf Inden an. Ernst Inden, der zum damaligen Zeit-

                punkt eine eigene Wohnung in Düsseldorf besitzt, läßt den "Kölner" -

                wenn es bei den gemeinsamen abendlichen Streifzügen zu spät wird,

                des häufigeren bei sich in der Wohnung übernachten. Nach und nach

                führt er den jungen Maler-Neuling Clemens Prüssen in die Düsseldorfer

                Boheme ein. Der freie Umgang mit Literaten, Musikern und anderen

                bildenden Künstlern gefällt Clemens Prüssen. Wie viele seiner Mitstuden-

                ten möchte auch er unabhängig von den Normen und Gepflogenheiten

                seines Elternhauses "in kreativer Freiheit ein leidenschaftlich-eigenstän-

                diges Leben als freier Künstler" führen. Und solange der begüterte

                Vater seinem Sprößling die monatliche "Apanage" zukommen läßt, kann

                sich Clemens Prüssen ganz auf "seine" Kunst konzentrieren. Die unter-

                scheidet sich sehr von dem "beengendem Zuchtzwang", den er in der

                Kunstakademie erlebt. Es ist wohl auf Ernst Inden zurückzuführen, dass

                Clemens Prüssen 1910 eine Einladung von Fritz von Wille zu einem

                Besuch in dessen Pensions-Domizil in Gerolstein erhält und zusammen

                mit Ernst Inden und einigen weiteren Düsseldorfer "Eleven" vor Ort in

                freier "Wildbahn" die Schönheit der Eifellandschaft - insbesondere des

               "Ginstergoldes" - auf Leinwand bannt. Fritz von Wille hat - wohl um seinen

                Ruf als Professor zu rechtfertigen, zum damaligen Zeitpunkt häufiger

                solche Exkursionen mit Düsseldorfer Studenten durchgeführt, auf denen

                er ihnen "seinen" Malstil bezüglich der Darstellung von Himmel und

                Wolken, vom Licht- und Schattenspiel, vor allem aber des im nebligen

                Dunst aufgelösten Landschaftshorizontes erläutert und in praktischen

                Malübungen vor Ort beibringt.

Clemens Prüssen: Waldbach in der Eifel (frühe Arbeit)

1911        Clemens Prüssen wechselt nach dem Grundstudium von der Kunstaka-

                demie Düsseldorf zur Kunstakademie nach München. Hier will er seine

                Ausbildung in der Klasse von Professor Franz von Stuck (1863-1823)

                weiterführen. Franz von Stuck gilt als Reformator der Münchener Kunst-

                szene und gründete in Abgenzung zu den bis dahin tonangebenden

               "Münchner Malerfürsten"  Franz von Lenbach und August von Kaulbach

                die Münchner Sezession. Wie Clemens Prüssen allerdings bald feststellen

                muss, ist Franz von Stuck nicht - wie ursprünglich erhofft, ein expressiver

                Landschaftsmaler, sondern eher ein Vertreter des Jugendstils, der einen

                ganz eigenen Stil der allegorischen Malerei - den Symbolismus - ent-

                wickelt. Clemens Prüssen hält es nicht lange in München aus.

Clemens Prüssen: Eva mit Schlange          Clemens Prüssen: Der Einsiedler

1912        An der Kunstakademie Karlsruhe findet Clemens Prüssen in Professor

                Ludwig Dill (1848-1940) und Walter Giorgi (1871-1924) die Landschafts-

                maler, die seine malerische Entwicklung systematisch fördern. Ludwig

                Dill ernennt ihn zu seinem Meisterschüler. In Karlsruhe trifft Clemens

                Prüssen auf den späteren Eifelmaler Alfred Holler (1888- 1954), der

                ebenso alt ist, wie er und aus Krefeld stammt. Malerisch vertritt Alfred

                Holler eine gleichartige Position wie Clemens Prüssen. Beide schließen

                1913/1914 ihre Ausbildung an der Kunstakademie Karlsruhe bei Professor

                Ludwig Dill mit dem "Akademiebrief" ab.

Clemens Prüssen: Abendlicher Viehheimtrieb (Studienarbeit)

1914        Ob Clemens Prüssen in der Fogezeit eingezogen wird und seinen Dienst

                an der Waffe abzuleisten hat, ist nicht überliefert. Möglicherweise hat sein

                Vater Felix Prüssen einen "Unabkömmlichkeitsantrag" für seinen Sohn

                bei der örtlichen Wehrverwaltung eingereicht. Dafür spricht, dass der

                Vater seine Werkzeugmaschinenfabrik in Köln laut eines eingereichten

                Patentnutzungsantrages auf die "Herstellung von Teilen für revolvierende

                Gewehrladesysteme" umstellt und in diesem Zusammenhang seinem

                Sohn als Nachfolger in der Fabrikleitung institutionalisieren will (unbe-

                stätigt). Clemens Prüssen zieht jedenfalls - das ist verbürgt - als frisch-

                gebackener akademischer Maler zurück nach Köln. Hier heiratet er am

                23. Mai 1914 die aus Köln stammende, ein Jahr jüngere Aloysia Renner.

                Diese erste Ehe dauert nur knapp 6 Jahre und wird 1920 geschieden.

                Am 11. November 1918 ist der Krieg durch die Kapitulation des Deut-

                schen Kaiserreiches beendet. Die Monarchie dankt ab. Das Kaiserreich

                ist beendet. Die zurückkehrenden Soldaten finden eine komplett verän-

                derte Welt vor. Die linksrheinische Rheinprovinz wird von den Sieger-

                mächten besetzt. In Köln ziehen Belgier und Briten ein. Es folgt eine Zeit

                der Instabilität und des Mangels. Die eingegangenen Reparationsver-

                pflichtungen lasten besonders schwer auf dem Rheinland als hoch indus-

                trialisierte Region des Reiches und als man die Zahlungen nicht mehr

                leisten kann, erfolgt als "Pfandsicherung" die Ruhrbesetzung durch die

                Franzosen und Belgier. Die Geldentwertung steigt. Bis 1923 weitet

                sich die Geldentwertung zu einer Hyperinflation aus. Nahezu alle Erspar-
                nisse und Rücklagen der Bevölkerung werden wertlos. Spekulation und

                Schwarzmarkt-Geschäfte blühen. Erst die Einführung der Rentenmark

                und später - im November 1923 - der Reichsmark stabilisieren das Wirt-

                schaftsgeschehen in Deutschland. Allerdings durchleben alle kriegsbe-

                teiligten Länder - auch die Siegermächte - um 1923 herum eine welt-

                weite Wirtschaftskrise. 

1923        Auch die Maschinenfabrik von Clemens Prüssens Vater Felix Prüssen

                kommt in's Straucheln. Die Banken legen ihre Hand zunächst auf die

                Grundstücke, dann auf die Rohstoffe und die Maschinen. Sie fordern

                ihre Sicherheiten ein. Felix Prüssen kann sein wiederaufgenommenes

                Vorkriegs-Produktionsprogramm (Werkzeugbau für die Glasindustrie)

                nicht mehr gewinnbringend absetzen und so verkauft der Vater nach

                und nach die Betriebsteile und trennt sich von seinen Mitarbeitern. Eine

                Zeit lang übernimmt er noch spezifische Lohnauftragsarbeiten im

                Metallsektor und vermag es, die Restfirma "halbwegs über Wasser zu

                halten". Dann erkrankt er ersthaft und wird bettlägrig.

1928        Zwar bemüht sich der resignierende Vater, seinen Sohn Clemens zur

                Nachfolge im Betrieb zu überreden, doch Clemens winkt ab. Er ist

                Künstler, kein Fabrikant und will es auch nicht werden! Bis zur end-

                gültigen Insolvenz der Restfirma im Jahre 1928 zahlt der Vater seinem

                Künstlersohn noch ein kleines monatliches Salär weiter. Mit seinem

                Tod wird aber auch die Firma "mangels Masse endgültig beerdigt".

                Clemens Prüssen ist 40 Jahre alt und muss als akademischer Künstler

                nun alleinig für seinen Lebensunterhalt aufkommen.

Clemens Prüssen: Eifellandschaft mit Ginster; Sammlungsnr: E 2010.001
Clemens Prüssen: Eifellandschaft mit Heidekraut; Sammlungsnr: E 2013.032

                Ernst Inden läd seinen Freund Clemens Prüssen in dieser Zeit häufiger

                zu gemeinsamen Malausflügen in die Eifel ein. Ernst Indens Eltern, die

                beide aus Olef - heute Stadt Schleiden - stammen, waren vermögend

                und besaßen in Kali-Neuwerk - heute Kall Urft - die Fitting-Werke.

                Sie verloren während der Wirtschaftskrise 1928 durch Börsen-Spekula-

                tionen ihr gesamtes Vermögen und behielten nur ein Ferienhaus in

                Gemünd. Dieses Ferienhaus ist fortan der Ausgangspunkt für zahlreiche

                Streifzüge, die die beiden Landschaftsmaler unternehmen, um reizvolle

               "Ecken" für ihre Gemälde zu suchen. Den Kontakt zu Fritz von Wille

                halten sie jahrein, jahraus aufrecht und so sind die drei Maler in der

                Folgezeit des häufigeren beim gemeinsamen Skizzieren und Malen in

                der Eifel anzutreffen.

Klassische Eifelmotive

Clemens Prüssen: Blick auf das Windsborner Maar (Eigentum v. Peter Peusquens)

1929        Clemens Prüssen heiratet erneut. Sein Sohn Udo kommt zur Welt. Die

                Familie zieht in eine Wohnung nach Köln-Klettenberg in die Breiten-

                bergstraße 8 (heute wohl: Grafenwerthstraße / Am Asbergplatz). Hier

                richtet sich Clemens Prüssen auch sein Atelier ein. Um den Lebensunter-

                halt seiner Familie zu bestreiten, nimmt Clemens Prüssen nun zunehmend

                malerische Auftragsarbeiten gegen Entgelt an. Neben Kinder- und Fami-

                lienportraits entstehen regelmäßig Gemälde und Illustrationen mit mytho-

                logischen Szenen, die Prüssen für einen Kölner Verlag erstellt. "Em

                Veedel" hilft man sich und so vermitteln ihm seine Stammtischbrüder aus

                der Knobelecke im "Berrenrather Hof", - alles durchaus angesehene

                Kölner Bürger, darunter Apotheker, Rechtsanwälte, Polizeibeamte und ein

                Bestatter - weitere Aufträge. So manche Wirtsstube in Klettenberg und

                Sülz, aber auch Eingangsbereiche, Treppenhäuser und Wartezimmer 

                werden mit Clemens Prüssens Bildern ausgestattet. Meist bekommt

                er die jeweiligen (Wunsch-)Motive von seinen Auftraggebern benannt.

                Es entstehen Städteansichten (meist von Köln), Rheinansichten (meist

                vom Nieder- und Mittelrhein) und Hafenansichten (meist von der nieder-

                ländischen Nordseeküste). Wenn auch nicht üppig, so verdient Prüssen

                mit seiner Auftragsmalerei doch genügend, um die Familie durchzu-

                bringen.

Auftragsarbeiten

Clemens Prüssen: Kölner Altstadt (im Hintergrund der Dom )

Clemens Prüssen: Auftragsarbeiten (um 1928) hier Hafenbilder + Portraits

1930        Die 30-er Jahre sind wohl Clemens Prüssens kreativste Zeit. Seine Liebe

                und Leidenschaft gehört ungeschmälert weiterhin der Landschaftsmalerei.

                Wann immer sich die Gelegenheit ergibt, zieht's ihn hinaus in die Eifel, um

                alleine oder in Begleitung einiger Malerfreunden die Natur zu studieren.

                Er hat es sich angewöhnt, interessante Motive vor Ort in Farbe und auf

                kleineren Leinwandformaten zu skizzieren und vorab anzulegen und

                erst später in seinem Atelier in größeren Formaten (meist 60 x 80)

                auszumalen. Relativ schnell bringt er in Erfahrung, welche Landschafts-

                ansichten besonders gut ankommen. Und da er als disziplinierter Kunst-

                maler - wie jeder gute Handwerker - feste Arbeitszeiten in seinem Beruf

                einhält, legt er von den gut verkaufbaren Motiven häufig mehrere gleich-

                artige Versionen an, die er mit "Akkuratesse" und ohne jeglichen Quali-

                tätsverlust ausmalt (Diese Gepflogenheit hat er übrigens von seinem

                Lehrmeister Fritz von Wille übernommen, der ebenfalls "gutgehende

                Motive" gleich mehrfach anlegte).

Ähnliche Bildkonzeption - Clemens Prüssen:  Am Waldsee  (I bis IV)

                Clemens Prüssens naturalistischer Malstil kommt an. Malerisch-avan-

                gardistische Experimente und "Ausflüge in andere Stilrichtungen" kom-

                men für den inzwischen "gestandenen Maler" nicht in Frage.

                Er bleibt konsequent bei seiner Richtung und so hat er auch keinerlei

                Probleme, als mit Hitlers Machtergreifung 1933 nach und nach die

               "Gleichschaltung der deutschen Kunst" einsetzt.

1933        Mit dem Reichskulturkammergesetz vom 22.09.1933 wird die Reichs-

                kulturkammer und mit ihr (als Unterabteilung) die Reichskammer der

                Bildenden Künste in Berlin institutionalisiert. Laut Dekret des Reichs-

                propagandaministers Dr. Göbbels sind alle bisherigen Künstlerorgani-

                sationen, Künstlerverbände und Vereinigungen, auch privat organisierte

                Künstlergruppen aufzulösen. Statt dessen wird die namentliche Einzel-

                mitgliedschaft in der Reichskammer der Bildenden Künste für alle

                professionellen Kunstmaler und Zeichner verbindlich. Bei Antragstellung

                ist ein "Ariernachweis" sowie eine "Unbedenklichkeitsbescheinigung" der

                NS-Gauverwaltung einzureichen, mit der "politisch unliebsame", vor allem

                aber vermeindlich "undeutsch-entartete" Künstler ausgeschlossen werden.

                Den nicht aufgenommenen Künstlern droht faktisch ein Berufsverbot, da

                sie von jeglicher Förderung und öffentlichen Ausstellungsmöglichkeiten

                ausgeschlossen sind

                (siehe hierzu auch das Kapitel: Künstler in der NS-Zeit).

1936        Clemens Prüssen nimmt mit drei Gemälden an der großen programma-

                tischen Ausstellung: "Der neue Weg der Kunst zum Volk" teil, die mit

                großem Aufwand durch das "NS-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler"

                in Mayen veranstaltet wird. Die Aufforderung zur Teilnahme erhält

                Clemens Prüssen im Rahmen einer Ausschreibung durch die zuständige

                Gauverwaltung Köln-Aachen.

                Die Ausstellung ist das "krönende" Resultat einer Künstlerförderung, die

                neben Atelierplätzen und Freiquartieren, den laufenden Künstlerunterhalt

                in der Eifel mit einem Entgelt für einen drei- bis vierwöchigen Aufenthalt

                in Pensionen sowie in Privatunterkünften unterstützt. Clemens Prüssen

                entscheidet sich für einen Aufenthalt in Polch im Landkreis Mayen-

                Koblenz. Er bleibt sechs Wochen. Man tut innerhalb des NS-Gemein-

                schaftswerkes viel für die beteiligten Künstler. So wird beispielsweise 

                der Abverkauf der in dieser Zeit entstandenen Bildnisse durch die Be-

                reitstellung eines staatlichen Ankaufsetats gefördert . Auch die gesamte

                Verkaufsorganisation inklusive der Preisverhandlungen mit interessierten

                Käufern wird durch das NS-Gemeinschaftswerk übernommen.

                Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich Mitglieder der Reichskammer

                der Bildenden Künste. 

                Clemens Prüssen stellt die Pastellgemälde: "Blick auf Polch"; "Häuser-

                gruppe in Polch" und "Station (auf dem) Friedhof von Polch" aus.

                Seine Heimatstadt Köln kauft in der Folgezeit einige Ölgemälde von ihm

                auf.

Clemens Prüssen: Nach dem Kirchgang in der Mar- tinskapelle am Weinfelder Maar (Guache)

1944/45  Wo und wie Clemens Prüssen und seine

                Familie das Ende des 2. Weltkrieges erleben,

                ist nicht überliefert. Das Zentrum von Köln ist

                durch die verheerenden Angriffe der britischen

                Bomberverbände weitgehend zerstört. Auch

                die Kölner Stadtteile Sülz und Klettenberg sind

                arg in Mitleidenschaft gezogen.

                Möglicherweise ist Clemens Prüssen in dieser

                Zeit mit seiner Frau in die Eifel gezogen, da

                auch die Ernährungslage auf dem Land deut-

                lich besser als in den Städten war. So man-

                ches Eifelbild tauschte jedenfalls in der unmit-

                telbaren Nachkriegszeit gegen Naturalien

                seinen Besitzer und Clemens Prüssen saß

                (in übertragenen Sinne) an der Quelle. Er

                konnte - sofern er Pinsel und Farbe auftrieb,

                im wahrsten Sinne des Wortes, werthaltige

               "Kunststücke" als Tauschobjekte selbst erzeu-

                gen.

Clemens Prüssen: Humoristische Postkarte: "Gespräch vor der Haustür"

1948/50  Ganz allmählich organisierte sich die Kunst-

                szene in Köln wieder. In den Vororten

                machen erste Galerien, verbunden mit pro-

                visorischen Staßencafes auf. Die Bevöl-

                kerung hungert geradezu danach, wieder

                Normalität eintreten zu lassen. Noch sind

                Urlaube und besatzungszonen-übergreifen-

                de Reisen reiner Luxus, aber an den Woh-

                nungswänden kann man sich durch ent-

                sprechende Bilder und Gemälde schon mal

                ein kleines Stück vom erträumten Paradies

                sichern. Idyllisch-schöne Landschaften,

                stille (unzerstörte) Natur und die berühm-

                ten "röhrenden Hirsche" stehen für eine

                Weile hoch im Kurs. Dazu noch das Por-

                trait einer feurigen Zigeunerin oder das

                Bildnis eines offenherziges italienisches

                Prachtweibes - und der Traum ist perfekt.

                Das ist zwar keine anspruchsvoll-avangardistische Kunst, wie sie in den

                deutschen Museen zwecks Anbindung der deutschen Kunst an die inter-

                nationale Kunstentwicklung gezeigt wird, sondern eher "Hausmannskost"

                Die Hausmannskost der Kölner "Veedels-Bewohner".

Jahreszeiten in der Eifel

                Wie auch immer; Clemens Prüssen bleibt bei seinen mit Können und

                Akkuratesse gemalten Eifellandschaften, und die verkauften sich über

                den gerade wiedererwachten Kunsthandel nicht schlecht.

Abb. I bis IV: Einfügen von Personen in die Gemälde:

                Schäfer mit seiner Schafsherde (I bis III);

                Bäuerin auf dem Heimweg ins Tal (IV)

1956        Mitte der 50-er Jahre - Clemens Prüssen geht auf die 70 zu - fokussiert

                sich der Lebenskreis des Künstlers immer mehr auf Köln und die Gegend

                um die Berrenrather Straße. Immer seltener bricht er zu Kunstexkur-

                sionen in die Eifel auf. Eine Herzkrankheit macht ihm schwer zu schaffen.

                Wie gewohnt, sitzt er weiterhin jeden Tag vor der Staffelei in seinem

                Atelier und malt Landschaftsbilder. Im Gegensatz zu früheren Zeiten

                arrangiert er aber nun die Landschaftsteile aus verschiedenen Bildern

                zu einem neuen Ganzen. Bestimmte Baumgruppen, Bergkuppen und

                Waldränder treten immer wieder auf und auch die Landschaftsperspek-

                tiven - meist von oben herab auf einen ins Tal führenden Weg gerichtet,

                ähneln sich. Unterschiedliche Akzente setzen überwiegend die Licht-,

                Schatten- und Wolkenbildung in seinen Bildern. Später fügt er auch

                einzelne Personen in seine Gemälde ein. Nie dominant, sondern nur als

                Staffage dienend, um die Weite und Tiefe der Landschaft herauszu-

                stellen.    

1966        78 Jahre lang ist der Kölner Eifelmaler Clemens Prüssen als ausgebil-

                deter akademischer Kunstmaler aktiv. In der Nacht zum 24. 10. 1966

                erliegt er in Köln seinem Herzleiden.

               Die wohl umfangreichste Privatsammlung von Werken des Eifel-

               malers Clemens Prüssen finden Sie im Kapitel "Sammlungen" un-

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*) Das Portraitfoto von Clemens Prüssen ist dem Buch des Eifelvereins: "Land-

    schaftsmaler der Eifel im 20. Jahrhundert" ISBN 3-921805-12-0, Herausgeber:

    Conrad Peter Joist, entnommen.

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