Künstlerprofil Toni Wolter 1875-1929

Toni Wolter

1875     Anton (genannt Toni) Wolter erblickte am

             20.09.1875 in Friesdorf zwischen Bonn und

             Bad Godesberg das Licht der Welt. Die

             Familie Wolter war eine alteingesessene

             und sehr angesehene Bonner Familie, die

             - weit verzweigt - durchaus einflußreiche

             Persönlichkeiten aufwies. (Darunter die

             Erzäbte im bayrischen Kloster Beuron,

             einige Großindustrielle in den USA, Lehrer,

             Pfarrer und Schulleiter/innen im Rheinland)  

             Tonis Vater, Lorenz Wolter, (1843-1905) war

             der Sohn des Brauereibesitzers Anton Wolter

            (1807-1883), der zusammen mit Tonis Onkel

             Nicolaus Wolter 1855 von Bonn nach Fries-

             dorf gezogen war, um dort Bier zu brauen.

             Tonis Mutter Christine Wolter (1848-1905),

             geborene Pützfeld, entstammte einer eher

             einfachen Landarbeiterfamilie in Friesdorf. Toni Wolter wuchs die ersten

             beiden Lebensjahre wohlbehütet in seinem Geburtshaus in der Annaberger

             Straße unweit dem Haus seiner Großeltern (mütterlicherseits) in Friesdorf

             auf.

 1877    Umzug der Familie Wolter von Friesdorf nach Bad Godesberg. Tonis

             Mutter Christine Wolter - kurz "Stine" genannt - , war eine resolute,

             durchaus lebenskluge Frau. Sie übernahm in Godesberg die Gaststätte

            "Zum Gambrinus" und machte das Lokal alsbald zu einem stadtbekannten

             Treffpunkt für die Boheme, für Studenten ebenso wie für das (Bildungs-)

             Bürgertum. Natürlich schenkte sie "Wolterbier" aus, das ihr Mann Lorenz

             in der elterlichen Brauerei in Friesdorf braute und in den dortigen, braue-

             reieigenen Felsenkellern kühlte. Die Wolters machten ein anerkannt

             gutes Bier. Im Vorgebirge - überhalb von Alfter - bauten sie ihren eige-

             nen Hopfen an und verarbeiteten Hopfen und Malz in einer eigenen,

             eigens gebauten Malzmühle. Die Gaststätte "Zum Gambrinus" florierte

             unter "Stines" Leitung. Schon bald konnte man sich ein größeres Wohn-

             haus in der Winterstraße leisten. Der kleine Toni begleitete seinen Vater              zur Arbeit. Während der Vater arbeitete, spielte Toni meist bei den Groß-

             eltern oder im naheliegenden Wald am Venusberghang. Im Kindergarten

             fiel schon früh sein zeichnerisches Talent auf.

             Toni konnte bereits als Steppke erstaunlich genau Menschen, Tiere und

             Bäume nach der Natur zeichnen. Bei Einladungen zu Familienfesten wurde

             er geradezu als "Wunderkind" vorgeführt und vielleicht lag genau in dieser

             frühkindlichen Erfahrung der Grund, warum Toni später nur ein berufliches

             Ziel kannte: Er wollte unbedingt ein bildender Künstler werden.

1882     Toni wird in die Burgschule in Godesberg eingeschult. Er ist kein be-

             sonders guter Schüler, hängt in Schreiben, Lesen und Rechnen den

             anderen Kindern hinterher. Viel lieber durchstreift er die Gegend, er-

             klettert jeden Felshügel und erkundet die Höhlen und Verstecke rund

             um die Godesburg. Sein Vater veranlasst schließlich, dass er in`s

            "Hubertinum" - eine Godesberger Privatschule - aufgenommen wird. Hier

             soll er die notwendige Studienreife erhalten, um nach dem Willen seines

             Vaters später einen anständigen Beruf - Pastor, Arzt, Lehrer oder Richter -

             ergreifen zu können. Doch es kommt anders.

1885     Während der Schulferien, die der 10-jährige Toni bei einer seiner Tanten

             in Moselweiß (heute Vallendar) verbringt, leitet ihn seine Cousine Lina

             Frings an, das Aquarellieren zu erproben und bringt ihm die Grundzüge

             dieser Maltechnik bei. Toni ist so fasziniert, dass er schon bald aus ei-

             genem Antrieb "raus geht, um zunächst an einfachen, dann aber an

             immer schwereren Motiven zu üben". Auch zuhause setzt er seine Übun-

             gen fort. Darüber vergehen Jahre. Der Unterricht im Hubertinum ist öde,

             Tonis schulische Leistungen werden auch durch Nachhilfe nicht wesentlich

             besser. Einzig der Sport-, Musik- und Kunstunterricht interessieren ihn

             wirklich. Beim Aquarellieren merkt er, dass es ihm einfach an der not-

             wendigen handwerklichen Routine fehlt, um malerisch das auszudrücken,

             was er ausdrücken will. "Die Farben wollen nicht so, wie ich es will" ver-

             sucht er seinen Frust bei seiner Mutter los zu werden. Die bemerkt natür-

             lich den trotzigen Unwillen ihres Sohnes, merkt aber auch, dass da offen-

             sichtlich mehr als nur ein kleines Flämmchen in ihrem Sohn brennt.

             Letzendlich ist sie es, die in ihrer klugen und bestimmten Art bei ihrem

             Mann durchsetzt, dass ihr einziger Sohn, statt ein "Studierter" zu werden,

             einen gestalterischen Beruf einschlagen darf. Allerdings, so postuliert der

             Vater, wenn der Sohn schon nicht in seine Fußstapfen als Bierbrauer oder

             in die seiner Mutter als Gastwirtin treten will und deren Geschäft fortführt,

             so muß er doch einen "anständigen" Lehrberuf erlernen. 

1889    Toni Wolter verläßt das Hubertinum und beginnt eine Lehre als Maler und

            Anstreicher bei Meister Franz Le Roi in Bad Godesberg. Das hat zwar wenig

            mit wirklicher Kunst zu tun, aber Toni lernt "von der Pike auf" mit Pinsel

            und Farben, mit Verdünnen und Anmischen, mit Grundieren und streifen-

            freiem, sauberem Farbauftrag umzugehen. Die drei Lehrjahre hält er

            eisern durch, vielleicht auch deshalb, weil ihm ab und zu aufgetragen wird,

            die ein oder andere Wandmalerei in den Treppenhäusern oder in der guten

            Stube bei Kunden auszuführen. Nach drei Jahren ist es geschafft.

1892    Toni Wolter besteht seine Gesellenprüfung und wird "freigesprochen". Er

            will mehr, geht nach Köln, um an der Abteilung für Kunstgewerbe der

           "Gewerblichen Fachschule der Stadt Köln" ein Studium für Dekorations-

            und Kirchenmalerei zu beginnen (Aus der Abteilung für Kunstgewerbe

            entwickeln sich später die "Kölner Werkschulen"). Die Ernüchterung

            ist groß: Toni behagt der schulische Drill, dem anfangs alle Studenten

            unterliegen, überhaupt nicht. Er quittiert kurzerhand den Unterricht und

            geht als 17-jähriger Geselle auf Wanderschaft (Walz). In rascher Folge

            besucht er Berlin, Hannover, München und Konstanz. Von dort aus bricht

            er in die Schweiz und nach Italien auf. Es ist nicht bekannt, bei welchen 

            Betrieben Toni gegen freie Kost, Logis und einem geringen Entgelt auf

            der Walz gearbeitet hat. Er trifft in Italien auf einen freien Kunstmaler,

            - wohl wie er ein Deutscher - "der ihm die Augen für die Schönheit der

            Natur öffnet", mit ihm umherzieht, ihm die Toscana, Rom und Neapel

            zeigt und zu jedem Monument, auf das sie stossen, eine passende Ge-

            schichte zu erzählen weiß. Nach und nach erkennt Toni, dass Kunst,

            Kultur und Bildung untrennbar zusammen gehören. Er saugt alles in sich

            auf und ist glücklich, neben seinem Malerfreund sitzen, aquarellieren und

            gleichzeitig dessen Worten lauschen zu können. Nach knapp einem

            Jahr gemeinsamer Wanderschaft und Umherziehens trennen sich ihre

            Wege wieder.

1894    Voller nachhaltiger Eindrücke kehrt Toni nach Hause zurück, da ihm

            das Geld ausgeht. In Godesberg muß er nun selbst für seinen Lebens-

            unterhalt sogen. Die Eltern helfen ihm, vermitteln ihm Aufträge zur

            Schilderanfertigung für Geschäftshäuser und Werkstätten, für grafische 

            Arbeiten (Speisekarten, Weinkarten etc. ) sowie für die Renovierung und

            künstlerische Ausmalungen von Decken und Wänden in Häusern des

            Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreises.

Toni Wolter: Bleistiftzeichnung der Burg Monreal in der Eifel

            Toni gestaltet unter anderem

            die Gaststätte seiner Mutter, den

            großen und kleinen Bewirtungs-

            Saal des "Ännchens", die Treppen-

            häuser der "Pferde"-Spedition

            Düren sowie die Kontorwände der

            angeschlossenen Kohlenhandlung.

            In seinen freien Stunden malt er

            Landschaften, Stillleben und Gen-

            rebilder. Seine Zeichnungen und

            Aquarellstudien sammelt er, um

            sie gegebenenfalls später als Vor-

            lagen für Auftragsarbeiten einset-

            zen und nutzen zu können.

1897    Die Eltern, Lorenz und Elisabeth (Stine) Wolter verkaufen ihren Anteil an

            der inzwischen ziemlich maroden Friesdorfer Brauerei sowie die gutge-

            hende Gaststätte: "Zum Gambrinus" in Godesberg. Sie lösen ihren Haus-

            halt komplett auf und ziehen zu Lorenz Schwester Anna Wolter nach

            Vallendar (bei Koblenz). Anna Wolter betreibt dort ein Weiterbildungs-

            institut für junge Frauen, und gibt unter anderem "Kochunterricht" und

           "Hauswirtschaftslehre". Lorenz und seine Frau Elisabeth Wolter unter-

            stützen sie mit ihrem profunden fachpraktischen Wissen.

            Mit der Auflösung des Haushaltes in Bad Godesberg ist der Weg für Toni

            Wolter frei: Er bewirbt sich an der Königlichen Kunstakademie zu

            Düsseldorf und wird nach Vorlage seiner Künstlermappe zum Studium

            in der Elementarklasse (Grundstudium) angenommen. Toni zieht nach

            Düsseldorf um. Professor Ernst Röder (1819 -1915) und sein Assistent

            Willy Spatz (1861-1931) betreuen die Elementarklasse. Und wieder hat

            Toni zunächst nur öde zu "büffeln": Mit Bleistift, später auch mit Feder

            und Tinte, sind tagein, tagaus klassische Gipsbüsten zu zeichnen. Als er

            sich nach einem halben Jahr "grumelnd" bei Prof. Röder beschwert, deu-

            tet ihm dieser an, dass die ganze "Plackerei" mit voller Absicht geschehe.

            Man wolle und müsse in der Elementarklasse die weniger geeigneten

            Studenten aussieben. "Entweder man ist von Natur aus Künstler, dann

            setzt man sich auch durch, - oder man ist kein Künstler, dann gibt man

            eben auf und wird "ausgesiebt". Toni ist das eine Lehre!

            Nach einem weiteren halben Jahr stellt er im November 1898 den Antrag

            auf eine Zwischenprüfung. Er besteht die Prüfung, ist damit "Eleve der

            Königlichen Kunstakademie" und wird in die "Naturklasse" versetzt. Die

            Aufgaben werden schwieriger, verlangen nun auch theoretisches Wissen

            über den Charakter von Farben, von Licht, Perspektive, Proportionen, von

            Flora und Fauna und von der menschlichen Anatomie.

Toni Wolter: Sonnenaufgang hinterm Siebengebirge

1900   Zusammen mit einigen seiner Kommolitonen reist Toni Wolter nach Paris.

           Dort findet gerade die Weltausstellung statt, in der das gesamte moderne

           Wissen, neue Erkenntnisse der Naturwissenschaft, neue Erfindungen in der

           Technik, neue Kunstströmungen etc. aufgearbeitet und dargestellt werden.

           Der ideale Ort zum angewandten Lernen! Toni saugt alles in sich auf. Zu-

           sammen mit seinen Kollegen studiert er die Meisterwerke im Louvre,

           zeichnet, malt und aquarelliert die Vorlagen und vergisst auch nicht,

           Alltagsszenen aus seinem täglichen Leben in Paris zu Papier bzw. auf die

           Leinwand zu bringen. Monate vergehen, Toni lernt Land und Leute kennen.

           Er ist wissbegierig, ist aufgeschlossen und reift heran. Zurückgekehrt nach

           Düsseldorf wird er in die Klasse von Professor Eugen (Eugene) Dücker

          (1841-1916) aufgenommen und darf endlich "Landschaftsmalerei" studieren.

           Alles ist auf einmal anders. Bei Eugen Dücker gibt es keinerlei Zwang. Toni

           Wolter hatte erwartet, dass der Meister ihm beibringt, wie man am besten

           schöne Landschaften malt. Aber der Meister macht keinerlei Anstalten dazu.

           Im Gegenteil. Er läßt seine Studenten in Ruhe. So müssen sie sich selbst

           behelfen. Sie gehen raus in die Düsseldorfer Umgebung und malen vor Ort

           das, was sie sehen. Und genau das hat Dücker bezweckt. Seine Schüler

           sollen aus sich heraus nach ihren eigenen Sicht- und Malweisen malen. Nur

           so kann nach seiner Überzeugung etwas Neues entstehen. Einzig die "Nach-

           besprechungen" der entstandenen Arbeiten nimmt Dücker ernst. Und da

           hagelt es häufig Kritik. Gerade die vermeintlich besonders "gelungenen"

           Bilder nimmt er auseinander. "Du sollst nicht schön malen, Du sollst auch

           nicht poetisch malen und Du sollst vor allem nicht das malen, wovon Du

           glaubst, das andere es so sehen wollen. Sei Du selbst und entwickle

           Deinen eigenen Stil!"

Toni Wolter: Große Rheinlandschaft (um 1900)

           Toni Wolter braucht einige Zeit, um mit Dücker und seiner Malauffassung

           klarzukommen. Dann aber verstehen sich die Beiden und offensichtlich

           wird Toni in der Folgezeit sogar Dückers Lieblingsschüler. Er darf als

           einziger zusammen mit Dücker an desssen Auftragarbeiten malen (So ist

           beispielsweise belegt, dass der Meister mit seinem Schüler an einem

           externen Riesenlandschaftsbild arbeitete, das die Schifferbörse in Duis-

           burg-Ruhrort bei Dücker in Auftrag gab).

1902   Toni Wolter verläßt Düsseldorf für einige Monate, um als Privatschüler

           des damals recht bekannten norwegischen Malers Fritz Thaulov (1847-1906)

           die "nordische Naturauffassung" kennenzulernen. Thaulov beeinflußt

           die Malweise seines Schülers und stellt ihm bei passender Gelegenheit 

           Eugen Bracht vor. Bracht ist mit Fritz Thaulov befreundet. Er hat im selben

           Jahr eine Professur für Landschaftsmalerei an der Kunstakadmie Dresden

           erhalten und zeigt sich an Toni Wolter als möglichen Meisterschüler und

           Assistenten interessiert.        

1904   Toni Wolter wird studentisches Mitglied in der Düsseldorfer Künstlervereini-

           gung "Malkasten". Man trifft sich unter Kollegen im gleichlautenden Szene-

           lokal "Malkasten", man feiert zusammen, verabredet sich untereinander und

           schließt Freundschaften. Toni Wolters engere Freunde werden die Gebrüder

           Hans und Joseph Kohlschein, Robert Seuffert, Walter Heimig, Richard Bloos,

           Max Westfeld, Carl Plückebaum und Ernst Inden.

           Berühmt (und wegen ihrer Freizügigkeit auch durchaus berüchtigt) waren

           die Malkastenfeste, die als Kostümfeste jedesmal unter einem anderen

           thematischen Motto standen und durch ihre fantasievollen künstlerischen

           Dekorationen und ihre "stilbildende" Ausstattung glänzten. Toni Wolter

           wirkte an einigen der zwischen 1904 und 1907 organisierten Themenfeste

           mit. Maßgeblich hat er wohl die Ausstattung vom "Fest der schwarzen Tulpe"

           geplant und mit seinen Malerfreunden umgesetzt. Auch an dem Festspiel:

          "Im Reiche des Tanzes", das auf Idee und Konzept seines Freundes Robert

           Seuffert beruhte, hat er mitgewirkt.

           Bis 1908 blieb Toni Wolter studentisches Mitglied des "Malkastens" und auch

           danach blieb er bis 1913 dem Malkasten als ordentliches Mitglied verbun-

           den. Dies wohl auch deshalb, weil Toni Wolter im Malkasten seine spätere

           Frau Else Schlesinger kennenlernte.

1907   Toni Wolter scheidet als Meisterschüler von Eugen Duecker aus der Kunst-

           akademie Düsseldorf aus und geht zu weiteren Studien nach Dresden zu

           Eugen Bracht. Er wird dessen Assistent und begleitet Bracht bei seinen

           Studienreisen  ins Elbsandsteingebirge, nach Prag und Böhmen. Wahr-

           scheinlich nahm Toni Wolter über Eugen Bracht erstmals das Thema der

           Industriemalerei als reizvolles, wenn damals auch noch sehr ungewöhn-

           liches Motiv in der zeitgenössischen bildenden Kunst wahr. Toni Wolter

           macht bei Eugen Bracht an der Kunstakademie Dresden seinen Ausbil-

           dungsabschluß.

Toni Wolter: Elbsandsteingebirge (1907)
Portrait Toni Wolter (1907)

1907   Danach fährt er in seine Heimatstadt Bad Godes-

           berg zurück, um dort noch im selben Jahr Else

           Schlesinger zu heiraten. Else Schlesinger absol-

           vierte in der 1904 zwischen Rüngsdorf und

           Mehlem gegründeten "Rheinischen Obst- und

           Gartenbauschule für Frauen" eine Ausbildung als

           Landschaftsgärtnerin. Der Ehe entstammen drei

           Kinder. Else Wolter, geb. Schlesinger kommt aus

           einer begüterten deutsch-amerikanischen Indus-

           triellenfamilie. Ihr Vater Adolf Schlesinger kam

           1895 mit seiner Familie aus den USA nach

           Deutschland zurück und zog nach Elses Heirat

           mit Toni Wolter zunächst nach Düsseldorf. Die

           Familie Schlesinger führte ein repräsentatives,

           durchaus kunst- und kulturbeflissenes Haus und

           waren u.a. mit den Familien Osthaus in Hagen,

           Conen in Bonn, Dreyers in Bielefeld und Janssen

           in Düsseldorf gut bekannt.

           1902 kaufte sich Adolf Schlesinger in ein Stanz- und Dampfhammerwerk in

           Werdohl ein. Er fördert die künstlerischen Ambitionen seines Schwieger-

           sohns nach Kräften. Auf sein Anraten hin beteiligt Toni Wolter sich an einem

           privaten Atelier für Theatermalerei in Düsseldorf ("Die Bühne") und erhält

           dort ein festes Gehalt. Daneben vermittelt man ihm Privataufträge und

           entsprechende Ausstellungsgelegenheiten. Schon bald hängen Toni Wolters

           Landschaftsgemälde in Düsseldorfer und Bonner Kunstgalerien und finden

           von dort ihren Weg in die Salons und Wohnzimmer des gutbürgerlichen

           Mittelstandes. Schlesingers Werdohler Werk prosperiert in den Folge-

           jahren, wird größer und größer bis es im Rahmen der Montanunion 1928

           zusammen mit anderen Gesenkschmieden zur Hoesch- Schmiedag AG

           verschmolzen wird.

1909   Die Beteiligung an dem Atelier für Theatermalerei "Die Bühne" wird für Toni

           Wolter zu einem finanziellen Fiasko. Er verkauft seinen Anteil, erhält aber

           nur einen Bruchteil dessen, was er privat hineingesteckt hat, wieder heraus.

           Es reicht gerade, um sich in Düsseldorf in einer Fremdenpension einzu-

           mieten und ein ebenfalls angemietetes kleines, eher karges Atelier zu be-

           treiben. Zum Herbst des Jahres läßt sich das Paar - weitab von allen

           Freunden und Bekannten - in der Eifel in der Nähe des Ortes Schlangen eine

           Hütte zu bauen, um dorthin umzuziehen. Der Not gehorschend, laden die

           Wolters regelmäßig Malerfreunde und Bekannte in ihre Hütte ein, um

           durch Bettenvermietung zumindest eine geringe regelmäßige Einnahme zu

           erzielen.  

Toni Wolter " Am Rande des Kottenforstes bei Bonn" mit weitem Blick auf die Voreifel in Richtung Meckenheim /Flerzheim; Öl auf Holz, 47 x 65 cm, 1909, Sammlung: Michael Hümmer
Toni Wolter: "Rheinlandschaft", Öl/Lw; 34 x 48 cm, 1909, Sammlung Michael Hümmer

Toni Wolter sieht sich gezwungen, Bilder zu malen, die gut zu verkaufen sind, "schöne" Landschaften und markante, wiedererkennbare Stadtbilder nach dem Geschmack des Publikums. Erstmals malt und verkauft er nach eigenen Worten

das gleiche Motiv mehrmals. Der "Blick über den Rhein auf den Drachenfels"

wird ein besonderer Renner. Alleine von diesem Motiv sind aktuell vier leicht in

Größe und Ausschnitt variierende Fassungen bekannt.

Toni Wolter: Italienische Küstenansicht

1910   Toni Wolter zieht es mit seiner Frau

           in den Süden. Sie verbringen den

           Winter in San Margherita in Italien

           und erkunden den Golf von Rapallo

           und Portofino.

1911   Toni Wolter erkrankt in Rapallo an

           Gelenkrheuma. Seine Genesung

           zieht sich hin. Das Ehepaar Wolter

           lernt in der deutschen Kolonie in

           Rapallo u.a. Gerhard Hauptmann,

           Siegfried und Cosima Wagner sowie

           die Landschaftsmaler Hans Thoma

           (1839 - 1924) und Gustav Schönleber (1851 - 1917) kennen. Beide unter-

           richten als Professoren an der Kunstakademie Karlsruhe. Sie überreden die

           Wolters, auf der Rückreise Station in Karlsruhe zu machen.

Toni Wolter: Brandung auf Korsika

           Von Rapallo aus reisen sie zunächst

           über Rom, Neapel und Pompeji nach

           Capri, wo Toni Wolter viele Anregun-

           gen und farbenfrohe Vorskizzen für

           seine späteren "Italienbilder" anfer-

           tigt. Schließlich geht es per Schiff

           von Neapel nach Genua zurück. Auf

           dem Rückweg machen die Wolters

           Station in Karlsruhe. Sie werden

           durch ihre Malerfreunde in die Karls-

           ruher Gesellschaft eingeführt. Toni

           Wolter ist von den sich ihnen bietenden künstlerischen und gesellschaftlichen

           Entwicklungsmöglichkeiten so fasziniert, dass er in der Westendstraße in

           Karlsruhe ein großzügiges Atelier anmietet und mit seiner Frau eine große,

           repräsentative Wohnung am Weinbrennerplatz bezieht.

1912   Von Karlsruhe aus bereist das Ehepaar Wolter in den Folgejahren zu

           Studienzwecken die deutschen Mittelgebirge. Insbesondere die Eifel und der

           Schwarzwald haben es ihnen angetan.

    

           Toni Wolter nimmt erneut Kontakt zu seinen geistlichen Verwandten im

           Kloster Beuron auf und malt an den Gemälden weiter, die Erzabt Placidus

           Wolter bereits 1908 - noch vor seinem Tod - bei ihm in Auftrag gegeben

           hatte. Toni wohnt mit seiner Frau für einige Monate im Koster.

           Man versucht, ihn als Lehrer für die Beuroner Kunstschule unter Pater

           Desiderius (bürgerlich: Peter Lenz 1832-1928) zu gewinnen. Er lehnt ab,

           weil ihm die klösterliche Kunst in Beuron "sitlistisch zu romanisierend" und

           wenig natürlich erschien. Zudem war seine Gesundheit ziemlich angeschla-

           gen. Man hatte bereits 1911 einen schwerwiegenden Herzklappenfehler-

           wohl infolge seiner wiederholten Gelenkrheuma-Anfälle, bei ihm diagnos-

           tiziert.

1914   Toni Wolter wird aufgrund eines Attests von dem Kurarzt Dr. Franz Groedel

           in Bad Nauheim "nicht kriegsverwendungsfähig" geschrieben. Seine vater-

           ländische Pflicht erfüllt Wolter, in dem er als technischer Zeichner in der

           zur Waffenschmiede umfunktionierten Werdohler Stanz- und Dampfham-

           merwerken seines Schwiegervaters anheuert. Er beobachtet die Fabrika-

           tionsabläufe, beobachtet die Arbeiter bei ihrer schweren Arbeit. Irgend-

           wann beginnt er, schnelle, flüchtige Skizzen inmitten der von Dampfram-

           men erzitternden Werkhalle, inmitten des Lärms, der Hitze und der

          "magisch" glühenden, schweren Brammen anzufertigen. Im wird klar,

           dass diese alles andere als natürlich-schöne Szenerie eine ganz eigene

           Faszination und Ästhetik besitzt. Toni Wolter kann die so andersartige

           Ästhetik allerdings mit seinen bisherigen malerischen Mitteln "nicht richtig

           fassen". Als Landschaftsmaler eher mit Natur, Ruhe, Himmel und Erde,

           Licht und Schatten, Luft und Wolken, mit detailreicher Nähe und horizon-

           taler Weite konfrontiert, muss er sich nun mit den genau gegenteiligen

           Elementen einer schwerindustriellen Produktion auseinandersetzen. Das

           reizt ihn. Er fertigt in seiner Freizeit - basierend auf seinen Skizzen - erste

           Farbstudien an, um malerische Lösungen für ein "Werkhallenbild" zu finden.

           Schließlich - nachdem er sich seiner malerischen Ausdrucksmittel halbwegs

           sicher ist - malt er ein großes Ölgemälde: "Das alte Dampfhammerwerk".

           Damit hat er sich eine neue Motivgruppe - später vielfach als  "Industrie-

           malerei" bezeichnet - erschlossen. Gesundheitlich geht es ihm in Werdohl

           nicht sehr gut. Seine Herzkrankheit ist nicht auskuriert. Er ist häufig krank,

           was mit längeren Krankenhausaufenthalten verbunden ist. Schließlich wird

           er von seiner Arbeit in Werdohl freigestellt und kehrt zu seiner Frau nach

           Karlsruhe zurück.

1915   In Karlsruhe erblickt als erstes Kind eine Tochter das Licht der Welt. Toni

           Wolter entschließt sich - aus gesundheitlichen Gründen und wegen der 

           unüberschaubaren Kriegslage - mit Frau und Tochter 1916 nach Hüfingen

           (bei Donaueschingen) umzuziehen. Hüfingen war in Malerkreisen bekannt,

           weil dort vor dem Zuzug der Familie eine Künstlerkolonie bestanden hatte.

           Die Wolters führen - wohl mit finanzieller Unterstützung des Schwiegerva-

           ters - ein großes Haus mit insgesamt vier Hausangestellten. Sie nehmen

           an dem gesellschaftlichen Leben in der Stadt teil, finden letzendlich aber

           keinen realen Anschluß.

1918   Die beiden Zwillingssöhne Gottfried und Wolfgang werden geboren. Zu

           dieser Zeit herrscht eine Gippe-Epidemie, die bei Else Wolter zu einer

           schweren Lungenentzündung führt. Die Zwillingsgeburt erfolgt unter großen

           Komplikationen. Man sieht sich gezwungen, eine Frühgeburt einzuleiten.

           Drei Tage später verstirbt Else Wolter, geb. Schlesinger im Wochenbett.

           Sie wird nach Bad Godesberg überführt und am 2.11.1918 in dem Fa-

           miliengrab der Wolters auf dem Godesberger Burgfriedhof begraben.

           Zum Ende des ersten Weltkrieges steht Toni Wolter mit seinen drei Kin-

           dern (und dem Hauspersonal) alleine da. Er entschließt sich, übergangs-

           weise nach Karlsruhe zurückzuziehen, da er für Godesberg zunächst

           keine Zuzugsgenehmigung erhält. Sein Geld hat Toni Wolter in Kriegsan-

           leihen angelegt und es komplett verloren. Bei der Auflösung seines Haus-

           haltes in Hüfingen kann er aber rund 30 seiner 60 bevorrateten Werke

           verkaufen. Den Rest veräußert er in Karlsruhe, um die Familienunter-

           kunft im Gasthof "Zur Kanne" in Untergrombach (bei Karlsruhe) zu bezahlen.

1919   Ein Artikel  im "Badischen Beobachter" (Nr 228 vom 17.05.1919) über eine

           eher private, nicht öffentliche Ausstellung seiner Werke im Saal des

           Gasthofes "Zur Kanne" belegt, dass Toni Wolter eine Vielzahl von Skizzen

           und Studien lokaler Sehenswürdigkeiten, wie beispielsweise den "Blick zum

           Tal" vom Michelsberg aus anfertigt, um diese auf "Bestellung" auszuarbeiten.

           In wie weit seine Bemühungen fruchten und es tatsächlich zu entsprechen-

           den Auftragsarbeiten kommt, ist nicht belegt.

           Sein alter Schulkamerad Nicola Düren besorgt ihm schließlich die Zu-

           zugsgenehmigung bei der damals durch die Engländer verwalteten Stadt

           Bad Godesberg. Nach 30 Jahren kehrt Toni Wolter in seine Heimatstadt

           zurück. Den Kontakt nach Bad Godesberg hatte er in dieser Zeit nie ver-

           loren. Zwischendurch war er während seiner Studienzeit, während der

           Studienreisen und in der anschließenden Zeit des Herumziehens immer

           wieder zurückgekommen und hatte bei seinen Verwandten im Hotel-

           Restaurant "Arndtruhe" Quartier genommen. Die "Arndtruhe" gehörte

           der Familie Loevenich. Josef Loevenich hatte das Lokal als Schwiegersohn

           von Minna Wallraff  (Schwester von Lorenz Wolter und Tante von Toni) um

           die Jahrhundertwende übernommen und es zu einem gutgehenden Hotel-

           Restaurant mit einem angeschlossenen kleinen Ernst-Moritz-Arndt-Museum

           ausgebaut.

1920   Toni Wolter erwirbt in Bad Godesberg in der Karl-Finkelnburg-Straße mit

           den Mitteln, die sein Schwiegervater zugunsten der Enkelin Brigitta und

           der Enkel Gottfried und Wolfgang angelegt hatte, ein Haus. An dieses Haus

           baut er mit eigenen Mitteln ein größeres Atelier an und richtet sich darin ein.

           Er geht wieder hinaus, um in "freier Licht und Luft" vor Ort zu malen. Seine

           Landschaftsmotive findet er im unmittelbaren Umfeld von Bonn. Die lokalen

           Motive kommen gut an und so verkaufen sich seine Gemälde wie von

           selbst.

Toni Wolter: "Blick auf die Godesburg" Aquarell auf Papier, 45 x 35 cm, signiert unten links: T. Wolter (wohl um 1920), Sammlung M. Hümmer, gerahmt erworben im Dezember 2021

1921   Toni Wolter lernt auf einer Ausstellung in Wiesbaden Marthe Sauer kennen.

           Sie ist 23 Jahre jünger als er, eine ausgebildete Musikpädagogin und

           Malerin. Toni und Marthe werden ein Paar, sie verloben sich und heiraten 

           1922. Marthe stammt aus einer wohlhabenden und angesehenen Familie in

           Wiesbaden. Marthes Vater - August Sauer - ist ein bedeutender Architekt 

           und Baumeister. Ihr Onkel mütterlicherseits - Anton Raky - ist ein weltweit

           tätiger Bohrunternehmer aus Salzgitter. Er verfügt über ein ausgedehntes 

           geschäftliches Beziehungsgeflecht und pflegt persönliche Verbindungen in

           alle Welt. Seinem Patenkind Marthe und ihrem Mann bietet er großzügig an,

          "etwas zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen".  

Toni Wolter: Vorfrühling im Schwarzwald bei Hammereisenbach 1922

1922 Irgendwann ist Toni Wolter zu Besuch bei einem Freund, der nahe einer der

1923   rheinischen Braunkohlengruben in einem alten Bauernhaus wohnt. Das

           Haus soll abgerissen werden, Strom und Wasser sind bereits abgedreht

           worden. Die beiden Freunde sitzen abends mit Blick auf ein entferntes

           Brikettpresswerk mit angeschlossenem Kohle-Verstromungswerk am

           Rande der riesigen Braunkohlengrube. Es beginnt zu dämmern und in dem

           Maße, in dem die Grube vor ihnen immer dunkler wird, glühen die Lichter

           in dem Verstromungswerk immer mehr auf. Aus den Schloten des riesigen

           Werkes quillt massiger Rauch, der - von unten angestrahlt - ein quirliges

           Farbspiel am Himmel verursacht.

           Schlagartig fühlt Toni Wolter sich wieder an das Werdohler Stanz- und

           Dampfhammerwerk seines Schwiegervaters und an die Skizzen erinnert, 

           die er damals in dem geschlossenen Werksgebäude gemacht hat.

           Am nächsten Morgen skizziert er die Braunkohlengrube. Nun bietet sich

           ein vollständig anderes Bild: In der sonnenbeschienenen Grube "quirlt" es:

           Ein riesiger Schaufelbagger frißt sich durch die Erdschichten. Lange Förder-

           bänder transportieren den Abraum vibrierend und quietschend ab. Andere

           befördern die schwarze Kohle wie an einem mehrfach umgelenkten Faden

           zu dem Werk, das im Hintergrund fast versonnen da liegt. Eher dünne

           Rauchfahnen ziehen aus den Schornsteinen in den weitgehend blauen

           Himmel.

          

Toni Wolter: Rheinische Braunkohle Nr. 17

           Das Szenario läßt den Maler nicht mehr los. Er weiß, dass er an der künst-

           lerischen Ästhetik dieser Motive einfach arbeiten muss. Das ist seine

           Herausforderung, seine Arbeit! Zunächst noch versucht er die Kriterien

           der über Jahre zu einer gewissen Perfektion gebrachten Landschaftsmalerei

           auf seine neuen Motive und ihre Umgebungen zu übertragen. Dann aber

           gibt er es auf, Plätze zu suchen, die im Vordergrund "schöne" Vegetation

           zeigen. Nach und nach rückt er die offene Grube und die qualmenden

           Schlote ins Zentrum seiner Gemälde.          

Toni Wolter: Heller Sommertag im Rheinischen Braunkohlegebiet; Öl auf Holzplatte; 35 x 48 cm; Ritzsignatur unten rechts: "T.Wolter"; (1923); Sammlung M. Hümmer; Nummer: G1.2-2018.001
G1.2 -2018.001

           Das kommt bei seiner bürgerlichen Klientel "nur be-

           grenzt gut" an. Seine Bildverkäufe gehen zurück. Wer

           will sich schon ein qualmendes Braunkohlewerk an die

           Wand im Wohnzimmer hängen?

           Dennoch, seine Bilder erregen Aufsehen. Man spricht

           über sie und so ergeben sich im Laufe der Zeit neue

           Kontakte. In dieser Situation tritt Anton Raky, Marthes

           Taufpate, auf den Plan. Er gibt Toni Wolter den Auf-

           trag, eines seiner Gewerke in Nienhagen zu malen

           und macht ihn mit Dr. Paul Silverberg bekannt.

           Silverberg ist Miteigner und Leiter des Braunkohle-

           werkes Fortuna AG, das unter anderem den Strom

           für die Stadt Köln liefert.

1923/  Toni Wolter bannt auftragsgemäß die Bohrtürme von Anton Raky in

1924   Nienhagen auf Leinwand. Er verbindet geschickt Industrie und Landschaft

           miteinander und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Raky zeigt das Öl-

           gemälde seinem Bekannten Paul Silverberg und vergisst nicht, hinzuzu-

           fügen, dass Toni Wolter - der Maler - auch schon sehr beeindruckende

           Gemälde im Rheinischen Braunkohlengebiet gemalt habe. Die will Paul

           Silverberg natürlich sehen. Er beauftragt Toni Wolter, weitere "Braunkohle-

           bilder" für ihn anzufertigen. Zudem stellt er ein Referenzschreiben für

           Toni Wolter aus, in dem er bestätigt, dass dieser in seinem Auftrag tätig

           sei und er mit den eindrucksvoll-repräsentativen Ergebnissen von Toni

           Wolters Arbeit sehr zufrieden sei. Dieses Schreiben öffnet Toni Wolter

           im Bereich der Industriemalerei alle Türen.

1925  Auf Vermittlung des Kurarztes Dr. Franz Groedel aus Bad Nauheim, mit

          dem Toni Wolter seit 1911 persönlich befreundet war, erhielt er von dem

          amerikanischen Großindustriellen Henry K. Janssen den Auftrag, dessen

          Textilmaschinenfabrik in Pennsylvania (USA) zu malen. Henry Janssen war,

          - wie Toni Wolter - Kurgast in der Klinik von Franz Groedel gewesen.         

Henry K. Janssen (mitte) mit seinen ebenfalls deutschstämmigen Geschäfts-partnern Ferdinand Thun und Gustav Oberländer (um 1925)

           Zusammen mit seinen beiden Ge-

           schäftspartnern hatte Henry K. Janssen

           die "Wyomissing Industries" in Reading,

           Pennsylvania aufgebaut. Ein Unter-

           nehmen, das zunächst Stoffe und Tex-

           tilien zur Weiterverarbeitung durch

           amerikanische Bekleidungsfirmen her-

           stellte. Schon früh spezialisierte man

           sich auf "Nylon" und andere Kunstfaser-

           gewebe. Weltbedeutung erhielt der

           Konzern durch Herstellung und Vertrieb

           kompletter Nylonwirk- und Strick-

           maschinen, die für elegante Damen-

           strümpfe und Dessous, aber auch für 

           Militäruniformen, schussfeste Westen etc. gebraucht wurden. Sein Lebens-

           werk wollte der umtriebige Unternehmer, ähnlich den deutschen "Industrie-

           baronen" durch die Gründung eines Museums und einer bedeutenden

           wissenschaftlich-kulturellen "Library", zudem durch großzügige Stiftungs-

           zuwendungen und Forschungsstipendien für die Nachwelt gesichert sehen.

          Toni Wolter reist mit seiner Frau Marthe im September 1925 in die USA.

          Für beide ist es eine Studienreise, die über Düsseldorf nach Antwerpen und

          von dort per Schiff nach New York führt. Er malt, sie fotographiert in New

          York. Anschließend fahren die beide zu den "Wyomissing Industries" nach

          Pennsylvania weiter. Hier findet er ein komplett eingerichtetes Maleratelier

          und einen 25 m hohen, extra für ihn gebauten "Malerturm" vor, von dem er

          aus das gesamte Gelände des Industriekomplexes überblicken kann.

          In kurzer Zeit entstehen 15 kleine und mittelgroße Ölgemälde des Unter-

          nehmens sowie einige reizvolle Landschaftsbilder, die Toni Wolter später

          der Familie seines Auftragsgebers schenkt. 

Toni Wolter: "Herbst in Berks Country", Pennsylvania, USA (1925); Öl auf Leinwand, 45 x 32 cm (h x b); Geschenk an die Familie Henry Janssen, Sammlung: M. Hümmer, erworben: März 2021

          Zur Ausführung von drei großen, wandfüllenden Gemälden kommt es leider

          nicht mehr, da zunächst die ungünstige Witterung (Schneefall) und dann

          eine plötzliche Herzschwäche Toni Wolter an seiner weiteren Arbeit hindert.

          Die Wolters kehren über Hamburg nach Deutschland zurück, wo man im

          gesamten Familienkreis das Weihnachtsfest 1925 feiern kann.

1925/  Nach Toni Wolters Rückkehr aus den USA häuften sich seine Malaufträge

1926   aus der Industrie. Was dem Rheinische Braunkohlesyndikat unter ihrem

           Vorsitzenden Paul Silverberg Recht war, wollten nun auch die Rheinbraun

           AG, die IG Farben; das RWE, die Energiekombinate in Bitterfeld und Lausitz

           sowie einige große Stadtwerke nun ebenfalls haben: Repräsentative

           Ölgemälde ihrer Industrieanlagen, die man auf Messen, Kongressen, vor

           allem aber in Geschäftsberichten veröffentlichen konnte. Toni Wolter hat

           in den Folgejahren viel zu tun.

1928   Der Verein Deutscher Ingenieure organisiert in Essen seine Jahres-

           tagung und richtet parallel dazu im Folkwang-Museum die große

           Ausstellung: "Kunst und Technik" aus. Toni Wolter ist mit einigen seiner

          "Braunkohlebilder" vertreten. Eigens zu diesem Event reicht er auch eine

           zweite, größere Fassung seines Bildes von 1914: "Das alte Dampfham-

           merwerk in Werdohl" ein. Vereinzelt greifen Kölner Galerien (u.a. der

           Kunstsalon Abels) die Industriethematik auf und stellen einzelne Wolter-

           Gemälde ihrem Kundenkreis vor. In den angesehenen "Westermanns

           Monatshefte" (73. Jahrgang, Sept. 1928) erscheint ein Artikel von Prof.

           Walter Bombe mit dem Titel: "Das Ruhrland in der Kunst unserer Zeit".

           In diesem gibt er einen Überblick über die neue Gattung der "Industrie-

           maler" ihrer Zeit. Toni Wolter ist exemplarisch mit zwei Ölgemälden

           aus dem Bestand des Kunstsalons Hermann Abels vertreten.

Abb. links: Toni Wolter: Brikettfabrik der           Abb. rechts: Toni Wolter: Industriebahnhof

                    IG Farben (Öl / Lw)                                                Duisburg-Ruhrort (Öl / Lw)

 

 

Toni Wolter: "Gruhlwerk II" (Sammlung Michael Hümmer, Sammlungsnr: G1.1 2015.002 )

           In gewisser Weise hat Toni Wolter damit den Höhepunkt seiner male-

           rischen Entwicklung erreicht. In der Bevölkerung gilt er weiterhin als

           guter Landschaftsmaler, ist damit aber im lokalen Umfeld nur einer

           von vielen. Teils wird er als "Bonner Maler", teils auch als "Eifelmaler"

           einsortiert. Als frühe Industriemalerei ragen sicherlich seine "Braunkohle-

           bilder" qualitativ und in gewisser Weise auch ausgesprochen originär aus

           der deutschen Kunstszene heraus. Da er aber diese Gemälde fast aus-

           schließlich im Firmenauftrag gemalt hat, bleiben die Motive in der breiten

           Kunst- und Sammlerszene weitgehend unbekannt.

1929   Im Januar 1929 zieht Toni Wolter sich bei einem Besuch seiner Tochter

           Brigitta in Köln eine schwere Erkältung zu, die sein ohnehin angegriffenes

           Herz weiter belastet. Er sucht in einer privaten Reha-Klinik in Blankenheim

           an der Ahr Linderung und Erholung.         

Familiengrab Wolters

           Hier entstehen Toni Wolters letzte Zeich-

           nungen. Als sich sein Leiden nicht 

           bessert, wird er in das Krankenhaus

           Rüngsdorf (bei Godesberg) verlegt.

           Am 11.04.1929 verstirbt Toni Wolter,

           knapp 54-jährig, an den Folgen einer

           Nierenbeckenentzündung. Er wird in

           dem Familiengrab der Wolters auf dem

           Burgfriedhof in Bad Godesberg beige-

           setzt.

1975  Anläßlich des 100. Geburtstages von

          Toni Wolter fertigt der Bildhauer Alfons

          Biermann in den Werkstätten der Abtei

          Maria Laach eine Relieftafel an, die in das

          Grabmal des Künstlers eingefügt wird. 

          Jesus wacht mit ausgebreiteten Händen

          über die rheinische Heimat Toni Wolters.

          Zu erkennen ist u.a. die Kontur der Godes-

          burg und des Drachenfelses. Als umtrie-

          bigert Landschafts- und "Industriemaler"

          blieb Toni Wolter lebenslang seiner Heimat

          verbunden.

          Abb. rechts: Detail aus der Grabplatte des

          Familiengrabes Wolter mit Motivzitaten aus

          Toni Wolters Landschaftsgemälden.

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